Die Bouwfonds Immobilienentwicklung will in Pinneberg bis zu 650 Wohnungen bauen. Kritik aus der Politik

Pinneberg . Der potenzielle Investor für das ehemalige Gelände der Ilo-Werke und des Güterbahnhofs in Pinneberg, die Bouwfonds Immobilienentwicklung, wird von der Erschließung des Geländes absehen, wenn er nicht „mindestens 600 bis 650 Wohnungen“ bauen kann. „Nur wenn wir 600 bis 650 Wohnungen bauen dürfen, ist die Investition für uns von Interesse“, sagte Marcus Keller, der Hamburger Niederlassungsleiter der Bouwfonds Immobilienentwicklung, im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt.

Keller sagte, die Wohnungen in unmittelbarer Bahnhofsnähe müssten „dreimal so teuer werden“, wenn Bouwfonds nur ein Drittel der Wohnungen bauen dürfe. „Dann wäre der Preis pro Quadratmeter nicht mehr bezahlbar. Wir brauchen eine kritische Masse, um das Grundstück zu entwickeln. Sonst rechnet sich das nicht.“

Bouwfonds ist eine hundertprozentige Tochter der niederländischen Rabobank

Markus Keller rechnet mit einem Verkaufspreis „von durchschnittlich 3300 Euro pro Quadratmeter“ – die Spanne werde von 2900 bis 3700 Euro pro Quadratmeter reichen. „Wir entwickeln Wohnungen für normale Menschen“, sagte Keller. „Wir bauen kein Low Level und auch keine Premiumklasse.“

Die Bouwfonds Immobilienentwicklung ist eine hundertprozentige Tochter der niederländischen Rabobank. Erstere macht einen Jahresumsatz von rund 300 Millionen Euro.

Bouwfonds will im Gebiet „An der Mühlenau“ Geschosswohnungen bauen. Das Areal gehört einer Erbengemeinschaft um die Familie Rahimi. Deren Firma Impala Immobilien GmbH & Co. KG mit Sitz in Hamburg hat das Grundstück der Bouwfonds Mitte Oktober vergangenen Jahres an Hand gegeben. Die Anhandgabe läuft derzeit erst einmal bis Ende März und hat Bouwfonds bislang 90.000 Euro gekostet. Eine Verlängerung der Inhandgabe ist vertraglich nicht ausgeschlossen.

Jens Frank, technischer Berater der Rahimi-Erbengemeinschaft aus Hamburg-Uhlenhorst, sagte, das Ilo-Gelände sei ein „sehr interessantes Grundstück. Pinneberg ist wie Rissen nur 36 Minuten mit der S-Bahn entfernt von vom Hamburger Hauptbahnhof. Das sind nur sieben Minuten mehr als vom S-Bahnhof Poppenbüttel. In Poppenbüttel und Rissen sind die Wohnungen aber deutlich teurer als in Pinneberg.“

Die Bouwfonds-Entwickler wünschen nun, dass die Politik in Pinneberg schnell Farbe bekennt. Laut einem Zeitplanentwurf der Immobilienentwickler soll im 1./2. Quartal 2014 der städtebauliche Vertrag und der Aufstellungsbeschluss für den B-Plan stehen. In der „2. Jahreshälfte 2014“ soll das B-Plan-Verfahren beginnen, dessen Dauer die Entwickler mit 1,5 Jahren beziffern. Bouwfonds wünscht bis Mitte 2015 einen Satzungsbeschluss für den B-Plan und „ab 2016 eine mögliche Realisierung“.

Das Hamburger Abendblatt konfrontierte Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg (parteilos) mit den Bouwfonds-Plänen. „Die Stadt verfolgt strategische Ziele“, sagte Steinberg. „Hierzu gehört, dass die Ausweitung von Wohnraum moderat und mit Blick auf die Bevölkerungszahlen erfolgt. Wichtig ist auch, dass die Entwicklung Pinnebergs auf den Flächen der Eggerstedt-Kaserne und des Ilo-Geländes vorangetrieben wird. Pinneberg braucht mehr Gewerbeansiedlungen, um mehr Einnahmen zu erzielen.“

Den Zeitplan von Bouwfonds empfindet Urte Steinberg als „sehr sportlich“. Die schnelle Realisierung des Bauvorhabens sei möglicherweise auf Druck der Grundstückseigentümer entstanden. „Wir haben nur wenig Zeit zu entscheiden“, sagte auch Klaus Stieghorst, seit 20 Jahren Leiter des Fachbereichs Stadtentwicklung und Bauen. „Aber nach mehr als 20 Jahren Stillstand sollte Pinneberg die Chance aufgreifen, das Gelände zu entwickeln.“ Entstehen soll nach den derzeitigen Plänen eine Mischung aus öffentlichem Wohnungsbau, Privatwohnungsbau und Gewerbe am Rande des Areals.

Es gab schon Pläne, auf dem Gelände einen Wohnturm zu errichten

Stieghorst sagte, jetzt sei die Politik für das Fortschreiten des Projekts verantwortlich. „Die politischen Gremien müssen entscheiden, ob dieses Bauprojekt als Chance begriffen wird oder nicht.“ Er erinnerte daran, dass das Areal bereits Anfang der 1990er-Jahre im Gespräch war: „Damals gab es Pläne des Immobilienkaufmanns Mashallah Rahimi für achtgeschossigen Wohnungsbau und einen Turm, den man beim Anflug auf Hamburg aus dem Flugzeug hätte sehen sollen.“

Pinnebergs Politiker sind derweil sehr skeptisch gegenüber den Bouwfonds-Plänen: „Realisierbar sind die Pläne schon, aber nicht darstellbar“, sagte der Sprecher des Stadtentwicklungsausschusses, Gerhard Thomssen, SPD. „So viele Wohnungen würde die soziale Infrastruktur nicht vertragen.“ 650 Wohneinheiten seien „ein großer Klops für Pinneberg“, sagte der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU, Carl-Eric Pudor. „Pinneberg hat nicht die Infrastruktur an Schulen und Kindergärten, um dieses Projekt zu realisieren. Wir würden uns mehr Gewerbe auf dem Gelände wünschen.“ Es sei „unbegreiflich“, mit welcher Eile diese Pläne auf den Weg gebracht werden sollen, sagte Uwe Lange von den Bürgernahen. „So ein wichtiges Projekt entwickelt man über einen längeren Zeitraum.“