Jazzpianist Rainer Schnelle liebt die Barmstedter Idylle. Am 14. Februar spielt er im Humburg-Haus

Barmstedt. Durch gewaltige Panoramafenster flutet das milde Licht eines sonnigen Februarmittags den Raum. Jenseits der gläsernen Wand erstreckt sich ein parkartiger Garten. Diesseits, im Innern des würfelförmigen Gebäudes laden ein aufgeklappter Yamaha-Flügel, Schlagwerk und Notenständer dazu ein, sich daran zu setzen und einfach loszuspielen. Alles hier im Studio von Rainer Schnelle atmet Weite und Gelassenheit. Um dieses Paradies an der Krückau dürften nicht wenige Kollegen den Barmstedter Jazzpianisten, der zu den profiliertesten Musikern seiner Zunft zählt und 2008 den Kulturpreis des Kreises Pinneberg gewann, glühend beneiden.

Wer ihn hier erlebt, kann nachvollziehen, warum Schnelle trotz des Jazzstudiums in den USA und der Engagements rund um den Globus seinen ländlich-beschaulichen Wurzeln so treu geblieben ist. „Diese Ungestörtheit, die für mich als Musiker wichtig ist, das Wohnen und Arbeiten nah beieinander und in so geräumigen Verhältnissen – das finde ich in Hamburg nicht“, sagt Schnelle. Nach dem Tod seiner Eltern vor zehn Jahren zog er wieder in das Haus, in dem der 1951 geborene Pianist aufgewachsen war. Weit weg hatte er mit Frau und Tochter allerdings auch in den Jahren dazwischen nie Quartier bezogen.

In dieser Abgeschiedenheit, weitab der quirligen Hamburger Clubs, werkelt Schnelle allein oder mit seinen Triokollegen, Schlagzeuger Thomas Himmel und Bassist Frank Skriptschinski, sowie Sänger Melvin Edmondson an frischen Jazzarrangements von Klassikern der Soul- und Popgeschichte. Hier komponiert er, spielt Tonspuren ein, produziert eigene Tonträger. Und übt regelmäßig, auch nach fast sechs Jahrzehnten an den Tasten. „Sonst rostet man ein. Klavierspielen ist ja nicht wie Radfahren, sondern man muss die Feinmotorik, Ausdauer, Kraft und Geschmeidigkeit der Hände laufend trainieren.“

Jetzt steht die zweite CD mit seinem Trio und Edmondson vor der Vollendung. „Nur ein Stück muss ich noch einspielen.“ Nach Dutzenden von Aufnahmen mit seinen eigenen Ensembles und bekannten Künstlern wie zum Beispiel Herb Geller, Bill Ramsey, Ulrich Tukur und Hildegard Knef ist das beinahe Routine für den Mann, der in den 80er-Jahren als Pianist und musikalischer Leiter mit Eartha Kitt um die Welt reiste, der für die NDR-Bigband komponierte, arrangierte und gelegentlich als Gastsolist agierte.

Seit 1982 unterrichtet Schnelle den Nachwuchs als Dozent im von ihm mitbegründeten Kontaktstudiengang Popularmusik an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater. Als musikalischer Leiter von Produktionen wie „Heiße Ecke“ und „My Fair Lady“ ist er außerdem in der Hamburger Musical- und Theaterszene gut beschäftigt.

„Aber am liebsten spiele ich Livekonzerte“, sagt Schnelle. „Es ist toll, wenn man spielt und in fröhliche Gesichter blickt.“ Das nächste Heimspiel steht am Freitag, 14. Februar, im Barmstedter Humburg-Haus an, das sich seit 2008 zu so etwas wie seiner Heimatbühne entwickelt hat. Dort spielt er mit seinem Trio und Sänger Edmondson einen Querschnitt durch jazzig arrangierte Standards der US-Songkultur, von George Gershwin bis zu Stevie Wonder, und einige eigene Stücke. „Ich glaube, die Musik wird auch Leuten gefallen, die sonst keinen Jazz mögen“, sagt Schnelle. Jazz als Selbstzweck oder zur Selbstbespiegelung des Musikers lehnt er ab. „Ich möchte beim Konzert ein gutes Gefühl transportieren, die Zuhörer einerseits mit etwas Vertrautem abholen und ihnen dabei gleichzeitig etwas Spannendes mit auf den Weg geben, das sie noch nicht kennen.“

Inspirationen holt sich Schnelle ab und an in seinen Hamburger Lieblingsclubs

Schnelle fühlt sich wohl im Humburg-Haus. Der Barmstedter Kulturverein Pfiff und dessen Chef Rolf Klose hätten das ehemalige Bauernhaus zu einem Spielort gemacht, der sich immer besser entwickele. „Beim ersten Auftritt habe ich mir noch an den niedrigen Balken den Kopf gestoßen“, sagt der hoch gewachsene Musiker. „Heute stehen da ein solider Flügel und neues Gestühl. Das wird mit viel Liebe immer attraktiver gestaltet.“

Nur eins vermisst Schnelle in der Landidylle seit seinem Jazzstudium in Boston und New York schmerzlich: „Die Impulse und die Leute so einer lebendigen Jazzszene wie an der US-Ostküste, die fehlen mir hier.“ Und obwohl er 1981, als er mit dem Master of Music in der Tasche aus Amerika zurückkehrte, als Jazzpianist in der damals wenig entwickelten Hamburger Szene mit offenen Armen empfangen wurde, habe er noch lange geplant, sich in den Staaten niederzulassen.

Packt ihn die Sehnsucht nach inspirierenden Klängen, dann pilgert Schnelle in seine aktuellen Hamburger Lieblingsclubs, etwa den „Brückenstern“ an der Sternbrücke, den „Live-Club“ an der Fruchtallee oder die Kunstgalerie Nancy Tilitz im Dammtorbahnhof.

Hätte Schnelle sich auch eine Karriere als klassischer Pianist vorstellen können? „Nein, nie. Mich hat schon als Teenager in unserer ersten Bluesband auf den Spuren von Eric Clapton und Jimi Hendrix vor allem der Improvisationsaspekt interessiert. Und dann führt irgendwann kein Weg am Jazz vorbei.“

Das Konzert beginnt am Freitag, 14. Februar, um 20 Uhr im Barmstedter Humburg-Haus, Chemnitzstraße 10. Karten zu jeweils 15 Euro gibt es im Vorverkauf unter Telefon 04123/68 59 97. An der Abendkasse kostet der Eintritt 17 Euro pro Person.