Konzept zur bestmöglichen Zusammenarbeit aller Beteiligten aus Verwaltung, Kommunen und Verbänden wird erarbeitet

Kreis Pinneberg. Die Jugend- und Eingliederungshilfen sind die am schnellsten wachsenden Kostenfaktoren im Kreis Pinneberg. So hat sich allein bei der Jugendhilfe die Zahl der Fälle seit 2005 auf jetzt 2095 betroffene Familien verdoppelt. 2013 betrug die Steigerung 16,2 Prozent. Die Ausgaben sind seitdem um ein Drittel auf 30 Millionen Euro angestiegen. Bis 2017 wird mit 80 Prozent mehr Ausgaben im Vergleich zu 2007 gerechnet. Die Gründe sind vielschichtig: Anhaltend hohe Arbeitslosigkeit führt zu steigenden psychosozialen Belastungen, immer mehr Kinder sind verhaltensauffällig und brauchen Erziehungs- und Lernhilfen.

Für die Kreisverwaltung ist diese alarmierende Entwicklung Anlass, die gesamte Jugend- und Sozialhilfe, für die kreisweit ein Budget von 260 Millionen Euro zur Verfügung steht, auf den Prüfstand und neu aufzustellen. Fachbereichsleiter Heiko Willmann will mit Hilfe aller Beteiligten aus den kommunalen Verwaltungen, den Jobcentern, der Arbeitsagentur, den freien Jugendhilfeträgern, den Schulträgern und der Landesregierung, die alle unterschiedliche Hilfen anbieten und fördern, ein Gesamtkonzept entwickeln. Das Ziel solle dabei nicht in erster Linie sein, Geld einzusparen, betont Willmann. Vielmehr möchte er dafür sorgen, dass die Vielzahl der gewährten Hilfen auch bei denen ankommen, die sie dringend benötigen, und dass sie künftig besser aufeinander abgestimmt sind, als es heute der Fall ist.

Ein Beispiel: So gibt es bei der Betreuung von Kindern mit Lerndefiziten unterschiedliche Rechtsgrundlagen, je nachdem, ob diese in den Kindergarten oder eine Schule gehen. In der Kita ist dafür das achte Sozialgesetzbuch verantwortlich, in der Schule das zwölfte. Das hat zur Folge, dass Eltern, die jahrelang Hilfen zur Sprachentwicklung oder Förderung der Motorik ihrer Kinder im Kindergarten erhalten haben, diese Förderungen in der Schule neu beantragen müssen. Rein rechtlich sind dafür andere Abteilungen in der Verwaltung zuständig. Die für die Kinder so wichtige Förderung reißt deshalb oft beim Übergang von Kita zur Schule ab. Die Kinder bleiben auf der Strecke.

Der Bund hat diese Fehlentwicklung erkannt und jetzt im Koalitionsvertrag angekündigt, die Jugend- und Sozialhilfe gerade bei den Übergängen von Kita, Grundschule, weiterführende Schule und Beruf besser zu koordinieren. Bis dies aber gesetzlich geregelt sei, könnte es noch Jahre dauern, warnt Christoph Helms, als Netzwerk-Manager in der Kreisverwaltung zuständig für die Koordinierung all dieser Jugendhilfe-Angebote. Solange will die Kreisverwaltung nicht warten, weshalb sie jetzt ein möglichst umfassendes „Konzept sozialer Entwicklung und Steuerung für den Kreis Pinneberg“ erarbeiten will. Der Kreistag soll dafür am 26. Februar grünes Licht geben. Alle Fachausschüsse haben sich damit bereits befasst. Im nächsten Jahr könnte dann das Konzept umgesetzt werden, so die anspruchsvolle Zielsetzung.

Mit diesem für Kreise bundesweit einmaligen Vorhaben hat der Kreis Pinneberg bei der Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement in Köln für Aufsehen gesorgt, die sehr interessiert daran sei, wenn im Kreis Pinneberg modellhafte Lösungen erarbeitet werden sollten, die auch auf andere Kreisen und Kommunen übertragen werden könnten, freut sich Willmann. Wie das Zusammenspiel der Kräfte im Idealfall aussehen kann, zeige die Betreuung von Kindern, die wegen ihrer Lerndefizite und ihrem auffälligen Verhalten als nicht mehr schulfähig abgestempelt sind. Im Kreis Pinneberg ist für 48 Kinder ein Modell entwickelt worden, bei dem Landesschulbehörde, Kreisverwaltung und freie Träger zum Wohle der Kinder zusammenarbeiten. Die unterschiedlichen Zuständigkeiten und Fördertöpfe konnten hier erstmals anteilig zusammengelegt werden, sieht Willmann darin ein Vorzeigeprojekt, das auf andere Bereiche der Jugendhilfe ähnlich kooperativ angewendet werden könnte. Finanziell zahlt es sich aus, weil kostspielige Heimunterbringungen von Schulabbrechern vermieden werden.

Um das neue Jugendhilfe-Konzept so breit wie möglich aufzustellen, plädiert Willmann für eine Auftaktveranstaltung im Herbst mit allen Akteuren. Ohne dass der Kreis Pinneberg den Weg vorgibt, soll mit den Kommunen, Arbeitsagenturen, Jobcentern, Schulträgern und Jugendhilfeverbänden offen diskutiert werden, wie die vorhandenen Hilfsangebote zum Wohle der Betroffenen zusammenwirken könnten, ohne dass es zu unnötigen Überschneidungen oder Förderausfällen käme.

Dabei sollen die Eingliederungshilfen miteinbezogen werden, die sich an Menschen mit Behinderungen richten und besonders sprunghaft angestiegen sind. Diese betreffen längst nicht nur junge Menschen, da nun die erste ältere Generation heranwachse und zu einem enormen Anstieg an hilfsbedürftigen Menschen im Alter führen werde, sehen Willmann und Helms hier einen stark wachsenden Bedarf auf den Kreis Pinneberg zukommen.