Zwei junge spanische Krankenschwestern glauben nicht an eine schnelle Heimkehr

Appen . Das Glück wiegt 20 Kilogramm und kommt aus Spanien. Das Glück ist ein Paket, das seinen Weg von Alicante nach Appen gemacht hat. Das Paket wartet im Sekretariat des Dana Pflegeheims auf eine junge Gesundheits- und Krankenpflegerin aus Spanien, die seit acht Monaten deutsche Senioren pflegt, aufmuntert, unterstützt und unterhält. Das Paket bringt ein Stück Heimat in den Kreis Pinneberg: Es beinhaltet Dinge, die es in Appen nicht gibt und die das Leben für die Spanierin angenehmer machen: Olivenöl, Orangen von Großvaters Orangenbaum, spanischen Schinken und Käse und ein bedrucktes Kissen mit einem Bild der jungen Spanierin und ihren Eltern.

Maria Alonso Rivera heißt die Pflegerin. Sie ist 23 Jahre alt und kommt aus der 335.000-Einwohner-Stadt Alicante an der Costa Blanca. Drei Jahre lang hat sie in Spanien Krankenschwester studiert. Nach dem Studium gab es keine Arbeit in Spanien. Für die jungen Spanier unter 25 sieht es besonders schlimm aus in der zwölftgrößten Wirtschaftsnation der Welt: 58 Prozent haben keinen Job.

Das Schicksal eines Großteils der spanischen Jugend, ohne regelmäßige Arbeit die Tage zu verbringen, wollte Maria Alonso Rivera nicht teilen. Sieben Monate hatte sie nach dem Studium keinen Job. Dann erhielt sie eine Nachricht von einer Bekannten aus Hannover: Die Dana-Gruppe sucht Pflegekräfte in Norddeutschland.

Maria Alonso Rivera bewarb sich und hatte Glück. Sie belegte in Alicante einen zweiwöchigen Crash-Kursus in Deutsch. Am 16. Februar vergangenen Jahres ging es für 16 Spanier aus Alicante, Malaga, Albacete, Murcia und Gran Canaria ins kalte Alemania, nach Hannover. Dort lernten die Südeuropäer erst einmal die Grundzüge der deutschen Sprache kennen. Das Landesamt für soziale Dienste in Kiel erkannte Marias spanischen Fachabschluss und ihren Sprachabschluss in Hannover an. Anfang Juni 2013 nahm sie ihre Arbeit im Dana Pflegeheim Appen auf, gemeinsam mit Ursula Martinez Paya, 27, aus Alicante und Dimas Gonzalez Suarez, 23, aus Gran Canaria.

Vier der 16 Spanier, die vor knapp einem Jahr nach Norddeutschland kamen, arbeiten jetzt für Dana in Quickborn, fünf in Lübeck und drei in Hannover. In Appen waren es einmal vier, aber eine junge Spanierin ist wieder in die Heimat zurückgekehrt und pflegt dort jetzt ihre kranke Großmutter.

„Wir sind in Appen, weil wir in unserer Heimat keine Arbeit finden“, sagt Maria Alonso Rivera an diesem Vormittag. „Und wir werden in den nächsten Jahren in Spanien auch keine Arbeit finden. Die wenigen jungen Menschen, die Arbeit in Spanien haben, verdienen nur sehr wenig Geld und haben oft befristete Verträge.“

Klar, sie hat gelesen, dass Spaniens Wirtschaft sich leicht erholt: Im dritten Quartal 2013 wuchs die Wirtschaft um 0,1 Prozent, im vierten Quartal um 0,3 Prozent. Die spanische Regierung erwartet für das Ende dieses Jahres eine Arbeitslosenquote von 25 Prozent oder leicht darunter – im Haushalt für 2014 war Madrid noch von einer Quote von knapp 26 Prozent ausgegangen.

Für Maria Alonso Rivera hat dieser Mini-Aufschwung keine Bedeutung. „Die spanischen Krankenhäuser und Altenheime suchen keine jungen Krankenschwestern“, sagt die 23-Jährige. „Alle unsere Kollegen in Spanien haben keinen Job oder gehen nur einer Kurzarbeit nach. Wir werden sicherlich noch länger in Appen bleiben.“

Das freut Heimleiterin Anne Schäfer. „Wir behalten die drei Spanier sehr gerne in Appen. Wir haben auch viel investiert. Die drei Spanier sind sehr nett, sehr freundlich und sehr zuvorkommend. Bei den Bewohnern und deren Angehörigen sind sie sehr beliebt.“

In Appen leben die drei spanischen Pflegekräfte gemeinsam in einer Vier-Zimmer-Wohnung, fünf Minuten mit dem Fahrrad vom Pflegeheim entfernt. Eine Frau, die ehrenamtlich für das Heim arbeitet, hatte den jungen Spaniern Möbel und Geschirr geschenkt. Ursula Martinez Paya hat auch noch ihren Freund Jose David, 28, aus Spanien mitgebracht; der Spanier hat im Kreis Pinneberg Arbeit als Maler gefunden.

Derweil machen sich die drei spanischen Pfleger das Leben in Alemania schön, wenn sie Freizeit haben: Sie haben bereits Amsterdam, Berlin, Bremen, Hannover und Lübeck besucht und fahren regelmäßig zum Shoppen und Bummeln nach Pinneberg und Hamburg. Ein- bis zweimal pro Woche telefonieren sie mit ihren Familien – Ursula per Telefon und Maria über den kostenlosen Internet-Telefondienst Skype. Ihre Eltern waren auch schon einmal in Appen. Und sie selbst sind zweimal nach Hause geflogen.

Bis zum nächsten Flug nach Spanien werden wieder ein paar Monate vergehen. Bis dahin wird das Paket aus Alicante Maria Alonso Rivera ein Stückchen Heimat nach Appen bringen. Allein, es bleibt das Heimweh.