Quickbornerin wurde nach Bankbesuch Opfer einer dreisten Trickdiebin. Ermittlungen der Polizei bisher erfolglos

Quickborn. Margit Vorstheim ist um 200 Euro ärmer – und um eine Erfahrung reicher: Die 71 Jahre alte Quickbornerin wurde zum Opfer einer Trickdiebin, die ihr vor der Commerzbank-Filiale an der Bahnhofstraße auflauerte. Die Frau hatte ein offiziell aussehendes Schreiben der Stadt dabei, wonach sie Spenden für die Einrichtung eines Blinden- und Gehörlosenzentrums in Quickborn sammelt. „Es war mehr als dumm, dass ich darauf reingefallen bin“, sagt die 71-jährige. Und sie fügt hinzu: „Die Täter sind mit der Masche weiterhin aktiv und werden gerade ältere Menschen ansprechen. Ich kann nur alle warnen und auffordern, ganz genau hinzusehen, für was sie spenden.“

Der Vorfall ereignete sich vorigen Mittwoch gegen 13 Uhr. Margit Vorstheim hatte ein Blumengeschäft in der Innenstadt und im Anschluss die Bankfiliale besucht. „Als ich in die Bank ging, bin ich an dem 16 bis 18 Jahre alten Mädchen noch vorbeigekommen.“ Die junge Frau beobachtete dann offenbar, dass die Quickbornerin am Geldautomaten Geld abhob. „Als ich rauskam, ist sie auf mich zugekommen und hat mir mit Gesten zu verstehen gegeben, dass sie nicht sprechen und hören kann. Sie hat mir dann ihr Klemmbrett hingehalten.“ Dort prangte der offiziell aussehende Brief und eine beeindruckend lange Liste von angeblichen Spendern. „Mir hat das Mädchen leid getan, sie war viel zu dünn angezogen und fror erbärmlich“, sagt die Quickbornerin, die sich zu einer kleinen Spende von fünf Euro entschloss.

Kaum hatte Margit Vorstheim ihr Portemonnaie aus der Tasche gezogen und den Geldschein übergeben, legte die Täterin ihr Klemmbrett auf die Geldbörse und forderte die Quickbornerin auf, sich in die Liste der Spender einzutragen. „Im Anschluss hat sie mich als Dank für die Spende umarmt.“ Diesen Moment muss die junge Frau genutzt haben, um alle Banknoten aus dem Scheinfach des Portemonnaies zu ziehen. „Ich habe mir beim Umarmen nichts gedacht, weil behinderte Menschen auf diese Weise nun mal ihre Zuneigung ausdrücken“, sagt die pensionierte Lehrerin.

Noch einmal würde sie so nicht mehr handeln. „Beim nächsten Mal stecke ich mein Portemonnaie sofort wieder weg. Und auf keinen Fall lasse ich mich nochmals umarmen oder anfassen.“ Margit Vorstheim beschreibt die Täterin, die sie für behindert hielt, als 16 bis 18 Jahre alt, sehr dünn und mit auffallend schmalen Lippen. Sie trug eine bis zu den Augen heruntergezogene Strickmütze, eine türkisfarbene, dünne Strumpfhose, eine schlammfarbene Jacke und Arbeitsstiefel, stammt vermutlich aus Osteuropa. „Ich würde sie wieder erkennen, wenn sie erneut in Quickborn auftaucht.“

Unwahrscheinlich ist das nicht. Mit dieser Masche sind derzeit organisierte Banden in ganz Norddeutschland unterwegs. Sie suchen sich ihre Opfer bevorzugt vor Banken oder großen Einkaufzentren und vermitteln den Anschein, offiziell legitimiert Spenden zu sammeln. Sie sind es jedoch nicht.

Eine von der Stadt abgesegnete Spendensammlung für ein neu einzurichtendes Gehörlosen- und Blindenzentrum in Quickborn gibt es nicht, bestätigt Stadtsprecher Jochen Lattmann. Er stellt klar: „Es gibt aber schon Einzelfälle, in denen wir Referenzschreiben ausstellen. Etwa wenn seriöse Organisationen wie der Lions-Club oder die Rotarier vorbildliche Projekte ins Leben rufen, wenn ein werbefinanzierter Bus für die Vereinsjugendarbeit angeschafft wird oder wenn Anzeigen für eine neue städtische Infobroschüre eingeworben werden sollen.

Margit Vorstheim hat bei der Polizei Strafanzeige gestellt. Bisher liefen die Ermittlungen ins Leere. Erfolgreicher waren die Beamten, als sie vorige Woche Betrüger festnahmen, die eine Autopanne simulierten und behaupteten, kein Geld für Benzin zu haben. Hilfsbereite Opfer wurden mit angeblich wertvollen Goldringen geködert, die sie den Tätern abkaufen sollten. Die Ringe erwiesen sich jedoch als völlig wertlos.

„In der Regel suchen die Täter nach einem Vorwand, um an die Geldbörse des Opfers zu gelangen. Etwa weil sie um einen Geldwechsel bitten oder Spenden sammeln“, sagt Kay Kanese, Leiter der Polizeistation Quickborn. Sobald das Opfer in der Geldbörse nach Münzen oder Scheinen sucht, sorgen die Täter für Ablenkung, um blitzschnell selbst hineingreifen und das Geld herausnehmen zu können. „Deren Finger sind meist so schnell, dass es die Opfer gar nicht mitbekommen“, so Kanese weiter.

Margit Vorstheim kann das bestätigen. Sie bemerkte den Verlust ihrer 200 Euro erst, als sie am nächsten Tag beim Einkaufen war...