Osman T., der 1996 in Elmshorn einen Menschen tötete, stellte sich bei der Wiedereinreise den Ermittlungsbehörden

Elmshorn/Hamburg. Direkt vom Gate des Hamburger Flughafens aus ging es für Osman T. in die Zelle: Der 42 Jahre alte Türke, der 1996 in Elmshorn einen Kontrahenten mit einer Maschinenpistole regelrecht zersiebt hat, wurde vorige Woche bei der Wiedereinreise nach Deutschland verhaftet.

Den Weg zurück in den Knast beschritt Osman T. freiwillig: Aus Istanbul gekommen, hatte er bei der Passkontrolle explizit darauf hingewiesen, in Deutschland noch eine Reststrafe absitzen zu müssen. Die Bundespolizisten prüften das nach – und mussten dem 42-Jährigen Recht geben. 1504 Tage Gefängnis sind aus dem Elmshorner Verbrechen noch abzusitzen.

Am 24. Juni 1996 schreckten Schüsse Anwohner der Jürgenstraße auf

Rückblende: Es war Montag, 24. Juni 1996. Um 1.30 Uhr herrschte in dem Mehrfamilienhaus an der Jürgenstraße in Elmshorn Nachtruhe. Plötzlich wurden die Bewohner durch Schüsse aufgeschreckt – sie hörten, wie jemand hastig die Treppe herunterlief. Gegen Mittag wurde dann in einer der Wohnungen eine Leiche entdeckt: Igor Kostyrko, 26, lag in einer Blutlache, durchsiebt von zahlreichen Kugeln.

Als Todesschütze geriet schnell Osman T., damals 24 Jahre alt, ins Visier der Ermittler. Er unterhielt ein Verhältnis mit Tatjana (damals 26), der Frau des Opfers, und hatte sich von ihr eine größere Geldsumme geliehen. Als er diese nicht zurückzahlen konnte, hatte die Frau ihren Ehemann eingeweiht und dieser bei Osman T. Druck gemacht, damit dieser seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommt.

Doch die Fahnder suchten vergeblich nach dem mutmaßlichen Täter; er hatte sich in sein Heimatland abgesetzt. Dort wurde er im Herbst 1996 festgenommen, nachdem ein Tourist aus dem Kreis Pinneberg ihn in dem Badeort Antalya erkannt hatte. Weil die türkischen Behörden eine Auslieferung ihres Staatsbürgers ablehnten, wurde die Strafverfolgung an die dortige Justiz abgegeben. Ein Gericht sprach Osman T. frei, nachdem seine Bekannte Ewelina G. ihm für die Tatzeit ein Alibi gab. Daraufhin reiste der damals 25-Jährige wenig später wieder legal nach Deutschland ein.

Doch 2003, sieben Jahre nach der Bluttat, nahm Ewelina G., die für Osman T. als Prostituierte arbeitete, ihre Aussage zurück. 2004 gab sie vor Gericht an, ihr Zuhälter habe ihr die Erschießung von Igor Kostyrko gestanden. Das Alibi habe sie ihm gegeben, weil sie auf eine gemeinsame Zukunft hoffte. Und weil sie befürchtete, er könne sich rächen, wenn sie „auspackt“. Das Landgericht verurteilte Osman T. schließlich zu zehn Jahren Haft, der Vorsitzende Richter Eberhard Hülsing sprach von der Tat „als eine Art Hinrichtung“. Weil sich Täter und Opfer vor den tödlichen Schüssen verbal über die Rückzahlung des Geldes gestritten hatten, gingen die Richter jedoch von einer Affekttat aus und bewerteten diese als Totschlag, nicht als Mord.

Osman T. saß sechs der zehn Jahre ab, bevor er ausgewiesen wurde

Sechs der zehn Jahre saß Osman T. in der JVA Lübeck ab. Dann wurde er in sein Heimatland abgeschoben – und zwar unter der Bedingung, nie wieder deutschen Boden zu betreten. Für den Fall der Wiedereinreise wurde vorsorglich ein Haftbefehl erlassen. „Der wurde jetzt am Flughafen vollstreckt", bestätigt Oberstaatsanwalt Uwe Dreeßen, Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe. Osman T. sei nun wieder in der JVA Lübeck, um die Reststrafe von 1504 Tagen abzusitzen. Warum er zurück nach Deutschland gekommen ist, hat der 42-jährige den Polizisten verraten. „Er wollte nicht mehr allein in der Türkei bleiben, während seine Familie in Deutschland lebt“, so Dreeßen weiter. Angeblich soll Osman T. hier Frau und Tochter haben. Dreeßen kann das nicht bestätigen. Warum Osman T. nicht versucht hat, die lediglich stichprobenartige Ausweiskontrolle zu überstehen, darüber kann der Oberstaatsanwalt nur spekulieren. „Er hätte mit Sicherheit eine Chance gehabt, da durchzukommen.“

Dreeßen vermutet, dass der 42-Jährige von sich aus auf seine Reststrafe hinwies, um die Strafverfolgungsbehörden milde zu stimmen. So könnte er darauf hoffen, nach zwei Dritteln der verbüßten Haftstrafe auf Bewährung frei zu kommen. Sollte dies der Fall sein, müsste Osman T. nicht mehr vier Jahre und einen Monat, sondern nur noch zehn Monate im Knast „schmoren“. Im Anschluss wäre er dann legal in Deutschland mit seiner Familie vereint.

„Dann müsste aber auch die Ausländerbehörde mitspielen“, sagt Oberstaatsanwalt Dreeßen. In der Regel werde nach einer so schwerwiegenden Straftat wie der in Elmshorn die Ausweisung verfügt und auch durchgesetzt. Daher sei es sehr wahrscheinlich, dass Osman T. aus seiner Gefängniszelle direkt wieder zurück zum Flughafen chauffiert und in eine Maschine zurück nach Istanbul gesetzt wird...