Zahlreiche Mieter vom Drosteiweg haben fehlerhafte Abrechnungen erhalten. Stadtwerke räumen Kommunikationsprobleme ein

Pinneberg. Für Kurt Treder ist das Glas eigentlich immer halb voll statt halb leer. Er sei ein optimistischer Mensch, sagt der 79-Jährige, der im vierten Stock eines Hochhauses am Drosteiweg wohnt. Doch wenn es um die Abrechnung seiner Heizkosten geht, verlässt ihn langsam die Zuversicht.

Seit 2010 haben er und seine Nachbarn mehrfach fehlerhafte Rechnungen von den Stadtwerken erhalten, die 370 Wohneinheiten am Drosteiweg und an der Schauenburgerstraße mit Fernwärme versorgen. Es folgten Beschwerden, Gespräche und Korrekturen – mit neuen Fehlern. Es geht um hohe Nachzahlungen, angeblich dramatisch gestiegene Verbrauchsdaten und unübersichtliche Rechnungen.

Eine Nachbarin sollte beispielsweise monatlich etwa 600 Euro zahlen, bei einem Ehepaar schwankten die Nachforderungen für denselben Zeitraum zwischen 93 und 492 Euro, und bei Kurt Treder stieg der Verbrauch innerhalb eines Jahres – laut Rechnung – um mehr als 35Prozent. „Da herrschen chaotische Zustände“, sagt der Rentner. Deshalb haben er und seine Nachbarn sich bereits mehrfach an die Stadtwerke Pinneberg gewandt und Widerspruch gegen die Abrechnungen eingelegt.

Im Juli vergangenen Jahres erhielt der Pinneberger eine Antwort des Stadtwerke-Chefs Henning Fuchs. Dieser räumt darin ein: „Tatsächlich wurde bei der letzten Jahresabrechnung ein Teil der Bauten deutlich bevorzugt und ein anderer Bereich deutlich benachteiligt.“ Es sei allerdings nicht zu viel berechnet worden, sondern die Verbrauchsdaten seien lediglich falsch zugeordnet worden. Die Prüfung sei im Gange, dies könne aber „etwas länger“ dauern. Darüber hinaus gebe es Probleme mit der Software der Firma, die im Auftrag der Stadtwerke die Abrechnungen macht.

Es habe leider einige Kommunikationsprobleme gegeben, sagte Fuchs auf Nachfrage des Abendblatts. „Wir sind aber im Gespräch mit den Bewohnern.“ Mittlerweile seien die Probleme teilweise gelöst, die ungeklärten Forderungen erst einmal zurückgestellt worden. „Die Mieter müssen die erhöhten Abschläge nicht zahlen, bis die Umstände geklärt sind“, sagte Fuchs. Bisher sind sie es noch nicht. Kurt Treder hat lediglich im Dezember einen Entschuldigungsbrief der Stadtwerke erhalten, in dem von einem „Abschlag in unsinniger Höhe“ die Rede ist und dass er vorerst nicht zahlen müsse.

Doch die unerwartet hohen Kosten sind nicht das einzige Ärgernis. Auf den Abrechnungen der vergangene Jahre fehlen auch die Zählerstände, anhand derer die Mieter die Forderungen nachvollziehen könnten. Kurt Treder hat eine Vermutung, warum diese Angaben fehlen. „In der Leitung geht offenbar eine Menge Fernwärme verloren, die uns dennoch in Rechnung gestellt wird.“ Die Fernwärme stammt aus der Müllverbrennungsanlage Ahrenlohe, das dort erhitzte Wasser fließt durch eine sechs Kilometer lange Leitung nach Pinneberg.

Tatsächlich ist die Leitung Teil des Problems. Denn die betroffenen Häuser werden nicht einzeln beliefert, sondern sind über eine Ringleitung, einen sogenannten Nahwärmering, miteinander verbunden. Das führe dazu, dass Wärme verloren gehe, sagt auch Stadtwerke-Chef Henning Fuchs. Um diesen Netzverlust künftig zu verringern, seien die Stadtwerke mit dem Eigentümer der Häuser im Gespräch.

Die Häuser gehören dem Immobilienunternehmen Soka-Bau. Hier sind die Probleme bekannt. „Aber aus unserer Sicht ist die Ringleitung intakt“, sagt Marcel Schröder von der Pinneberger Niederlassung. Deshalb sei keine Sanierung geplant. Auch die Nachzahlungen seien gerechtfertigt. In den Wohnungen wohnten viele Rentner, die oft zu Hause seien und mehr Heizenergie benötigten als berufstätige Mieter, sagt Schröder. „Und Fernwärme ist eben die teuerste Heizmethode.“

Auch Kurt Treder hat es gern angenehm warm in seiner kleinen Wohnung. Doch er will nicht auch für die Wärme, die zwischen den Häusern verloren geht, zahlen. Auch deshalb besteht er auf eine korrekte Abrechnung, aus der sein Verbrauch eindeutig hervorgeht. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, meint der Rentner.

Mit der Abrechnung für das Jahr 2013 rechnet Kurt Treder in den kommenden Wochen. Er ist vorsichtig optimistisch, dass diesmal keine Korrektur notwendig sein wird.