Bei Früherkennung von Brustkrebs sieht Pinneberger Radiologe trotz sinkender Ärztezahl keinen Versorgungsmangel

Pinneberg. Im Kreis Pinneberg erkranken Frauen seltener an Brustkrebs als im landesweiten Durchschnitt, auch sterben sie nicht so oft daran. Sowohl bei der Zahl der Neuerkrankungen als auch bei der Sterblichkeitsrate zählt die Region laut Krebsregister Schleswig-Holstein (Stand 2009/2010) zu den drei Kreisen mit den geringsten Werten. Außerdem hat sich die Sterblichkeitsrate stetig verringert, im Jahr 2009 starben im Kreis 62 Frauen an Brustkrebs, neun Jahre zuvor waren es noch 71.

Ein Grund für den Rückgang ist die in den vergangenen Jahren deutlich verbesserte Früherkennung. Davon ist Dr. Timo Gomille überzeugt. „Es werden heute im Durchschnitt deutlich kleinere Tumoren entdeckt als noch vor zehn oder 20 Jahren.“ Der Radiologe praktiziert in der Praxis Visiorad am Pinneberger Klinikum , einem der sechs Zentren im Land, die auch das Mammografie-Screening für Frauen ab einem Alter von 50 Jahren anbieten. Anders als einige Hamburger Kollegen, die kürzlich im Abendblatt einen Versorgungsmangel und Terminengpässe in der Hansestadt bemängelten, hat er keinen Grund zu klagen.

„Im Kreis Pinneberg gibt es keinen Versorgungsmangel“, sagt der 46-Jährige. „Alle Frauen, die Beschwerden in der Brust haben und damit ihren Gynäkologen oder Hausarzt aufsuchen, erhalten innerhalb weniger Tage, meist schon am nächsten Tag, einen Termin zur Untersuchung.“ Zu solchen Beschwerden zählen zum Beispiel ein ertasteter Knoten oder Schmerzen, die auf einen Tumor, eine Entzündung oder Zyste hinweisen.

Diese Notfälle müsse man allerdings unterscheiden von Terminen zur Früherkennung, ohne dass die Patientin Beschwerden hat. Diese würden in der Regel mit einem Vorlauf von drei bis sechs Monaten vergeben. Dies betrifft von allem Frauen zwischen 50 und 69Jahren, die am sogenannten Mammografie-Screening teilnehmen. Aber auch jüngere Frauen, die ein erhöhtes Risiko haben, an Brustkrebs zu erkranken, sollten regelmäßig zur Vorsorge gehen.

Das bundesweite Screening-Programm sieht vor, dass alle Frauen diesen Alters alle zwei Jahre zu einer Untersuchung eingeladen werden. Bei der Mammografie wird ein Röntgenbild der Brust gemacht, um Veränderungen zu erkennen und eine mögliche Krebserkrankung frühzeitig behandeln zu können. Im Kreis Pinneberg wird das Screening in dem Pinneberger Zentrum sowie in einem sogenannten Mammobil, das von Elmshorn aus verschiedenen Standorte anfährt, angeboten. Etwa 50 Prozent der angeschriebenen Frauen beteiligen sich an der Reihenuntersuchung, etwas weniger als im Landesdurchschnitt.

Die Mammografie kann grundsätzlich von jedem Arzt durchgeführt werden, der das notwendige Gerät und die entsprechende Qualifikation hat. Doch die Geräte sind sehr teuer und die Anforderungen äußerst hoch. Die Mediziner müssen sich regelmäßig fortbilden und mindestens 5000 Mammografien im Jahr beurteilen.

„Deshalb gibt es durchaus eine Tendenz, dass diese Untersuchungsmethode von immer weniger Ärzten angeboten wird, die sich zudem meist in Zentren zusammentun", so Gomille. In der Pinneberger Radiologiepraxis, der größtem im südwestlichen Schleswig-Holstein gibt es derzeit vier Ärzte, die schwerpunktmäßig die Mammografie-Aufnahmen auswerten. Zudem arbeitet das Team mit weiteren Ärzten zusammen, da ein Großteil der Aufnahmen doppelt begutachtet wird. Bei einem auffälligen Befund folgen eventuell weitere Untersuchungen wie Ultraschall, Biopsie oder Kernspintomografie (seihe Infokasten).

Jede Untersuchung werde rein nach ihrem Nutzen für die Patientin angeordnet, betont Timo Gomille. „Unsere Entscheidungen sind frei von wirtschaftlichen Interessen.“ Die hohen Kosten für die technischen Geräte, deren Anschaffung sich nur rechne, wenn sie viel genutzt würden, seien jedoch ein Grund für die zunehmende Zentralisierung der Standorte.

Das Screening, das in Pinneberg jährlich etwa 20.000 Untersuchungen umfasst, sei zwar gut finanziert, sagt der Radiologe. Untersuchungen, die nicht in dieses Programm fallen, seien dagegen finanziell ein Minusgeschäft. 30 bis 60 Euro gibt es für eine Mammografie. 15.000 solcher Röntgentermine werden pro Jahr in der Praxis vergeben.

Nicht immer kann der Arzt danach Entwarnung geben. „Wir finden jährlich etwa 200 bis 250 Mammakarzinome“, sagt Gomille. Diese bösartigen Tumore bedeuten Brustkrebs. Ist eine Behandlung notwendig, geht die Patientin zurück zu ihrem Gynäkologen, der sie an ein für sie günstig gelegenes Behandlungszentrum überweist. „Ziel ist immer eine wohnortnahe Behandlung“, sagt der Radiologe. Auch diese sei im Kreis Pinneberg gewährleistet.