Prominente Köche helfen in diversen TV-Formaten Gastronomen auf die Beine. In drei Fällen aus der Region zerplatzte der Traum vom Erfolg schon bald

Pinneberg/Elmshorn/Holm. Am Tresen des griechischen Restaurants „Alexandros“ in der Pinneberger Innenstadt sitzen zwei Gäste. Die Tische sind leer. Wie so oft. Zum Essen verirrt sich kaum jemand in das Lokal, das versteckt in einem Hinterhof an der Dingstätte liegt. Daran hat auch der Besuch des Sternekochs Frank Rosin im vergangenen Sommer nichts geändert. „Wir schließen und gehen nach Griechenland zurück“, sagt Inhaberin Marina Karasik. Wann genau, das weiß die Griechin noch nicht, nur so viel: „Es gibt keine Hoffnung mehr.“

Sie und ihr Mann Vasilios Evangelou hatten 2012 die Gaststätte, die damals noch „Nicos Astra Pott“ hieß, übernommen. Doch es lief nicht, und der Schuldenberg wuchs. Ein Gast hatte ihren Angaben zufolge, und anders als später in der Sendung dargestellt, den Kontakt zur Kabel-eins-Sendung „Rosins Restaurants – Ein Sternekoch räumt auf“ gesucht, in der Frank Rosin als Restaurantretter auftritt. Seine Kritik am Astra Pott: Es fehle an Ambiente, schmackhaftem Essen, einer übersichtlichen Speisekarte.

Mit Grauen denkt Karasik an die sechs Tage im Juli zurück, als das zwölfköpfige Fernsehteam der Produktionsfirma Imago TV dann bei ihr drehte. „Die haben hier ihre Show abgezogen und uns wie Idioten dastehen lassen.“ Der Fernsehbeitrag hatte nicht gerade ein schmeichelhaftes Bild der Familie gezeichnet. Vasilios wurde als griechischer Macho dargestellt, der lieber andere für sich arbeiten lässt. Von „griechischer Tragödie“, „mediterraner Arbeitsmoral“ und „gastronomischer Odyssee“ war die Rede.

Dabei habe es Regieanweisungen gegeben, wer was wann zu sagen hätte, so Karasik. Sie selbst habe erst gar nicht mitmachen wollen, aber das TV-Team habe ihr gut zugeredet. Auch ihre Bedenken, während des Pinneberger Weinfestes das Restaurant zu schließen, um sich mit einem Stand zu präsentieren, seien vom Produktionsteam entkräftet worden. Angeblich aus allen Wolken fiel schließlich Rosin, nachdem er in der Sendung plötzlich von der bevorstehenden Hochzeit der Tochter Ekatarina mit Freund Alexis in Griechenland erfuhr, die parallel zum Neustart des Restaurants anstand. Dabei habe sie vor Drehstart bereits acht Monate in Kontakt mit der Produktionsfirma gestanden und auch auf die geplante Hochzeit hingewiesen, sagt Karasik.

Sender wie Produktionsfirma bestreiten, einer „Scripted Reality“ zu folgen, also Authentizität vorzutäuschen und Szenen zu stellen. Die ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH, zu der Kabel eins gehört, räumt lediglich ein: „Wie bei jeder TV-Produktion gibt es einen Drehplan, in dem der Tagesablauf strukturiert ist.“ Karasik hatte gehofft, sich mit Rosins Hilfe doch noch gegen die Konkurrenz von 13 weiteren Griechen im Umkreis von drei Kilometern zu behaupten. Irgendwann gab es kein Zurück mehr. Wer die Dreharbeiten abbricht und vertragsbrüchig wird, dem drohen empfindliche Geldstrafen. Offiziell bestätigen will der Sender das nicht: „Zu vertraglichen Inhalten äußern wir uns grundsätzlich nicht.“

Während der Sendung macht Rosin Vasilios’ Schwiegersohn Alexis zum Küchenchef, zeigt im Schnelldurchlauf, wie man Moussaka und gefüllte Champions zubereitet. Streicht das Menü von 115 auf 20 Gerichte zusammen, korrigiert die Preise nach oben. Eine Umgestaltung soll das Restaurant zudem wieder auf die Erfolgsspur bringen. Nach der Ausstrahlung der Folge im August seien zunächst tatsächlich mehr Gäste gekommen. Der Hype ebbte aber schnell ab. Was blieb, war das zweifelhafte Image.

Drama bringt offensichtlich Quote. Die Rosin-Staffel endete mit der bisher höchsten seit Beginn und erzielte 9,6 Prozent Marktanteil. Doch wie nachhaltig ist die Arbeit der Restaurantretter? „Rosin lege viel Herzblut in das Coaching der oft verzweifelten Restaurantbesitzer“, versichert eine Sprecherin von Kabel eins. Bis ein Jahr nach den Dreharbeiten, in Einzelfällen auch länger, stehe sein Team in regelmäßigem Austausch mit den Restaurantbesitzern. Diese hätten die Möglichkeit, jederzeit mit Rosin in Kontakt zu treten, wenn es konkrete Fragen oder Probleme gibt. Auch zu den Betreibern des früheren Astra Potts habe das Team nach der Ausstrahlung noch Kontakt. Zudem sei die Erfolgsquote „für eine Sendung dieser Art“ ausgesprochen hoch. Etwa die Hälfte der Restaurants würden nach dem Coaching erfolgreich weitergeführt, so Kabel eins.

Gleiches Konzept, anderer Sender: Auf Vox kommen die „Die Küchenchefs“ Ralf Zacherl, Mario Kotaska und Martin Baudrexel, um die krisengeschüttelten Restaurants vor dem Aus zu retten. Im November 2011 besuchten sie auch „Mister Q BAR-B-Q“ in Elmshorn. „Eine Mitarbeiterin hatte sich ohne mein Wissen beworben“, sagt Amerika-Fan Rainer Quittnat. Er hatte seine Bäckerei „Backwerk“ mit sechs Filialen verkauft, um in Elmshorn im April 2011 ein Restaurant im Diner-Stil zu eröffnen. Doch Ehec-Krise und Hitzewelle arbeiteten gegen ihn. Die Gäste blieben aus.

Bereits zwei Monate nach Eröffnung meldeten sich die Macher der „Küchenchefs“ bei Quittnat. Er beriet sich mit seiner Familie, ob es schlau sei, mitzumachen. „Es war uns schon klar, dass das Fernsehteam zunächst nach dem Negativen suchen würde“, sagt er. „Wir beschlossen jedoch, es als reine Werbeaktion zu sehen.“ Dann ging alles sehr schnell. „Am Montag kam der Anruf der Produktionsfirma, am Donnerstag begannen die Dreharbeiten“, sagt der gelernte Konditor.

Quittnat suchte in der Sendung die Schuld in erster Linie bei seinen drei Köchen. Doch „Die Küchenchefs“ befanden, er selbst sei das Problem. Zum abschließenden Testessen kamen 80 Personen. Die Plätze dafür seien innerhalb einer Stunde ausgebucht gewesen. Fürs Essen hätten sich aber die Wenigsten interessiert, vielmehr wollten viele ihre Neugier befriedigen.

Quittnat meint, es fehle den Küchenchefs und ähnlichen Formaten an Nachhaltigkeit. „Nach einem kurzen Aufflackern bleiben die Gäste wieder aus“, sagt er. „Jeder, der bei einer solchen Sendung mitmacht, sollte sich vor Augen halten, dass das nicht seine Existenz rettet.“ Dennoch bereut der Unternehmer nicht, mitgemacht zu haben. „Uns wurde nichts in den Mund gelegt, aber durch den Zusammenschnitt des Filmmaterials kann man schon jemanden in ein gutes oder schlechtes Licht rücken“, sagt Quittnat.

Das Restaurant musste sich im April 2012 aus namensrechtlichen Gründen umbenennen in „Texas Bullhorn“. Auch der neue Name brachte kein Glück. Das „Texas Bullhorn“ ist seit dem 31. Dezember 2013 „wegen Reichtum geschlossen“, wie jeder auf einem handgeschriebenen Zettel am Eingang lesen kann. „Ich habe zweieinhalb Jahre selbst in der Küche gestanden, weil ich kein geeignetes Fachpersonal finden konnte“, sagt der 57-Jährige. Nun sei es genug.

„Die Küchenchefs“ Ralf Zacherl und Martin Baudrexel waren zuvor auch in Holm gewesen. Am 20. Februar 2011 hatte Vox eine Folge über das Restaurant „Schiefelbeins Essgenuss“ gezeigt. Doch irgendwie passte die Holmer Gastronomie nicht wirklich in das Schema der Restaurantretter, denn die Küche war alles andere als ein Krisenherd. Inhaber Franc Schiefelbein hatte jemanden aus der Fernseh-Produktionsfirma kennengelernt und nutzte die Chance, für sein Haus zu werben.

„Probleme in der Küche gibt es hier nicht. Wir kochen mit Franc auf Augenhöhe, und von den 120 Läden, die wir bisher in der Serie hatten, gehört seiner zu den drei schönsten“, sagte Baudrexel damals. Also schlugen er und sein Kollege vor, auf Menüabende zu setzen und die Zusammenarbeit mit der benachbarten Kochschule „Kochspaß“, die von der Schwiegermutter betrieben wird. Das Fernsehteam stellte den Fokus auf einen Familienstreit. Dort, wo früher Essgenuss residierte, ist kürzlich ein Italiener eingezogen.