Rund 40 Unerschrockene sprangen im Freibad Oberglinde beim Neujahrsbaden des DLRG Region Uetersen ins Wasser

Moorrege. Petra Schankin ist ein Warmduscher. Das kann sie nicht bestreiten. „Ich dusche nie kalt“, sagt die Tornescherin. Aber schwimmen im eiskalten Wasser, das ist ihr Ding. Und daher lässt sie sich das Anbaden im Freibad Oberglinde in Moorrege auch nicht entgehen. Mit rund 40 anderen Tollkühnen sprang die 52-Jährige am Sonntagnachmittag unter den Blicken von 150 Schaulustigen in den See.

Fünf Grad Wasser- und sieben Grad Lufttemperatur – Schankin kostet der Sprung ins Wasser keine Überwindung. Die Vizeweltmeisterin im Eisschwimmen kann noch bei einem Grad auf 25 Metern im Brustschwimmen Tempo machen. Das hat die DLRG-Schwimmtrainerin 2013 bei den Weltmeisterschaften in der lettischen Hauptstadt Riga bewiesen, an denen 1000 Menschen teilnahmen. Mit ihrem Mann Uwe, dem Vorsitzenden des DLRG Region Uetersen, schwimmt sie seit ein paar Jahren auch noch im Winter draußen. „Vor drei Jahren haben wir gesagt, wir schwimmen bis Ende September, dann bis Ende Oktober und im Jahr darauf hatten wir uns Weihnachten als Ziel gesetzt“, sagt der 55-Jährige. Mittlerweile hat sich der Kreis der Winterbadenden auf zehn erweitert. Im März verschlägt es die eingeschworene Truppe an den Polarkreis. In der finnischen Stadt Rovaniemi, der Hauptstadt Lapplands, werden die nächsten Weltmeisterschaften im Eisbaden ausgetragen.

„Der Sprung in den See wirkt wie drei Kaffee“, sagt Maria Bellusci. Die Tornescherin, 46, wärmt sich die Hände am heißen Punsch. Auf warme Socken im Bett kann sie allerdings gut verzichten, seit sie regelmäßig im Winter baden geht. „Seitdem sind meine Hände und Füße immer warm“, sagt Bellusci und lacht. Den Neoprenanzug, den sie noch im September zum Schwimmen angezogen hat, brauchte sie für das kurze Abtauchen jetzt nicht.

„Besonders eklig“ fand Thies van Rüschen das Neujahrsbaden in diesem Jahr. Der 51-Jährige aus Tornesch bevorzugt Minusgrade, dann erscheint das Wasser schön kuschelig warm. Aber bei nur zwei Grad Temperaturunterschied hat der Tornescher diesmal gefroren. Das Ehepaar Anke und Günther Wüst aus Uetersen kann so viel Mut und Überwindungskraft nur bewundern. Sie lassen sich das Neujahrsbaden nie entgehen, allerdings nur in dicken Schal und Mütze gehüllt vom Ufer aus. Auch schon fast sowas wie eine Institution ist Harald Breuß. Der 74-Jährige aus Elmshorn ist seit 1955 Eisbader. „Heute war Warmbadetag“, sagt er lachend. Das letzte Mal, dass er tatsächlich durch ein Loch im Eis ins Wasser gegangen ist, war 2010. „Da war das Freibad zugefroren“, sagt Breuß. Für das Neujahrsbaden hat er sich von seinem Arzt diesmal jedoch vorher eine Erlaubnis eingeholt. „Ich wurde vor acht Wochen am Bein operiert“, sagt er. Seine Frau Heide-Marie, 72, hält den Bademantel für ihn bereit. Sie selbst geht zwar auch bei 14 Grad ins Meer – beide sind Ostseefans – aber bei fünf Grad muss sie passen.

Zum ersten Mal dabei war Kai Siemens aus Tornesch, der mit seiner Familie kam. „Es war herrlich“, sagt der zweifache Vater. „Bis auf den kurzen Schmerz am Anfang.“ 30 Sekunden hielt er es im kalten Wasser aus. Der 45-Jährige hatte im vergangenen Jahr in der Zeitung vom Anbaden gelesen und wollte sich das nicht entgehen lassen. Sein Sohn Johannes war clever: Der Zehnjährige entschied sich um und beobachtete den Papa vom Trockenen aus.

Am liebsten wäre Paula Jaritz aus Uetersen auch Baden gegangen. „Meine Mutter ist eine richtige Schwimmratte“, sagt Tochter Ute. Bis vor zwei Jahren ist die 85-Jährige noch regelmäßig schwimmen gegangen: „Ich bin jeden Tag hier gewesen und früher durch ein Loch im Zaun ins Freibad geschlüpft“, sagt sie und ihre Augen leuchten bei der Erinnerung an alte Zeiten.

„Man muss sich in den Ferien auch mal was gönnen“, sagt Philipp Landahl, 18, und hüllt sich bibbernd in ein Handtuch. Er scherzt: „Ich geh noch mal rein.“ Für ihn und seine Freunde aus Moorrege ist es eine Premiere. „Den Spaß muss man einfach mal mitmachen“, da sind sich alle einig. „Ich fühle nichts mehr“, sagt Maximilian, 15. Trotzdem wollen alle 2015 wiederkommen. Vielleicht ist ja ein künftiger Weltmeister im Eisbaden unter ihnen.