Das fünf Monate alte Mädchen aus Pinneberg ist schwer erkrankt. Verein unterstützt ihre Eltern bei der Pflege zu Hause

Pinneberg. Ein Lotse begleitet Schiffe ein Stück auf ihrer Reise, navigiert sie dank seiner Erfahrung sicher durch Untiefen, vorbei an Hindernissen und bringt sie so in den sicheren Hafen. Kinderlotse heißt der vor knapp fünf Jahren gegründete Verein, der sich es sich zur Aufgabe gemacht hat, Familien mit schwer erkrankten Kindern zu begleiten. So wie Familie Peters aus Pinneberg.

Vor fünf Monaten kam Luna zur Welt. Etwas zu früh, mit ein paar Komplikationen und leicht auffälligem Herzgeräusch. Doch erst bei einem späteren Besuch beim Kardiologen stellte sich heraus, dass das kleine Mädchen an einem schweren Herzfehler leidet. Sie kam sofort ins Krankenhaus. Zwei Operationen hat Luna bereits überstanden, bei einer dritten soll ihr eine neue Herzklappe eingesetzt werden. Wenn ihr Zustand es zulässt, kommt sie wieder ins Krankenhaus. Doch bis dahin muss das junge Ehepaar, für das Luna das erste Kind ist, zu Hause allein zurecht kommen – so sieht es ihre Krankenkasse, die für eine sozialmedizinische Nachsorge nicht zahlen will.

Trotzdem bekommen Tobias und Katharina Peters derzeit regelmäßig Besuch von einer gelernten Krankenschwester, die ihnen beim Umgang mit der Krankheit ihrer Tochter zur Seite steht. Katrin Seidel ist ihre Kinderlotsin. Sie hilft der Familie sowohl beim Ausfüllen der vielen Formulare, als auch im praktischen Umgang mit der Krankheit. Wie erkennt die 21 Jahre alte Mutter, ob die ohnehin sehr blasse Luna zu blass ist, also an Sauerstoffmangel leidet? Kann das Kind gebadet werden und wie soll dabei mit der großen Narbe umgegangen werden? Wo findet sich eine geeignete Krippe für die Kleine?

„Viele Probleme tauchen erst zu Hause auf“, weiß Seidel. Ziel sei es, die Eltern so zu stärken, dass sie mit der besonderen Situation leben und umgehen könnten.

Die Kosten für ihre Arbeit übernimmt der Verein Kinderlotse, der auf dem Gelände des Universitätskrankenhauses in Hamburg-Eppendorf beheimatet ist und dort auch von einer Stationsschwester aufgrund des offensichtlichen Bedarfs ins Leben gerufen wurde. Bei etwa 30 Prozent der Familien mit einem Kind, das zum Beispiel unter Diabetes, Stoffwechselerkrankungen oder auch Krebs leidet, würde eine sozialmedizinische Nachsorge von den Krankenkassen nicht übernommen, berichtet Seidel, die zum festen Mitarbeiterstamm des Vereins zählt. Denn die Kinderlotsen sind keine ehrenamtlichen Helfer, sondern Fachpersonal, das durch Spendengeld finanziert wird. 40.000 Euro benötigt der Verein jährlich. Damit können etwa 100 Familien pro Jahr aus Hamburg und dem Umland, in denen die Eltern wegen einer schweren Krankheit ihres Kindes den Alltag nicht mehr allein meistern können, unterstützt werden.

2013 half der Verein etwa 20 Familien aus dem Kreis Pinneberg. Dafür gab es auch etwas aus dem Kreis zurück. 6000 Euro spendeten die Schüler des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums in Quickborn. Das Geld hatten sie 2013 beim Adventsmarkt eingenommen. Weitere 908 Euro kamen ebenfalls aus Quickborn. Bei der Aktion im Ärztehaus am Ziegenweg malten Kinder für die schwer erkrankten Kinder. Mit dem Geld kann die Arbeit der etwa 30 Krankenschwestern, Sozialpädagogen und Ärzte finanziert werden, die die Familien nach einem Krankenhausaufenthalt bis zu zwölf Wochen begleiten.

Kinderlotsin Katrin Seidel geht bereits seit dem 30. September bei den Peters ein und aus. Anfangs kam sie einmal pro Woche, derzeit alle zwei bis drei Wochen. Je nach Bedarf wird auch telefoniert. Der Kontakt entstand im Universitätskrankenhaus in Hamburg-Eppendorf, wo Luna behandelt wurde. „Kurz vor der Entlassung aus dem Krankenhaus kam eine Schwester und fragte, wie wir uns die Pflege zu Hause vorstellen“, erinnert sich der 24 Jahre alte Tobias Peters. Das Paar hatte sich noch nicht viele Gedanken darüber machen können und nahm dankbar die Nummer des Vereins entgegen. Und das bewährte sich. Denn auch bei den Peters, die sich gut von den Ärzten beraten fühlten, tauchten nach dem Krankenhausaufenthalt viele Fragen auf.

„Wenn man schwanger ist, rechnet man mit so etwas doch nicht“, sagt Katharina Peters. Innerhalb einiger Wochen musste sich das Paar auf die neue Situation einstellen. „Wir waren total geschockt und haben viel geweint. Aber wir können unser Leben nicht weinend auf dem Sofa zubringen. Wir müssen an Luna denken“, sagt die Mutter. „Es ist gut, wenn man ein Sicherheitsgefühl bekommt. Das stärkt. Für uns war die Kinderlotsin deshalb sehr wichtig und ist es immer noch. Gerade, weil eine weitere Operation ansteht und wir nicht wissen, ob Luna vielleicht Bluter wird und worauf wir achten müssen.“

Eins ist klar: Katrin Seidel wird der Familie auch nach dieser Operation und dem Krankenhausaufenthalt zur Seite stehen. Egal, ob die Krankenkasse diesmal zahlt oder nicht.

Weitere Infos: www.kinderlotse.org