Im Kinderlabor des Stadtmuseums Wedel wird Technik verständlich gemacht

Wedel. So rum? Oder so? Benita, 8, schaut ratlos auf die beiden handtellergroßen Pappscheiben in ihrer Linken. In der Rechten hält sie einen Tacker, um die beiden Kartonkreise sinnvoll miteinander zu verdrahten. Am Ende soll eine ganze Reihe dieser Scheiben, die Benita zuvor mit einem Zirkel aufgemalt und sorgfältig ausgeschnitten hat, sich als Spirale um einen dünnen Holzstab winden. Doch diese „Archimedische Schnecke“, die Benita und elf andere Kinder an diesem Winternachmittag im Möller-Technicon, der Außenstelle des Wedeler Stadtmuseums, anfertigen wollen, hat ihre Tücken.

Schließlich hat Benita genug vom fruchtlosen Tüfteln. Hilfe suchend streckt sie Pappe und Werkzeug der Museumspädagogin Ulrike Mayer-Küster entgegen. „Ich versteh das einfach nicht, das will nicht klappen“, sagt sie. Mayer-Küster wirft einen Blick auf das Dilemma, arrangiert die Angelegenheit neu und sagt: „Probier’s mal so.“

Und jetzt hat auch Benita den Dreh raus, kommt aus eigener Kraft voran mit dem Modell. Naturwissenschaftliche Gesetze buchstäblich begreifen, technische Dinge mit den eigenen Händen und dem eigenen Köpfchen zum Laufen bringen – darum geht es im Kinderlabor, das das Team des Stadtmuseums an jedem ersten Sonnabend im Monat jeweils von 14 bis 18 Uhr im Möller-Technicon am Rosengarten 10 anbietet. Am Sonnabend, 4. Januar, geht Ulrike Mayer-Küster mit den Kindern den Bau eines Bewegungsmelders an. Am 1. Februar steht voraussichtlich die Montage eines Räderwerks mit Riemengetriebe und Pleuelstange an. Maximal zwölf Kinder ab acht Jahren dürfen unter Anleitung von Mayer-Küster zu Schere, Feinsäge und Lötkolben greifen. Teilnehmen kann nur, wer sich vorher unter Telefon 04103/132 02 oder unter der E-Mailadresse stadtmuseum@wedel.de angemeldet hat. 20 Euro pro Kind sind für Teilnahme und Material zu entrichten.

Das Angebot, das Stadtmuseums-Chefin Sabine Weiss 2009 ins Leben rief, ist ein Renner. Jeweils Mitte des Monats stellt sie das Thema des nächsten Kinderlabors ins Internet. „Es dauert keine Woche, dann sind alle Plätze vergeben“, sagt Weiss. „Wir überlegen sogar, das Kinderlabor doppelt so oft anzubieten, weil die Nachfrage so groß ist.“ Gerade hat der Klimaschutzfonds Wedel dem Kinderlabor 1320 Euro gestiftet. Das Team will davon nach Angaben der Museumsleiterin einen weiteren Lötkolben anschaffen und das dritte internationale Kinderlabor für Teilnehmer mit sehr geringen Deutschkenntnissen finanzieren.

Während Benitas Schnecke Form annimmt, bringt Jakob, 10, mit Feinsäge und Gehrungslade am Nebentisch schon mal den Rundstab für sein Modell fachgerecht auf Länge. „Ich finde es gut, dass wir hier Sachen bauen, die man so zu Hause nicht machen kann“, sagt er. Sein Lieblingsstück? „Die Klingel, die haben wir bei meinem ersten Besuch hier gemacht.“ Dabei machte es ausgerechnet dieser Erstling dem Nachwuchs-Techniker nicht leicht: „Wenn man drei Drähte zusammenlöten will, muss man sie gleichzeitig mit der freien Hand alle festhalten. Das ist echt schwierig“, sagt Jakob.

Trotzdem ist er ein Fan des Lötkolbens, wie fast alle Kinder hier. „Löten, also Metall wie die Profis verbinden, ist hier sehr beliebt“, sagt Museumspädagogin Mayer-Küster. „Kleben kann ja schließlich jeder.“ Sie hat das Konzept des Kinderlabors für das Museum entwickelt und betreut bis heute jeden der Nachmittage in einem der Räume auf dem früheren Fabrikgelände, die das Unternehmen Möller-Wedel dem Stadtmuseum seit 2006 für die umfangreiche industriegeschichtliche Sammlung zur Verfügung stellt. Für jedes der bislang fast 50 Kinderlabore hat sie sich etwas Neues ausgedacht, angefangen vom Fernrohr für die Kulturnacht beim Startschuss am 6. Juni 2009 über Morseapparate, Solarboote, Blinklichter, Signalschaltungen, Radios bis zu Luftdruck-Raketen. Fast alle Experimente beziehen sich direkt auf Betriebe, die Wedels Industriegeschichte geprägt haben.

„Wir wollen das Verständnis für genaues Arbeiten und die technischen Abläufe wecken.“ Dass sie keine naturwissenschaftliche Ausbildung hat, wertet sie dabei als Vorteil: „Viele Experten neigen dazu, schnell in eine theoretische Sphäre abzugleiten, die gerade Kindern nicht mehr vermittelbar ist“, sagt sie. „Ich komme eher aus der Praxis, mich fasziniert die Technik, nicht die theoretische Berechnung.“

Für diese Fälle stehen im Möller-Technicon ja auch genügend Fachleute parat. Ehemalige Ingenieure betreuen ehrenamtlich die Sammlung der Geräte, die einen großen Teil der Wedeler Industriegeschichte mit J. D. Möllers 1864 gegründeten Optischen Werken, den Magnetofonen der lange in Wedel heimischen Firma Telefunken und solartechnischen Entwicklungen der AEG spiegeln. Sie waren es auch, die Mayer-Küster vom ambitionierten Bau von Lautsprechern im Kinderlabor abrieten. „Da muss man extrem akkurat arbeiten“, sagt die Pädagogin. „Das hätte die Kinder dann doch überfordert.“