Nach Großbrand: Rellingen und Halstenbek weisen ihre Bürger auf Abbrennverbote hin

Rellingen/Halstenbek. Das Jahr 2013 war erst 18 Minuten alt, als sich eine Rakete in das reetgedeckte Dach eines Mehrfamilienhauses an der Rellinger Dorfstraße bohrte. Der Dachstuhl und das gesamte Innere des Hauses brannten aus. Damit so etwas 2014 nicht passiert, hat die Gemeinde alle Haushalte angeschrieben, die im 200-Meter-Radius rund um die elf Reetdachhäuser Rellingens liegen und sie an das bestehende Abbrennverbot erinnert. Laut Gemeindeverordnung ist das Zünden von Feuerwerkskörpern der Klasse II im Umkreis von 200 Metern zu Reetdachhäusern und der Rellinger Kirche auch an Silvester und Neujahr verboten. Ein Verstoß gegen diese Regelung wird mit einem Bußgeld in Höhe bis zu 10.000 Euro bestraft.

Wer voriges Jahr die Rakete zündete, die den Großbrand an der Dorfstraße auslöste, konnte nicht ermittelt werden. „Es gab einen Verdacht, aber bewiesen werden konnte es nicht“, sagt Hans-Günther Reinke. Der Baumschuler ist Eigentümer des 200 Jahre alten Hauses – und noch immer über die Unvernunft der Menschen und die fehlenden gesetzlichen Regeln empört: „Mit zwei Bier darf man kein Auto mehr fahren, aber mit drei Promille noch die dicksten Böller zünden.“

Reinke hatte sich bereits im Januar entschlossen, das Reetdachhaus wieder aufzubauen. Ein Jahr später ist äußerlich nichts mehr von den Brandfolgen zu sehen. Im Innern allerdings gleicht das Gebäude, das zwei Wohnungen und eine Gewerbeeinheit enthielt, weiterhin einer Baustelle. „Die große Wohnung im Erdgeschoss kann vielleicht im ersten Quartal 2014 wieder bezogen werden, der übrige Bereich ist noch im Rohbauzustand“, sagt Reinke.

Der Eigentümer kämpfte monatelang mit Gutachtern, Sachverständigen und den Versicherungen. Noch immer ist der Gebäudeschaden von mehr als 500.000 Euro nicht vollständig reguliert. Immerhin haben die Mieter Zahlungen ihrer Hausrat- und Inventarversicherung in sechsstelliger Höhe erhalten. Bis auf den Malerbetrieb, der provisorisch in einem anderen Gebäude Reinkes untergekommen ist und wieder in das renovierte Mehrfamilienhaus einziehen will, haben die anderen Mieter die Geduld verloren und sich dauerhaft eine neue Bleibe gesucht. „Alles ist sehr unglücklich gelaufen“, sagt Reinke.

Ins neue Jahr gehe er mit Herzklopfen. Nachdem Reinke voriges Jahr auf einer Feier war und dort von dem Großbrand seines Elternhauses erfuhr, bleibt er dieses Jahr Zuhause. Er selbst wohnt in der Nähe des Reetdachhauses und will dort die ganze Nacht über nach dem Rechten sehen. „Ich kann nur an die Vernunft der Leute appellieren, damit sich so etwas nicht wiederholt.“

Auch Jens Rix denkt mit Grauen an die Silvesternacht. Dem Baumschuler gehört Halstenbeks markantestes Gebäude, das reetgedeckte ehemalige Armenhaus von 1857 an der Königstraße. Seine Vorfahren kauften das Haus einst der Gemeinde ab, Rix ist darin aufgewachsen. Heute wohnen dort Mitarbeiter des Baumschulbetriebes, der Chef lebt einige Meter entfernt auf dem Grundstück. „Seit Jahrzehnten habe ich keinen Jahreswechsel außer Haus gefeiert, sondern war immer vor Ort und habe aufgepasst.“

Natürlich gilt auch im Umkreis des Armenhauses ein Abbrennverbot von Feuerwerkskörpern und Raketen. Allerdings halte sich kaum jemand daran, beklagt Rix. Er steht mindestens von 23.45 Uhr bis 1 Uhr vor seinem Haus und spricht alle an, die gegen das Verbot verstoßen. „Ich habe mir da schon einiges anhören müssen.“

Halstenbek ist dem Beispiel der Nachbargemeinde gefolgt und hat ebenfalls alle 1163 Haushalte angeschrieben, die in der Verbotszone liegen. „Wir haben sieben reetgedeckte Gebäude in der Gemeinde“, sagt Bürgermeisterin Linda Hoß-Rickmann. Und Fachbereichsleiterin Susanne Dietrich ergänzt: „Die meisten liegen im Ortsteil Brande, in Krupunder dagegen kein einziges.“