Regio Kliniken beteiligen sich an Modellprojekt, damit der Übergang vom Krankenhaus in die häusliche Betreuung gelingt

Elmshorn. Manchmal geht es schnell: ein Herzinfarkt oder ein Oberschenkelhalsbruch verändert das Leben für einen Menschen und seine Angehörigen von einem auf den anderen Tag. Nach dem Krankenhausaufenthalt muss die Familie schnell entscheiden, wie der Pflegebedürftige weiter versorgt wird – oft eine Herausforderung. Deshalb gibt es das landesweite Modellprojekt „Familiale Pflege“ der Krankenkasse AOK Nordwest und der Universität Bielefeld . Die Regio Kliniken unterstützen das Projekt, mit dem der Übergang vom Krankenhaus in die häusliche Pflege erleichtert werden soll.

Im Mittelpunkt stehen Pflegetrainings. Bisher wurden Angehörige im Krankenhaus auf die Situation zu Hause vorbereitet. Damit endete die Hilfe. Viele Angehörige fühlten sich überfordert,, waren nach kurzer Zeit mit dem Patienten zurück im Krankenhaus. „Diesen Drehtüreffekt als Folge von Überlastung und Pflegefehler wollen wir künftig minimieren, indem wir pflegerische Kompetenzen vermitteln“, sagt AOK-Regionaldirektor Alf Jark. Er hofft, dass die Pflege allein durch die Angehörigen weiter gestärkt wird. In Schleswig-Holstein liegt deren Anteil bei 39,5 Prozent, Schlusslicht im Vergleich mit anderen Bundesländern.

In Deutschland sind 2,5 Millionen Menschen pflegebedürftig. Von 80.000 Pflegebedürftigen in Schleswig-Holstein wurden im Jahr 2011 immerhin 48.000 zu Hause versorgt. Davon erhielten 16.000 zusätzlich Unterstützung durch ambulante Pflegedienste.

Bei den Regio Kliniken hat die Umsetzung der Pflegetrainings, Pflegekurse und Gesprächsangebote Mitte des Jahres begonnen. Von Juni bis Oktober hatten sich 62 pflegende Angehörige an den Trainings, Beratungen und Kursen beteiligt. „Die Resonanz war durchweg positiv“, sagt Sabine Gerhardt, Pflegedirektorin am Regio Klinikum Elmshorn. „Wir haben für unsere Kliniken in Elmshorn, Pinneberg und Wedel jeweils zwei Pflegeexpertinnen in einer wissenschaftlichen Weiterbildung für die familiensensible Durchführung der Unterstützungsangebote qualifiziert“

„Viele Menschen haben den Wunsch, ihre Angehörigen zu Hause zu pflegen, wissen aber nicht wie“, sagt Christiane Neu, Pflegetrainerin und Projektkoordinatorin bei den Regio Kliniken. Sie und fünf Kolleginnen aus den Häusern in Wedel, Elmshorn und Pinneberg haben Weiterbildungen absolviert. Nun bietet das Team kostenlose Pflegekurse an und vermitteln Teilnehmern in Gruppen praktische Tipps, wie sie zum Beispiel den Kranken aus dem Bett in den Rollstuhl bringen können, ohne den Rücken zu belasten, oder wie sie Durchliegen vermeiden.

Neben der richtigen Lagerung geht es um Bewegung, Körperhygiene oder Hilfestellungen beim An- und Ausziehen, beim Essen und Trinken. „Wir erklären den Teilnehmern Hilfsmittel wie Drehkissen, Toilettensitze oder Transferhilfen“, sagt Neu. Sie besuchen die Pflegenden auch zu Hause. In Gesprächen helfen sie den Angehörigen, die veränderte Lebenssituation zu bewältigen. „Manchmal raten wir, einen ambulanten Pflegedienst hinzuzuziehen, damit der pflegende Angehörige entlastet wird und mal Zeit für sich hat.“

Eine spezielle Herausforderung und psychische Belastung bringt die Pflege von Dementen mit sich. „Das Thema Demenz soll im kommenden Jahr eine besondere Rolle spielen“, sagt Neu. Dann soll es Gesprächskreise geben, bei denen Angehörige sich austauschen können. Denn der Redebedarf bei sei oft sehr hoch, so Neu, und das Thema Pflege zum Teil schambehaftet. In den Gesprächskreisen können die Pflegenden sich gegenseitig unterstützen.

„Es wäre schön, wenn wir wieder zu den alten Werten kommen könnten, dass die Familie die Pflege übernimmt“, sagt der Pinneberger AOK-Niederlassungsleiter Jürgen Schröder. Das Angebot können alle gesetzlich Versicherten wahrnehmen.

Das Modellprojekt wurde an der Universität Bielefeld 2004 initiiert. Alle gesetzlich Versicherten können an dem Training teilnehmen. Das Angebot ist für sie kostenlos.

Wer sich über die Pflegekurse informieren oder dafür anmelden möchte, kann dies auf zwei Wegen: bei Christiane Neu unter Telefon 04121/798145 oder -146 und per Mail unter christiane.neu@sana.de