Beim Wedeler Versandhandel creatrade Holding ist derzeit Hochkonjunktur. Bis zu 12.000 Päckchen gehen pro Tag raus

Wedel. Um sie herum wirbeln die Kartons. Heike Iwers bleibt ganz ruhig. Jeder Handgriff der erfahrenen Packerin sitzt. Schnell verarbeitet sie die ankommende Ware aus den blauen Boxen, gleicht die Anzahl der Dinge daraus mit denen auf dem Lieferschein ab, faltet eines der Pakete neben ihr auseinander, verstaut darin die bestellte Ware sowie den Lieferschein und die Rechnung. Die Versandadresse wird oben draufgeklebt. Dann schickt Iwers das Paket wieder auf die Reise über das Laufband.

Es herrscht Hochkonjunktur beim Unternehmen Schneider, das seit 2012 als creatrade Holding firmiert. Derzeit schießen pro Tag bis zu 12.000 der Postsendungen allein am Standort Wedel über die Packbänder. „Das sind doppelt so viele wie normalerweise“, sagt Julian Kabel, Leiter der Versandabteilung. Die Außenstellen wie in Altenwerder hinzugerechnet, sind es sogar bis zu 26.000 Pakete, die der Versandhändler täglich schnürt und in die Welt verschickt.

In Wedel wird jetzt im Akkord gearbeitet. An sechs Tagen in der Woche, von 6 bis 21 Uhr, sorgen Iwers und ihre etwa 22 Kolleginnen in den Packboxen dafür, dass die bestellte Ware in der Weihnachtszeit über die Wedeler Drehscheibe ihren Weg unter den häuslichen Tannenbaum findet. Das garantiert der Versandhändler sogar seinen Kunden. Wer am 22. bestellt, der bekommt seine Ware bis zum 24. Dezember. „Unter dem Baum Garantie“ nennt sich das.

Während Iwers bis zu 60 Pakete in der Stunde schafft, rattern in einer Maschine einige Schritte weiter in der Wedeler Lagerhalle bis zu 800 Folienpakete pro Stunde über das Band.

Die Maschine und die Versandweise sind laut Kabel relativ neu und voll automatisiert. Bis zu drei Positionen kommen so verschweißt in die Lkw der großen Versanddienste, die mindestens zweimal pro Tag das Unternehmen am Wedeler Strandbaddamm ansteuern. Insgesamt werden so zur Weihnachtszeit bis zu 38.000 Einzelpositionen pro Tag von Wedel aus verschickt.

In den Päckchen sind Kleidungsstücke, Dekoartikel, Haushaltsware, Möbelstücke, Kosmetikartikel und Sportgeräte. Denn die Zeiten, in denen es bei Ex-Schneider allein um Werbegeschenke für Gewerbetreibende – den beschrifteten Kugelschreiber oder die Präsentbecher – ging, sind vorbei.

„Wir sind nicht mehr der Versandhändler von einst. Der Fokus hat sich deutlich hin zu Fashion und Lifestyle verschoben“, sagt Ulf Cronenberg, der Mitte Februar 2011 die Geschäftsführung übernommen hat. Cronenberg war zuvor bei Neckermann im Management tätig und verantwortete dort den Bereich Marketing, Vertrieb und E-Commerce. Genau das sind auch seine Steckenpferde in Wedel.

In diesen Bereichen hat die creatrade Holding auch 2013 das größte Wachstum verzeichnet. Allein in den ersten drei Quartalen verzeichnete das Unternehmen 14 Prozent mehr Online-Bestellungen und ein Umsatzwachstum von sechs Prozent bei einem Umsatz von 180 Millionen Euro. Die wesentlichen Treiber des Wachstums sind laut Cronenberg dabei die teilweise noch sehr jungen Fashion- und Lifestyle-Marken Gingar, Discovery, Conleys und Impressionen, die vor allem dank des Onlinegeschäfts boomen. Im Vorjahr brachten es die verschiedenen Websites auf 21 Millionen Visits. Allerdings steigt die Nachfrage laut dem Geschäftsführer auch jeweils nach dem Versand der Kataloge, die eine Gesamtauflage von 30 Millionen Stück haben.

Der Ziel ist klar: Die ehemalige Schneider-Versandgruppe will sich im Online-Geschäft positionieren, mit den Großen der Zunft auf Augenhöhe sein. Dafür soll auch in den Logistikstandort in Wedel, direkt am Schulauer Hafen, kräftig investiert werden. Cronenberg hält sich zu den Details bedeckt, da die Gespräche dazu noch nicht abgeschlossen sind. Aber er sagt so viel: „Wir werden in den Ausbau der Logistik in Wedel eine Summe im Millionen-Euro-Bereich im kommenden Jahr investieren.“ Zudem wurden bereits im laufenden Jahr 50 neue Mitarbeiter eingestellt. Für die creatrade Holding arbeiten nun rund 700 Mitarbeiter, davon mehr als 450 in Wedel.

„Wir wollen weiter wachsen“, gibt Cronenberg die Richtung vor. „Es gibt noch viel Potenzial. Wir könnten uns vorstellen, weitere Marken zu etablieren.“ Außerdem sei ein mittel- bis langfristiges Ziel, weiter ins Ausland zu gehen. Von dem einstigen Kerngeschäft aus dem Gründungsjahr 1965, der Marke Prämie Direkt, trennte sich das Unternehmen dagegen Mitte 2013. Dafür gibt es neue Ideen, wie den ersten Outlet-Store. Den hätte Cronenberg gern schon eröffnet. Allerdings fand sich bislang keine geeignete Immobilie mit bis zu 800 Quadratmetern. Die Suche wurde jetzt auf den Großraum Hamburg ausgedehnt.