Psychologe verging sich in Quickborner Praxis an 18 Frauen. Verurteilt wurde er zur Zahlung von 33.000 Euro

Quickborn/Itzehoe. Als er die vielen Fotografen und Kamerateams auf dem Gerichtsflur sah, versteckte Torsten W. sein Gesicht hinter einem Aktendeckel. Wenig später machte der Diplom-Psychologe mit Praxis in Quickborn vor der Zweiten Großen Strafkammer des Landgerichts Itzehoe reinen Tisch: Der 51-jährige Kaltenkirchener räumte ein, sich in 28 Fällen an zehn Patientinnen sexuell vergangen und einen Großteil der Vorfälle heimlich gefilmt sowie fotografiert zu haben. Weil das Geständnis des Psychotherapeuten seinen Opfern eine belastende Aussage vor Gericht ersparte, honorierte die Kammer dieses Verhalten mit einem Strafrabatt: Torsten W. kam mit einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren mit mehr als einem blauen Auge davon. Außerdem muss er als Bewährungsauflage 33.000 Euro Schadenersatz an die betroffenen Frauen zahlen, die je nach Schwere der Übergriffe zwischen 250 und 10.500 Euro erhalten.

Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten sich vor der Hauptverhandlung auf diese Strafhöhe verständigt, um das Verfahren auf einen Prozesstag verkürzen zu können. Torsten W. schaute permanent zu Boden, als Staatsanwältin Jana Bewersdorff die beiden Anklagen verlas. Sie benötigte 30 Minuten, um alle 28 Missbrauchsfälle aufzuzählen. Sie hatten sich zwischen Juli 2009 und Februar 2011 in der Praxis des Angeklagten in Quickborn abgespielt – und sie folgten stets demselben Muster. Torsten W. gaukelte seinen psychisch kranken, teilweise schon früher sexuell missbrauchten Patientinnen vor, dass ihnen eine sogenannte Körpertherapie helfen könne, sich zu entspannen und Beschwerden abzumildern. Dann wies er die laut Anklage 17 bis 26 Jahre alten Frauen an, sich zu entkleiden und berührte sie an den Brüsten sowie im Intimbereich. Zudem positionierte der 51-Jährige die Frauen derart, dass ihre Geschlechtsteile genau zur von ihm heimlich aufgestellten Kamera zeigten.

Dem Angeklagten (Anzug, Brille, graue Haare) merkte man deutlich an, dass er ungerne über seine Handlungen und was zu diesen geführt hat, sprechen wollte. Doch Richter Eberhard Hülsing beharrte darauf – und schließlich schilderte Torsten W., dass er auf einer Reise nach Indien 2009 eigene Erfahrungen mit der Körpertherapie gemacht habe. Daraufhin sei ihm die Idee gekommen, sie bei seinen Patientinnen einzusetzen. Allerdings nicht, um ihnen zu helfen. „Das hatte schon egoistische Hintergründe.“ Schließlich räumte der 51-Jährige ein, dass für ihn die Aufnahmen im Vordergrund standen – und zwar, um sich beim späteren Ansehen sexuelle Befriedigung zu verschaffen.

„Viele Patientinnen wollten das nicht. Ich aber habe ihnen gesagt, dass es gut für sie ist“, gab der Diplom-Psychologe zu. Gewalt habe er jedoch in keinem Fall angewendet. Und wenn eine Patientin von Beginn an kategorisch die Teilnahme an der Körpertherapie abgelehnt habe, habe er sie auch normal weiter behandelt. Zu den zehn Opfern aus der Anklageschrift kamen acht weitere im Ermittlungsverfahren dazu. Diese Fälle waren weniger gravierend und wurden eingestellt. Das Schmerzensgeld, das Torsten W. zahlen muss, wird unter allen Betroffenen aufgeteilt.

Im Frühjahr 2011 flog der Psychotherapeut auf, nachdem eine Patientin – sie arbeitet als Arzthelferin – ihrem Arbeitgeber von den ungewöhnlichen Behandlungsmethoden des Kollegen berichtete. Daraufhin wurde die Psychotherapeutenkammer in Kiel eingeschaltet, die bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattete. Auf dem PC von Torsten W. wurden die Videos und Nacktfotos der Frauen sichergestellt.

Gegen die vorläufige Entziehung seiner Approbation hatte der Diplom-Psychologe erfolgreich Widerspruch beim Verwaltungsgericht eingelegt, sodass er nach kurzer Praxisschließung weiter praktizieren durfte. Dann kam der 51-jährige jedoch zur Besinnung. Er zog seine Klage zurück, sodass er seine Approbation verlor und seinen Beruf auch dauerhaft nicht mehr ausüben kann. Aus der gemeinsam mit seiner Frau betriebenen Praxis schied Torsten W. aus. Und auch die 1991 geschlossene Ehe, aus der zwei inzwischen erwachsene Söhne hervorgegangen sind, ist seit Bekanntwerden der Vorwürfe Geschichte. Seit Mai 2013 ist die Scheidung rechtskräftig. „Ich habe meiner Ex-Frau das Haus in Kaltenkirchen übertragen“, so Torsten W. Der 51-jährige ist nun dauerhaft nach Quickborn gezogen, wo er einen beruflichen Neustart als Business Coach wagte. „Es tut mit leid. Ich habe das Vertrauen meiner Patientinnen missbraucht, ich habe Leid über meine Familie gebracht und meinem Berufsstand geschadet.“ Inzwischen nimmt der Psychologe selbst psychologische Hilfe in Anspruch.