Auszeichnung der Stadt geht an gemeinnützigen Verein, der in den vergangenen vier Jahren Schenefeld prägte

Schenefeld. Manche warten ihr Leben lang auf solch eine Auszeichnung, andere bekommen den Ehrenpreis der Stadt erst nach Jahrzehnten verliehen. Doch in diesem Fall liegt die Sache anders. Der Schenefelder Verein „Glücksgriff, der soziale Kreislauf“ war seit seiner Gründung 2009 im Gespräch für die höchste Auszeichnung der Stadt. Am Mittwochabend tagte die zehnköpfige Jury so kurz wie noch nie. Einstimmig sprachen sich die Vertreter aus Politik, aus den Kirchengemeinden und der Stadtverwaltung für Ingrid Pöhlands Glücksgriff aus. Die Schenefelderin ist Initiatorin, Vereinsgründerin und die Vorsitzende. Noch am selben Abend erfuhr sie die Nachricht von der Bürgermeisterin – und war überrascht und begeistert.

„Damit habe ich gar nicht gerechnet“, sagt Pöhland. Am Tag nach dem frühzeitigen Weihnachtsgeschenk – mit der Auszeichnung ist auch ein Preisgeld in Höhe von 2000 Euro verbunden – ist sie schon wieder unterwegs, um selbst Geschenke zu verteilen. Immer umtriebig und meist in der Mission, anderen zu helfen, ihnen eine Freude zu bereiten. 11 Uhr, Ortstermin bei der Schenefelder Tafel. Pöhland überreicht Geschenke. Die Tafel bekommt einen Scheck in Höhe von 3000 Euro. Das Geld soll angespart werden, um einen dringend benötigten Kühlwagen für die von Unternehmen zur Verfügung gestellten Lebensmittel anzuschaffen. Zudem gibt es 35 Sakkos und Einkaufsgutscheine für die etwa 200 Nutzer der Tafel. Jeweils für fünf Euro können sie damit im Secondhand-Geschäft, das der Verein Glücksgriff an der Lornsenstraße betreibt, Kleidungsstücke oder andere Waren für den täglichen Gebrauch für einen geringen Preis erstehen.

Er ist das Herzstück des ausgezeichneten Vereins. Mit den Einnahmen aus dem Verkauf von gespendeten Sachen finanziert Glücksgriff zahlreiche Projekte, und zwar eigene und die von anderen Vereinen und Verbänden.

Unter anderem sorgt Glücksgriff für frisches Obst in Grundschulen und Kitas, zahlt Ernährungs- und Handarbeitskurse in der Gemeinschaftsschule, finanziert Beratungsangebote für Eltern und nachhaltige Präventivarbeit an Schulen. Die Liste ist lang. Allein in diesem Jahr schüttete der Verein etwa 35.000 Euro aus, schätzt Pöhland. „Zum fünften Geburtstag im kommenden Jahr müssen wir mal eine genaue Bilanz ziehen, wie viel seit dem Bestehen zusammengekommen ist“, sagt die Schenefelderin, die auch in der Kommunalpolitik aktiv ist. Klar ist: Es sind an die 100.000 Euro.

„Wir sind einfach begeistert von dem zahlreichen und ehrenamtlichen Engagement. Das, was dort passiert, dient Menschen in Not, aber auch der Nachhaltigkeit. Es werden Dinge nicht weggeworfen, sondern weiterverwendet. Das Geld kommt der Jugend zugute“, erklärt Kerstin Otterstein. Die Pastorin der Paulskirchengemeinde ist Vorsitzende der Jury. Sie wird es freuen, zu hören, dass das Preisgeld auch den ehramtlichen Helfern zugute kommt. „Ich habe am Mittwoch noch den Vorstand informiert, und wir haben uns spontan entschlossen, mit dem Geld etwas Tolles für die Helfer zu organisieren, vielleicht einen Ausflug oder einen Besuch im Theater. Sie haben es verdient“, sagt Pöhland.

42 Frauen und ein Mann sorgen derzeit dafür, dass die gespendete Ware sortiert, gewaschen, gebügelt und mit Preisschildern versehen wird, um neue Abnehmer zu finden. Rund 70.000 Euro setzte der kleine Laden, der noch eine Außenstelle am Schenefelder Platz hat, im laufenden Jahr um. Davon müssen die Miet- und Nebenkosten sowie 19 Prozent Steuern bezahlt werden.

Ab dem 1.Dezember taucht auf der Abrechnung noch ein neuer größerer Posten auf: Mietkosten für die alte Post am Schenefelder Rathaus. Denn der Vertrag mit der Stadt ist unterzeichnet. Der Verein „Glücksgriff, der soziale Kreislauf“ startet im Erdgeschoss des Gebäudes am 8. Januar einen Lagerverkauf. 400 Quadratmeter wurden dafür angemietet und hergerichtet. Zwischen den Feiertagen sollen sich die Regale dank zahlreicher Helfer füllen. „Der Einsatzplan steht“, so Pöhland.

Dreimal die Woche (Donnerstag und Freitag von 15 bis 18 Uhr und sonnabends von 10 bis 13 Uhr) werden sich die Türen der alten Post wieder öffnen. Solange, bis die Stadt Pläne für das kürzlich erstandene Gebäude oder der Verein eine Immobilie gefunden hat, wo dauerhaft mehr Platz ist. Denn aufgrund der vielen Spenden platzt der Laden in der Lornsenstraße samt Lager aus allen Nähten. Weil Glücksgriff das nicht mehr verarbeiten kann, gibt man Sachen an einen befreundeten Verein ab. Bis zu 100 Säcke gehen pro Woche so nach Wilhelmsburg.