Verfahren für Grundstücksverkauf soll neu aufgerollt werden. Bürgermeister ist sauer

Wedel. Misstrauen, Vorwürfe, Anklagen, Verteidigungsreden, Sitzungsunterbrechungen, persönliche Erklärungen, Appelle, es flossen sogar Tränen: Im Sachen Kirchstieg gibt es in Wedel derzeit kein Halten mehr. Das Ringen um den Verkauf eines der letzten städtischen Grundstücke für Wohnungsbau hat am Dienstagabend im Planungsausschuss einen neuen negativen Höhepunkt erreicht. Am Ende gab’s die Überraschung. SPD, Grüne und Linke setzen mit ihrer Mehrheit gegen CDU und FDP durch, dass das langwierige Auswahlverfahren für einen geeigneten Käufer neu aufgerollt wird und die Erschließung plötzlich nicht mehr über die enge Rudolf-Höckner-Straße sondern über den bislang ausgeschlossen Kirchstieg am Altenheim vorbeiführen soll – wenn der Rat am Donnerstag, 19. Dezember, dem so zustimmt.

Dabei sollte die Tinte unter dem Vertrag zwischen der Stadt und dem ausgewählten Bieter um den Wohnprojekt-Initiator Udo Möller schon längst getrocknet sein. Nach einem Punktesystem waren die Konzepte der insgesamt vier Kaufinteressenten in einem Bieterverfahren von einem Gremium aus Politik und Verwaltung beurteilt worden. Dabei kristallisierte sich die Bietergemeinschaft alter Ochsenmarkt um Möller mit seiner Idee von einem generationenübergreifenden Wohnprojekt als Gewinner heraus. Zweiter wurde der Wedeler Bauunternehmer Rehder. Beide trennte unter anderem 200.000 Euro, die die Bietergemeinschaft mehr für das Grundstück bot. Diese Kaufsumme in Höhe von 1,8 Millionen Euro für die begehrten 7000 Quadratmeter im Herzen der Stadt sind fest im Haushalt 2014 eingeplant, der ohnehin nur knapp in den schwarzen Zahlen landete.

Doch statt unterzeichnetem Kaufvertrag und Geld auf dem Stadtkonto ist man von einem Verkauf weiter entfernt als vor einem Jahr. Grund: Die Verhandlungen zwischen Stadt und der auserwählten Bietergemeinschaft gestalteten sich schwierig. Letztlich verstrich die von den Politikern bis zum 15. November gesetzte Frist für die Unterzeichnung. Möller erhebt in diesem Zusammenhang schwere Vorwürfe gegen die Stadtverwaltung. Er fühlt sich ausgetrickst. Wedels Bürgermeister Niels Schmidt weist alle Vorwürfe zurück. Er zweifelt angesichts der vielen nachträglichen Forderungen Möllers vielmehr an der Seriosität seiner Planung.

Unter anderem gibt es Streit um die von der Stadt geforderte Erschließung des Grundstücks am Geestrand. Möller kritisiert, dass Fahrzeuge der Feuerwehr und Baufahrzeuge über die Rudolf-Höckner-Straße auf Grund der Breite gar nicht fahren könnten. Außerdem stieß ihm sauer auf, dass er ein Grundstück im Privatbesitz kaufen muss, um die Erschließung des Grundstücks überhaupt möglich zu machen. „Mir stellen sich die Nackenhaare auf, wenn ich so etwas höre. Das habe ich in den vergangenen 30 Jahren politischer Arbeit nicht erlebt“, bemängelte Olaf Wuttke von den Grünen. Der Ex-Hamburger erklärte für die Antrag stellenden Fraktion, dass man ein sauberes Verfahren wolle, das allen Bietern die gleiche Möglichkeit einräume.

Alles auf Anfang? Das kommt bei Bürgermeister Schmidt nicht gut an. „Ich mache mir Sorgen um die Attraktivität des Standortes. Dieser Wankelmut könnte Investoren abschrecken“, so Schmidt. Ein abgeschlossenes Vergabeverfahren ohne ersichtlichen Grund wieder aufzuheben, hält er nicht nur schädlich für Wedels Ruf, sondern er befürchtet auch finanzielle Einbußen für die Stadt. Dabei geht es um Schadensersatzzahlungen, die die verprellten Investoren für die eigens entwickelten Konzepte in Sachen Kirchstieg einfordern könnten. „Ich lasse das bis zum Rat juristisch prüfen. Nach einer ersten Einschätzung unserer Expertin gibt es aber erhebliche rechtliche Bedenken“, so Schmidt. Bleibt es dabei, wird Schmidt dem Antrag von SPD, Grünen und Linken widersprechen.

Unklar ist auch die Rolle der neuen politischen Fraktion im Wedeler Rat. Die WSI, die sich aus ehemaligen SPD-Mitgliedern zusammensetzt, könnte mit CDU und FDP einen Neustart verhindern. Für einer Stellungnahme war die WSI nicht zu erreichen.