Ein Ehepaar aus Uetersen beglich den Mietrückstand von Silvia Schulz, nachdem sie über ihren Fall im Abendblatt lasen

Elmshorn/Uetersen. Silvia Schulz kann es immer noch nicht glauben. Fremde haben sie kurz vor Weihnachten vor der Wohnungslosigkeit bewahrt. Das Hamburger Abendblatt hatte in der Regionalausgabe Pinneberg am vergangenen Montag über ihren Ärger mit dem Jobcenter und der drohenden Wohnungslosigkeit berichtet.

Die 47-Jährige hatte am 25. Juni beim Jobcenter in Elmshorn erstmals Leistungen beantragt, da sie von dem Arbeitslosengeld in Höhe von 438,50 Euro im Monat nicht die Warmmiete von 510 Euro bestreiten konnte. Das Jobcenter befand die Wohnung allerdings nicht als erhaltenswürdig, da sie 96 Euro über der Mietobergrenze lag. Im Laufe des Verfahrens war Silvia Schulz mit der Zahlung ihrer Miete drei Monate in Verzug geraten. Der Vermieter hatte daraufhin eine Räumungsklage beim Amtsgericht Elmshorn angestrebt. Schulz hatte sich um eine günstigere Wohnung bemüht. Doch im Kreis Pinneberg gibt es kaum noch bezahlbaren Wohnraum. Schulz` Eintrag bei der Schufa erschwert die Suche.

Noch am Erscheinungstag des Artikels rief ein Ehepaar aus Uetersen in der Redaktion an. Sie wollen namentlich nicht genannt werden. „Ich habe den Artikel über Frau Schulz gelesen und dachte, wir können nicht zulassen, dass die Frau auf der Straße landet“, sagt die 68-Jährige. „Wir möchten ihr helfen und die Mietrückstände ausgleichen.“ Zwei Tage später lernten sich die Jobsuchende und die großzügigen Spender kennen. Silvia Schulz konnte die Tränen nicht zurückhalten. „Ich bin platt“, sagt sie. „Das hätte ich nie für möglich gehalten.“ Sie bedankte sich mit einer Umarmung. Auch bei der Suche einer günstigeren Wohnung möchte das Ehepaar behilflich sein. Er arbeitet bei einer Wohnungsgenossenschaft und versprach, sich bei Schulz zu melden, sobald eine Wohnung frei wird, die der Mietobergrenze entspricht.

„Ich bin nicht an Elmshorn gebunden“, sagte Schulz. Auch ihre Arbeitssuche hat sie auf Hamburg und Lübeck, ihren Geburtsort, ausgeweitet. Schulz, die zuletzt als Hausdame im Hotel gearbeitet hat, hatte auch schon Vorstellungsgespräche. „Ich möchte mein Leben so schnell wie möglich wieder selbst bestreiten“, sagt sie. „Das muss noch nicht mal in der Hotelbranche sein. Hauptsache ein Vollzeitjob, von dem ich leben kann.“ Nun, da sie die Räumungsklage nicht mehr belastet, kann sie sich auch wieder voll auf die Arbeitssuche konzentrieren.

Vom Jobcenter erwartet sie wenig Hilfe. Sie hatte einige Auflagen als Schikane empfunden. So berichtete Schulz, dass sie bei Beratungen zum Teil mit einem zweiten Jobsuchenden im Gespräch saß und ihre persönlichen Daten vor Fremden offenlegen musste. Das Jobcenter schreibt dazu in einer Stellungsnahme: „In Spitzenzeiten kann es im Kundenportal zur Vermeidung längerer Wartezeiten vorkommen, dass zum Teil auch auf Büros mit doppelter Personalbelegung zurückgegriffen wird. Hierbei wird in der Regel aber darauf geachtet, dass nicht zwei Kunden gleichzeitig im Büro anwesend sind. Bereits am Empfang machen wir unsere Kunden darauf aufmerksam, dass bei persönlichen Bedenken zum Datenschutz gerne der Wunsch an uns gerichtet werden kann, das Anliegen in einem Einzelbüro zu erörtern.“

Auch die Weiterbildungen, die Schulz von der Agentur für Arbeit vermittelt wurden, hatte sie zum Teil als reine Beschäftigungsmaßnahme empfunden. So sollte sie zum Beispiel den Gabelstaplerschein machen. In einem anderen Fall hatte der Dozent mit den Teilnehmern Rätsel gelöst und Herbstkränze geflochten. Das Abendblatt wollte vom Jobcenter wissen, wie die Qualität von Weiterbildungsmaßnahmen von Dozenten kontrolliert wird. Hierzu schrieb das Jobcenter: „Die Maßnahmen, die von den Kunden besucht werden, unterliegen einer fortlaufenden Überprüfung, in der Art, dass unangemeldete Besuche während des Maßnahmeverlaufs seitens des Jobcenters initiiert werden. Die seitens Ihrer Leser erwähnten Inhalte können so pauschal nicht bestätigt werden.“

Wie lange dauert es durchschnittlich, einen Leistungsbedarf zu errechnen? Im Fall von Silvia Schulz war es so, dass sie drei Monate lang die Miete nicht zahlen konnte und kurz vor der Obdachlosigkeit stand. Das Jobcenter weist darauf hin, dass nach der Antragstellung durch Schulz eine vorläufige Bewilligung der Leistung innerhalb von 14 Tagen erfolgte, was einer generell durchschnittlichen Bearbeitungsdauer entspreche. Nach Eingang der erforderlichen Unterlagen und Klärung der noch offenen Fragen sei dann die endgültige Bewilligung der Leistung innerhalb eines Zeitraumes von weiteren zwei Wochen erfolgt.

Schulz hatte mehrmals Unterlagen beim Jobcenter nachreichen müssen. „Zum Teil hatte ich die schon vorgelegt“, sagt sie. Sie hatte sich darüber geärgert, dass das Jobcenter eine zusätzliche Bestätigung des Ausbildungsbetriebes ihrer Tochter verlangt hatte, obwohl eine Kopie des Ausbildungsvertrages und die Gehaltsabrechnung vorlagen. Dies sei ein gängiges Verfahren, so das Jobcenter, um den Status der laufenden Ausbildung zu bestätigen.