Vier Adventssonntage, vier Perspektiven: Zum Start spricht eine Schenefelder Pastorenfamilie über die Zeit bis zum Fest

Schenefeld. Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. In einer neuen Abendblatt-Serie erklären vier Familien und Gruppen aus dem Kreis Pinneberg mit jeweils unterschiedlichem religiösen Hintergrund, wie sie die Weihnachtszeit erleben. Den Auftakt zum ersten Advent machen die Ottersteins aus Schenefeld, bei denen alles etwas anders ist. Denn während die meisten deutschen Familien in Ruhe Weihnachten feiern, ist für das Pastorenehepaar Otterstein der 24. Dezember Hauptarbeitstag. Wann sie feiern, was für sie das größte Geschenk ist und warum an Heiligabend Hack in Blätterteig auf den Tisch kommt, verrät die Familie im ersten Serienteil.

Kerstin Otterstein gefällt er sehr. „Der ist schön. So einen ähnlichen Kranz haben wir auch immer.“ Der Abendblatt-Adventskranz, der für eine Weihnachtsserie der Regionalausgabe Pinneberg von Familie zu Familie gereicht wird, passt wirklich ausgesprochen gut in die Pastorenwohnung der evangelischen Stephanskirchengemeinde in Schenefeld. Um den Mahagonitisch im Esszimmer haben sich das Ehepaar Kerstin und Paul Otterstein mit ihren Kindern Philipp, 19, Ester, 14, und Mark, 16, versammelt, um zu berichten, wie sie Weihnachten feiern. Zur Stärkung gibt es selbst gebackene Kirchenkekse, die Tür ist aus Schokostreuseln, die Kirchenfenster des Mürbeteigs sind bunt dekoriert. Bei den Ottersteins ist eben alles ein klein wenig anders als bei den meisten anderen Familien. Das liegt am Beruf der Eltern. Beide sind Pastoren und in der der hiesigen Gemeinde tätig. Heiligabend ist somit ihr arbeitsreichster Tag im Jahr. Bei fünf Gottesdiensten vor vollem Haus bleibt keine Zeit für den obligatorischen Festschmaus und das Auspacken der Geschenke unterm klassisch geschmückten Weihnachtsbaum. Das müssen die Ottersteins auf den ersten Weihnachtstag verschieben. Nicht immer zur Freude der Kinder.

„Erst haben sie gar nicht gemerkt, dass es bei uns anders ist. Doch im Kindergartenalter kamen die Nachfragen. Wir haben ihnen erzählt, dass Santa Claus vom Pol aus bis Schenefeld einfach ein wenig braucht“, erinnert sich Kerstin Otterstein. Den „Santa Claus" brachte ihr Mann mit in die Ehe, genauso wie den Nagel, der am Weihnachtsbaum der Familie angebracht wird. Denn Paul Otterstein stammt aus der amerikanischen Stadt North Tonawanda bei Buffalo. „Der lange Nagel soll an die Kreuzigung erinnern. Das geht auf Luther zurück, der die Verbindung zwischen Weihnachten und Karfreitag herstellt. Es betont, dass Jesus gekommen ist, um etwas zu tun“, erklärt Paul Otterstein, der vor knapp 20 Jahren der Liebe wegen nach Schenefeld zog.

Einiges aus seiner Heimat hat er bewahrt und bereichert damit nicht nur das Familien-, sondern auch das Gemeindeleben. Denn dank Paul Otterstein gibt es englische Gottesdienste in der Schenefelder Stephanskirche – auch an Heiligabend. Um 21 Uhr leitet er den „Christmas Eve Candlelight Service“, bei dem neu Zugezogene aus der Region genauso auf den Kirchenbänken Platz nehmen wie englischsprachiger Familienbesuch. Bei allen fünf Gottesdiensten der Gemeinde sind die Ottersteins irgendwie vertreten.

Traditionell leitet Kerstin Otterstein die sehr gut besuchten beiden Kinderchristvespern um 14 und 15.15 Uhr, die anderen hat der 64 Jahre alte Pastor unter seinen Fittichen. Auch die Kinder sind eingebunden. Früher machten sie bei den Aufführungen mit. Der Älteste spielt in der Kirchenband, die beim diesjährigen Mitternachtsgottesdienst auftritt. Zudem sitzen die drei Kinder seit Jahren in der vordersten Reihe bei der Christvesper um 17 Uhr, während ihre Eltern den Gottesdienst gestalten. Anschließend geht’s nach Hause. Essenszeit.

Aufgetischt wird am 24. Dezember Hack in Blätterteig. Diese Tradition brachte die 52-Jährige mit in die Ehe. Ihre Familie aß Karpfen an Heiligabend. Weil das die Kinder nicht gern mochten, wurde die alternative Hack-Blätterteig-Kreation geboren. „Mein Vater war Bäckermeister. Ein selbst gemachter Blätterteig war für ihn ein leichtes“, so Kerstin Otterstein. Und so kommt das heute noch bei ihr an Weihnachten auf den Tisch. Braten gibt es auch, aber erst am 25. Dezember, nachdem die Geschenke verteilt und auspackt wurden.

Dabei ist den Ottersteins wichtig, dass die Kinder nacheinander und in Ruhe ihre Päckchen aufmachen. Schenken in Maßen. Besonders untereinander bleibt das Paar zurückhaltend. „Wir finden, dass man durch die Geburt Christi schon genug beschenkt wurde“, sagt Kerstin Otterstein. Der Kommerz rund ums Fest gefällt ihnen deshalb auch nicht, aber ihren Kindern wollten sie die Geschenke nicht vorenthalten. „Ich habe vermieden, mit den Kindern in der Adventszeit einkaufen zu gehen, weil dort viel zu früh schon Weihnachten Einzug hält. Da begegnen einem Wochen vorher Geschenke verteilende Weihnachtsmänner“, erinnert sich Otterstein.

Für sie und ihren Mann ist klar: Weihnachten beginnt mit der Geburt Christi und nicht vorher. „Das haben wir auch den Kindern mitgegeben“, so Kerstin Otterstein. Aus demselben Grund mag die Pastorin auch die Vorgartendekoration nicht, die in der Adventszeit manches Haus so hell erleuchtet. „Das ist falsch. Mit dem Adventkranz und dem Anzünden der Kerzen bereiten wir uns langsam auf Heiligabend vor. Es wird jeweils ein klein bisschen heller. Das eigentliche Licht erstrahlt dann an Heiligabend.“