Heike Döpke über ihre ersten 100 Tage als Bürgermeisterin und zahlreiche neue Aufgaben

Barmstedt. Mit ihrem engagierten, freundlich-verbindlichen Wahlkampf überraschte sie alle. Ihre drei männlichen Gegenkandidaten aus Barmstedt und die Politik. Die Wähler überzeugte ihre Bürgernähe und dass sie als Hannoveranerin einen neuen Blick von außen versprach. Jetzt ist Heike Döpke, 52, 100 Tage im Amt.

Hamburger Abendblatt:

Frau Döpke, was haben Sie für Barmstedt bisher erreicht?

Heike Döpke:

Um wirklich etwas zu erreichen, sind 100 Tage zu kurz. In 100 Tagen können Sie alles aufnehmen, alles ansprechen. Als Verwaltungsleiterin kümmere ich mich um 94 Mitarbeiter im Rathaus, in den Schulen, Kindergärten und anderen städtischen Einrichtungen. Ich habe mich bei Landrat Oliver Stolz und allen Bürgermeistern der anderen Städte vorgestellt. Ein Kollege sagte mir, einem Bürgermeister müsse man 1000 Tage Amtszeit zuerkennen, damit er alles einmal gemacht habe.

Haben Sie sich die Arbeit so vorgestellt?

Döpke:

Ja. Dass ich hier ins Volle springe, war klar. Der Wahlkampf wirkt nach. Da zeigte sich bereits, dass es eine Menge Themen gibt, die abzuarbeiten sind. Es gibt auch Themenfelder, auf die man sich nicht vorbereiten kann.

Inwiefern?

Döpke:

Ich musste lernen, dass Eigentum und Betrieb der Abwasserrohre ganz unterschiedliche Dinge sind.

Worin bestehen die Unterschiede zur Stadtverwaltung Hannover?

Döpke:

Dass man hier viel enger mit den Bürgern zusammen ist. Das ist für mich bei der Fülle an Aufgaben der Punkt, der mich am meisten trägt: Wenn ich durch die Stadt gehe, werde ich oft positiv angesprochen. In Hannover ist man da viel anonymer. Da war ich gut vernetzt in der Verwaltung. Das muss ich mir hier erst aufbauen. Es gibt viele gemeinsame Interessen mit anderen Kommunen, die es zu fördern gilt. Da kann man viel lernen und sich austauschen. Hannover ist eine kreisfreie Stadt. Hier hat der Kreis die Aufgabe der Kommunalaufsicht über Barmstedt. Das ist sicher der wesentliche Unterschied. In Hannover gibt es wiederum nicht diese enge Zusammenarbeit mit dem Ehrenamt wie hier in Barmstedt.

Wie schätzen Sie die Mitarbeiter ein?

Döpke:

Im Rathaus bin ich absolut positiv aufgenommen worden. Die Mitarbeiter haben mich klasse unterstützt. Das ist eine super Zusammenarbeit. Ich fühle mich wunderbar aufgehoben.

Planen Sie Veränderungen?

Döpke:

Das wird sich zeigen. Es gibt regelmäßige Gespräche. Wir planen eine Führungskräfte-Klausur. Das Tourismusbüro soll woanders hin, weil es zu weit weg ist vom Kundenverkehr. Ich habe vor, Stadtmarketing, Tourismus und Wirtschaftsförderung enger zu verzahnen. Die Mitarbeiter wissen das. Das Ziel muss dabei immer sein, die Mitarbeiter bei jedem Schritt mitzunehmen.

Reicht das Personal aus?

Döpke:

Im Sozialamt ist uns eine zusätzliche Stelle bewilligt worden, weil die Aufgaben nicht mehr zu bewältigen waren. Im Tourismusbüro kündigt sich ein Wechsel an. Ansonsten sind zurzeit keine personellen Veränderungen geplant.

Sie betonten im Wahlkampf , wie wichtig Ihnen eine bürgerfreundliche Verwaltung wäre. Sie wollten eine Bürger-Bürgermeisterin sein. Ist das zu spüren?

Döpke:

Der Bürgerservice-Bereich im Rathaus-Foyer soll umgestaltet werden. Da müssen die Bürger zum Teil im Flur stehen und warten. Das ist alles andere als bürgerfreundlich. Da werden wir eine angenehme Wartezone einrichten, die weiterhin den Datenschutz gewährleistet. So schön die transparenten Glaswände auch sein mögen, man kann durch sie hindurchhören.

Regelmäßige Sprechstunden und Info-Tische auf den Wochenmärkten hatten Sie angekündigt.

Döpke:

Die Sprechstunden gibt es. Sie sind auch sehr gut besucht. Jeden dritten Donnerstag im Monat bin ich von 16 bis 18 Uhr für jedermann zu sprechen. Auf den Wochenmarkt habe ich es noch nicht geschafft. Zunächst wollte ich alle Schulen, Kindergärten, Bücherei, Jugendzentrum, Spieliothek, Altenheime, Vereine und Verbände in der Stadt kennen lernen. Da habe ich überall mit den Mitarbeitern gesprochen ebenso wie in den Ämtern Rantzau und Hörnerkirchen, Letzteres verwalten wir ja mit.

Wie sehen Sie Ihr Verhältnis zur Politik?

Döpke:

Das ist im Aufbau und auf einem guten Weg. Ich möchte ein gutes Verhältnis zu allen Fraktionen im Rat haben. Ich komme auch gerne zu den Fraktionssitzungen. So war ich bei den Grünen und der SPD, die mich im Wahlkampf unterstützt hat. Aber auch die FDP hat mich eingeladen.

Die CDU und FWB, die gegen Sie kandidierten, halten sich zurück?

Döpke:

Das hat sich noch nicht ergeben. Mein Angebot steht, zu einer Fraktionssitzung zu kommen. Aber es gibt ohnehin die Absprache, wichtige Themen mit allen Fraktionschefs zu besprechen. Die geplante Sohlgleite an der Krückau, die ein Bürgerentscheid zu Fall brachte, oder die gesperrte Sporthalle waren solche Themen.

Die 5,5 Millionen Euro teure Sporthalle bleibt wegen Wasserschäden für Monate gesperrt. Wie konnte das passieren?

Döpke:

Das hat verschiedene Gründe. Die Beweissicherung ist noch nicht abgeschlossen und wird jetzt gerichtlich festgestellt.

Das heißt?

Döpke:

Dass es noch weitere Gutachten geben muss, die vom Gericht bestellt werden. Wir haben zwei Gutachten vorliegen, eines von der Stadt und eines der Versicherung. Aber die Ursachen für die großen Wasserschäden haben sie nicht klären können. Das muss jetzt gutachterlich festgestellt werden, welche Gewerke wofür verantwortlich sind?

Wie hoch ist aus heutiger Sicht der Schaden für die Stadt Barmstedt?

Döpke:

Das wissen wir noch nicht. Aber das geht in die Hunderttausende.

Bei den Stadtwerken herrscht ein Streit zwischen Werkleitung und Betriebsrat, ob die Vertriebs GmbH dem kommunalen Arbeitgeberverband beitreten und die Mitarbeiter somit tariflich bezahlt werden sollen. Was raten Sie der Politik?

Döpke:

Ich werde der Politik nicht reinreden. Meine Position ist, dass ich für einen Tarifvertrag und für den Beitritt in den kommunalen Arbeitgeberverband bin. Barmstedt ist öffentlicher Arbeitgeber und muss bei seiner Auftragsvergabe das Tariftreuegesetz achten. Da gibt es für mich keinen anderen Weg, als dass alle Mitarbeiter bei den Stadtwerken einem Tarifvertrag angehören. Aber das überlasse ich der Politik.

Die Politik hat eine Entscheidung auf Januar vertagt. Es zeichnet sich ein Haustarif ab, der nicht für provisionsabhängig Beschäftigte gelten soll. Die Altersversorgung soll nicht dem VBL-Standard entsprechen. Könnten Sie damit leben?

Döpke:

Es wird zu prüfen sein, ob ein solcher Haustarif möglich sein wird und die provisionsabhängig Beschäftigten außen vor bleiben. Persönlich bin ich für eine einheitliche Tariflösung.

Haben Sie sich persönlich gut eingelebt?

Döpke:

Ja. Perfekt. Den Luxus hatte ich noch nie, einen Fußweg von fünf Minuten zu meinem Arbeitsplatz zu haben.

Führen Sie eine Wochenendehe mit Ihrem Mann Frank, der in Hannover geblieben ist? Gibt es bald eine Familienzusammenführung bei Döpkes?

Döpke:

Diese Frage stellt sich im Moment nicht. Barmstedt ist das Wichtigste. Darum nehme ich hier auch Termine am Wochenende wahr. Dann kommt mein Mann hierher wie an diesem Wochenende zum Weihnachtsmarkt. Es wechselt. Es ist manchmal nur ein halbes Wochenende, das wir uns sehen. Wenn man gut durchkommt, ist man in zwei Stunden hier oder da. Das haben wir gut organisiert. Das kann sich ändern, wenn die A 7 bald ausgebaut wird.

Was hat Sie überrascht?

Döpke:

Ich hätte vorher nie gedacht, dass man 60 Stunden in der Woche arbeiten kann. Aber das geht locker.

Ist das nicht anstrengend?

Döpke:

Man merkt es natürlich. Aber solange die positiven Dinge überwiegen, lässt es sich gut leben. Man lebt den Job als Bürgermeisterin.