Der Quickborner Gunnar Tilge ist seit 21 Jahren Mitglied der „Hamburg Caledonian Pipes & Drums“

Quickborn. Mit seinen fröhlichen, brauen Augen und seinem grauen Bart könnte Gunnar Tilge glatt als Schotte durchgehen. Aber im Stammbaum des 63 Jahre alten Quickborners findet sich kein einziger Vorfahre von der grünen Insel. Dennoch zieht sich Tilge für Auftritte gern seinen karierten Kilt mit Sporrau (so heißt die traditionelle Tasche), Kniestrümpfen, Weste, Jackett und Glengarry (Mütze) über. Seit 21 Jahren ist der Quickborner Mitglied der „Hamburg Caledonian Pipes & Drums" und spielt dort Dudelsack.

Wie kommt ein Quickborner dazu, sich einen Rock anzuziehen und einen Sack unter den Arm zu klemmen, um hineinzublasen? Konkreter: Wie ist der pensionierte Polizist auf den Dudelsack gekommen?

„Ich war schon als Kind fasziniert von der Dudelsack-Musik. Wenn ich sie zufällig im Radio hörte, wurde ich immer ganz kribbelig." Viel später – bereits erwachsen - bekam der gebürtige Hamburger Jung dann eine „Pipe" geschenkt. „Ich versuchte ihr Töne zu entlocken, aber es kam nichts heraus", erinnert sich Tilge, der darum per Inserat auf die Suche nach einem Lehrer ging. Vergeblich. Erst ein Straßenmusiker in Bergedorf half, Kontakt zum Schotten Dr. Allan Campell herzustellen, der Tilge unterrichtete.

„Es begann eine harte, jahrelange Arbeit." Dudelsack-Spielen erlernt niemand über Nacht. Erst recht nicht Tilge, der zuvor kein Instrument spielte und nicht mal Noten lesen konnte. Aber auch geübte Musiker können schon mal verzweifeln, wenn sie versuchen, Dudelsack zu spielen. Tilge: „Die Schotten sagen, Du musst sieben Jahre lernen, sieben Jahre üben und sieben Jahre spielen, bevor Du die Pipe beherrscht."

Tilge spielt jetzt seit 28 Jahren. Die Anfänge waren allerdings mehr als beschwerlich: „Ein Jahr lang quälte ich mich nur auf der Übungs-Pipe ab." Das ist eine Flöte ohne Sack, auf der die Stücke einstudiert werden. Als der Schüler dann erstmals seinen Dudelsack unter den Arm klemmen durfte, war die Enttäuschung groß: „Ich bekam keinen Ton heraus. Mir wurde schwindelig." Es dauerte wieder Monate, bis er das Blasen, Spielen und Drücken einigermaßen koordinieren konnte.

Der Dudelsack funktioniert nämlich so: Der Spieler bläst zunächst den Sack auf, der mit den drei „Drones", die die Musik erzeugen, verbunden ist. Der Luftvorrat im Sack dient allein dazu, die Atempausen zu überbrücken. Wenn der Spieler Luft holt, muss er mit genau dem selben Druck seinen Arm auf den Sack drücken, mit dem er geblasen hat. Gleichzeitig gilt es, auf der Flöte die Melodie zu spielen.

„Das braucht jahrelange Übung. Wir Dudelsack-Spieler sind alle im positiven Sinne verrückt“, sagt Tilge und lächelt verschmitzt: „Kein Wunder, dass von 30 Anfängern nur einer dabei bleibt.“ In Hamburg und Umgebung gibt es trotzdem mehr als nur einen positiv Verrückten. Allein Tilges Pipe-Band zählt zwölf Mitglieder, wovon nur einer Schotte ist. Gemeinsam meistern sie Auftritte, Konzerte, nehmen an Benefiz-Veranstaltungen teil und beteiligen sich an Wettbewerben. „Dann muss auch noch marschiert werden, das erfordert noch mehr Koordination.“ Zu den Proben kommen Übungswochenenden und Workshops mit anderen Pipern und natürlich Reisen nach Schottland, Irland und Canada, wo sich die Hamburger mit Dudelsack-Spielern aus der ganzen Welt treffen und gemeinsam lernen.

Und, wie fühlt es sich an, in einem karierten Röckchen mit Kniestrümpfen und einem Sack unter dem Arm? „Toll, ich weiß gar nicht warum Frauen Hosen tragen. Der Kilt ist doch viel bequemer", sagt Tilge, will aber die Frage, was er unter dem Rock trägt, nicht konkret antworten: „Hochheben und nachgucken ist verboten!“

Die Dudelsack-Band „Hamburg Caledonian Pipes & Drums" bietet ungewöhnliche Töne für jeden Anlass. Sie kann für Feiern gebucht werden. Alle Auftritte und die Kontaktdaten sind im Internet unter www.HCPD.de zu finden. Auch wer selbst lernen möchte, den Dudelsack zu spielen, kann sich melden, oder Gunnar Tilge direkt anrufen: 04106/ 82632.