GAB-Chef Gerd Doose hört nach 21 Jahren auf. Er machte aus der Kreis-Abfallgesellschaft ein florierendes Unternehmen

Kreis Pinneberg. 1992 holte ihn Landrat Berend Harms, um die Mülldeponiepläne im Kreis Pinneberg umzusetzen. Daraus wurde zwar nichts, Gerd Doose aber blieb und machte aus dem reinen Müllverbrennungsbetrieb in Tornesch-Ahrenlohe ein hoch profitables Unternehmen, das von der Gewerbemüllsortierung bis zur Biomüllkompostierung alle Facetten der Abfallwirtschaft abdeckt. Zum Jahresende hört er nach 21 Jahren als Geschäftsführer der Gesellschaft für Abfallbehandlung (GAB) auf. „Ich hätte weitermachen können, wollte aber jüngeren die Möglichkeit geben, die Weichen für die Zukunft zu stellen“, sagt der 62 Jahre alte leidenschaftliche HSV-Fan, BMW-Motorradfahrer und Zigarillo-Raucher.

Doose, der erst Berufspädagogik in Stuttgart, dann Bauingenieurswesen in Lübeck studierte, heuerte 1976 beim Autobahnamt an und plante die A 215 von Kiel nach Bordesholm mit. Doch die Arbeit machte ihm keinen Spaß. „Meine Frau Patricia sagte: ‚Hör auf zu nörgeln und such dir einen anderen Job.‘“ Die Ansage war deutlich und Doose wechselte 1988 zum Wegezweckverband, der den Hausmüll im Kreis Segeberg entsorgt. Dort war er dafür verantwortlich, die Abfalldeponie in Damsdorf zu bauen. So wurde Landrat Harms auf ihn aufmerksam und warb ihn für den Kreis Pinneberg an.

Hier war die Suche nach einer Deponie, die 250.000 Kubikmeter Müll aufnehmen sollte, das beherrschende Thema. 74 Standorte wurden untersucht, die Bürger liefen Sturm dagegen. Als 1996 Groß-Offenseth als Standort auserkoren und 4,5 Millionen Mark Planungskosten ausgegeben waren, machte das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz den Bau der Deponie überflüssig. Nun war vorgeschrieben, dass der Hausmüll von 2005 an immer erst verbrannt werden muss, was die zu lagernden Müllmengen drastisch reduzierte. Der Kreistag reagierte, indem er der GAB nicht nur die Entsorgung, sondern auch die strategische Planung übertrug.

Jetzt war Gerd Doose in seinem Element. Mit voller Energie schmiedete er das landesweit erste kommunale Abfallbündnis mit den Nachbarkreisen Steinburg und Dithmarschen. Die 1997 gegründete Abfallentsorgung Unterelbe (AUE) bereitete die spätere Arbeitsteilung vor, die seit 2005 so praktiziert wird und 2015 ausläuft: In Tornesch wird der Hausmüll aller drei Kreise verbrannt. Die Asche-Schlacke wird in Ecklak bei Itzehoe eingelagert. Für die GAB bedeutete dies, dass der Ofen, der 80.000 Tonnen Müll im Jahr verfeuern kann, für Jahre ausgelastet und die Arbeitsplätze solange gesichert sind. Für den Bürger hieß das, dass die Müllgebühren erstmals sanken, die sich seit 1984 verdreifacht hatten. Diese sind seit 2001 praktisch stabil geblieben.

Dass die Nachbarkreise jetzt aus dem Abfallbündnis aussteigen, bedauert Doose. „Ich hätte mir gewünscht, dass wir weiter gemeinsam die Abfallwirtschaft im Unterelberaum entwickeln würden. Aber diese Idee ist leider tot. Jeder schaut nur auf seinen eigenen Vorteil.“ Steinburg und Dithmarschen könnten ab 2016 ihren Müll billiger von einer Papierfabrik in Glückstadt verbrennen lassen. Das lässt keinen Spielraum für perspektivische Planungen.

Dafür bastelte Doose an der Zukunftsfähigkeit seines Unternehmens und schnürte die erste öffentlich-private Partnerschaft eines Kreis-Unternehmens. „Wir brauchen einen privaten Partner“, forderte Doose 1999 von den Kreispolitikern. Um sie von dem Einstieg eines privaten Entsorgers zu überzeugen, lud der pfiffige GAB-Chef sie auf eine Rundreise ein. Mit einem Privatjet ging es nach West- und Süddeutschland zu den größten Anbietern der Branche: RWE-Umwelt, Rethmann und Veolia. „Die Politiker sollten sich mal fühlen wie richtige Unternehmer“, sagt Doose heute.

Der Einsatz lohnte sich. Im April 2000 beschloss der Aufsichtsrat der GAB, die kreiseigene Gesellschaft zu privatisieren. Jetzt entwickelte sich ein Privatisierungskrimi. Ein halbes Dutzend Firmen gab Angebote ab. Den Zuschlag erhielt im Mai 2001 RWE-Umwelt. Es zahlte für 49 Prozent der GAB-Anteile 43 Millionen Mark. Doch das Familienunternehmen Rethmann aus Lünen gab nicht so schnell auf. Erst bot es 60 Millionen Mark unmittelbar vor der Kreistagsentscheidung. Dann klagte es vor dem Bundeskartellamt gegen den Einstieg von RWE bei der GAB und erreichte einen Teilerfolg. Die GAB musste ihre Müllabfuhr-Tochter Hameg an den Kreis abgeben, weil RWE sonst mit 60 Prozent eine marktbeherrschende Rolle in Schleswig-Holstein eingenommen hätte. Der Kaufpreis für den Kreis sank so von 22 auf 19 Millionen Euro.

Schließlich kam Rethmann, das sich in Remondis umbenannte, doch noch zum Zug. 2005 verkaufte RWE seine Umweltsparte an Europas größten Müllentsorger, der seitdem an der GAB beteiligt ist. Eine Partnerschaft, die sich bewährt habe, findet Doose. „Es herrscht jetzt eine andere Kultur im Aufsichtsrat. Die Politiker akzeptieren den Sachverstand der Profis.“

Den jährlichen Betriebsgewinn von fünf Millionen Euro teilt sich der Kreis mit Remondis. In Dooses Ägide hat sich der Umsatz von 15 auf 45 Millionen Euro verdreifacht, die Zahl der Mitarbeiter ist von 90 auf 196 gestiegen. „Die GAB ist gut aufgestellt“, sagt Doose. „Der Gemischtwarenladen lässt sie gut auf Marktschwankungen reagieren.“

Am 19. Dezember wird Gerd Doose offiziell verabschiedet. Er will jetzt seinen Flugschein machen. Dann kann er selbst einen Privatjet fliegen.