Bürger sind sauer über unzuverlässige Zustellung. Rathaus passt sogar Fristen dem langsamen Briefweg an

Schenefeld . Früher, in den PS starken Zeiten, da ging die Post ab. Heute? Naja, da lässt sie auf sich warten, sagen zumindest die Schenefelder Karin Speck und Hans-Jürgen Rothenstein. Die beiden wohnen in der Mühlenstraße. Dort ärgern sich die Anwohner seit Wochen über die unzuverlässige Zustellung. Der tägliche Gang zum Briefkasten endet häufig mit einer Enttäuschung. Die abonnierte Handballwoche fehlt. Die Frauenzeitschrift kommt mit einem oder zwei Tagen Verspätung, berichten die Anwohner einhellig. „Das ist ärgerlich, aber davon geht die Welt nicht unter“, sagt Rothenstein. Anders sieht er das im Fall seiner Tochter.

Die angehende Lehrerin wartet auf Rückmeldungen aus den Bundesländern, in denen sie sich um eine Stelle beworben hat. „Es geht um Fristen. Da muss ich mich darauf verlassen können, dass die Post zuverlässig zugestellt wird“, kritisiert der 66-Jährige. Auch Speck wartet auf ein wichtiges Einschreiben und hat Bammel, dass es nicht ankommt. Sie und Rothenstein sind sich sicher, dass sie der Postenbote eine Woche lang komplett ignoriert hat. Nachdem sie sich beschwerten, lagen plötzlich am Montag stapelweise Briefe im Kasten. „Dabei bekommen wir montags sonst nie Post“, so Speck. Dafür war der Briefkasten der Nachbarn, der gut sichtbar angebracht ist, wieder leer.

„Es ist nicht alles so gelaufen, wie es sollte“, räumt Post-Pressesprecher Martin Grundler auf Abendblatt-Nachfrage ein. Eine Betriebsversammlung am 30. Oktober sowie die viele Post, die derzeit aufgrund des Weihnachtsgeschäftes schon im Umlauf sei, seien Schuld daran. Da am 30. Oktober keine Post ausgeliefert werden konnte, mussten die Zusteller am Tag darauf die Post von zwei Tagen ausliefern – und das zu einer Zeit, in der viel zu tun sei. „Durch das Zusammentreffen dieser unglücklichen Umstände konnten vereinzelt Touren nicht beendet werden. Sie wurden erst einen Tag später zu Ende gebracht“, so Grundler. „Das ist ärgerlich und wir können uns dafür nur entschuldigen. Aber jetzt läuft es.“

Das sehen nicht nur Rothenstein und Speck anders, sondern auch im Schenefelder Rathaus haben die Mitarbeiter einen anderen Eindruck gewonnen. „Unsere eigenen Erfahrungen mit der Postzustellung sind dauerhaft flächendeckend schlecht“, kritisiert der büroleitende Beamte Melf Kayser. Die Schenefelder Rathausmitarbeiter haben sich mit dem Problem arrangiert. So wurden Fristen dem langen Briefweg angepasst. Kayser hat gleich mehrere Beispiel dafür parat, dass es sich bei dem Ärger in der Mühlenstraßen eben nicht um einen Einzelfall handelt. Täglich gehen in der Stadtverwaltung zahlreiche Briefe ein. Laut Kayser hält sich die Menge meist die Waage. Außer am Dienstag. „Da bekommen wir als Verwaltung keine Post“, so Kayser. Das merke man daran, dass sich am Mittwoch die Briefe stapelten. „Das ist offensichtlich die Post des Vortages.“ Ärger gab es auch mit der Zustellung der Benachrichtigungskarten zur Bundestagswahl 2013. „Wir haben diesmal überdurchschnittlich viele Karten mit dem Hinweis unzustellbar zurückbekommen. Unser Außendienst ist zu den Adressaten gefahren, und sie waren ganz einfach zu ermitteln“, berichtet Kayser, der sich über Kosten und Aufwand ärgert. „Es ist eine Frechheit. Aber wir haben keine Alternativen.“

Mit der Suche nach einem anderen Anbieter haben sich die Rathausmitarbeiter mehrmals befasst. Unter anderem nach der Seniorenbeiratswahl 2011, bei der nach Schätzungen der Verwaltung bis 30 Prozent der Wähler ihre Benachrichtigung nicht rechtzeitig erhielten. Zuvor gab es 2009 Zoff zwischen Post und Stadt. Zur Bundestagswahl sorgten die Zeitverzögerungen bei der Zustellung der Wahlbenachrichtigungskarten für Verwirrung. Da erhielt der Mann im Haus eine, während die Ehefrau lange darauf warten musste und sich im Rathaus beschwerte. „Die Post prüft das dann und kann sich die Vorfälle nicht erklären“, so Kayser.

Ein Schenefelder Dauerproblem? Davon will Grundler nichts wissen. In Einzelfällen sei nicht auszuschließen, dass Touren nicht beendet werden könnten. Aber er verspricht: „Wir stellen an allen Werktagen zu.“

Die Gemeinde Haselau, in der die tägliche Zustellung auch auf sich warten ließ, fassten sich die Bürger ein Herz und starteten die Aktion „Postzustellerfreundliche Gemeinde“. Die Idee: Wenn die Post nicht zu einem kommt, muss der Briefkasten eben näher zur Post.