Bis zu 60 befristete Stellen in Produktion fallen weg. Stammbelegschaft vorerst sicher

Elmshorn. Wie es für ihn weitergeht, weiß Daniel Rutkowski aus Neuendeich nicht. Der 38-Jährige arbeitet seit vier Monaten beim Autozulieferer Autoliv in Elmshorn in der Produktion. Am Donnerstag hat ihm sein Teamleiter verkündet, dass er davon ausgehen muss, dass er spätestens Ende des Jahres gehen muss und mit ihm 60 weitere Zeitarbeitskräfte. Zudem könnten auch 13 befristete Verträge mit dem Ende des Jahres auslaufen.

„Ganz unerwartet kam die Ansage nicht“, sagt Daniel Rutkowski. Eine Woche zuvor hatten der Betriebsrat Autoliv und die IG Metall erklärt, dass es 2014 keinen Abbau von Stammarbeitsplätzen im Produktionsbereich am Standort Elmshorn geben soll. Vorausgegangen war ein monatelanges Ringen darüber, ob der Sozialtarifvertrag mit dem Jahr 2014 auslaufen soll. Das Management wollte auf die aus ihrer Sicht unbefriedigende Gewinnsituation, ausgelöst durch die Absatzkrise der europäischen Automobilindustrie, mit Stellenabbau reagieren.

Der Weltmarktführer für Sicherheitssysteme im Auto mit Sitz in Stockholm ist mit über 80 Werken in 29 Ländern auf jedem Kontinent vertreten, beschäftigt 51.000 Mitarbeiter und konnte seinen Umsatz zuletzt auf rund sechs Milliarden Euro steigern. Offensichtlich nicht genug. Erklärte Konzertstrategie des schwedisch-amerikanischen Herstellers von automobilen Sicherheitssystemen ist es, die Serienproduktion in Niedriglohnländer zu verlagern. In Elmshorn hatten Betriebsrat und IG Metall seit Jahren dagegen angekämpft. Um betriebsbedingte Kündigungen zu verhindern, hatte sich der Betriebsrat nun bereit erklärt, „nicht länger die Verlagerungsplanung zu blockieren“.

„Man hat schon Angst, nach Urlaub zu fragen oder krank zu werden“, sagt Rutkoswki. Ein Kollege, der nach Urlaub gefragt hatte, sei sofort abgemeldet worden. „Da hat man schon Existenzangst“, sagt der gelernte Gerüstbauer, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in dem Beruf arbeiten kann. „Einen Ausfall kann ich mir finanziell nicht leisten“, sagt er. Er müsse Miete, Nebenkosten, Auto und Unterhalt für seine Tochter zahlen.

Rutkowski wünscht sich, dass er seinen Arbeitsplatz behalten könnte. Das Arbeitsklima unter Kollegen und Teamleitern sei sehr gut und die Arbeit abwechslungsreich. Er baut Retraktoren, Distanzplatten, verschraubt Abdeckungen. Daniel Rutkoswki ist auch mit dem Gehalt zufrieden. Der reguläre Lohn bei Zeitarbeitsfirmen liege bei 8,19 Euro. Bei Autoliv bekäme er 11,87 Euro die Stunde, ein Lohn der sich am Tarif der Stammarbeiter orientiert.

„Wir haben mit dem Arbeitgeber vereinbart, dass Autoliv mit den Zeitarbeitskräften kein Geld sparen darf“, sagt Klaus Brüggemann, Betriebsratsvorsitzender. Es gehe dem Konzern auch nicht um Lohndumping, sondern um Flexibilität. Besorgt beobachtet er die Schließung des Autoliv-Standorts im sächsischen Döbeln. Seit 1991 waren hier Sicherheitsgurte, Gurtschlösser und Höhenversteller herstellt worden. Nun wurde die Produktion gänzlich nach Osteuropa verlagert. „Dabei haben die Kollegen im Osten schon 25 Prozent weniger verdient“, sagt Brüggemann. „Aber Arbeiter in Polen, Ungarn und Rumänien sind eben billiger.“ Er werde heute schon von den Kollegen in Elmshorn gefragt, wie es 2015 weitergehen solle. Er wisse es nicht. „Die Arbeiter haben Angst, dass die Produktion auch hier komplett geschlossen wird.“ Der schleichende Abbau zeige, dass diese Furcht nicht unbegründet sei. „Vor acht Jahren waren wir noch 650 Mitarbeiter in der Produktion.“ Heute zählt die Stammbelegschaft knapp 300.

Betriebsrat und IG Metall wollen weiter für den Standort Elmshorn kämpfen. Die Vereinbarung mit dem Management sieht den Aufbau von Arbeitsplätzen im Ersatzteil- und Nischenmarkt vor, um die fest Angestellten in der Produktion abzusichern.

Zu einer Stellungnahme darüber hinaus war die Geschäftsleitung nicht bereit. „Über die Pressemitteilung des Betriebsrates Autoliv und der IG Metall hinaus machen wir keine weiteren Angaben“, so eine Sprecherin des Konzerns in Dachau.

Die IG Metall Unterelbe ruft Kollegen bei Autoliv in Elmshorn am Montag, 11. November, von 11.11 Uhr an zum Warnstreik für die Durchsetzung eines Tarifvertrages zum Thema Altersteilzeit und Übernahme der Auszubildenden auf.