Die Kantorei der Quickborner Marienkirche bringt Brahms’ weltberühmtes Deutsches Requiem auf die Bühne

Quickborn. Trost, nicht Totenklage, ist der zentrale Gedanke des Deutschen Requiems. Mit seinem 1869 in Leipzig uraufgeführten Meisterwerk wendet Johannes Brahms sich den Lebenden zu. Er macht den Trauernden Mut. Und zwar so fesselnd, dass die weltberühmte Komposition, die von der Anlage her mehr einem Oratorium ohne Dramaturgie als einem klassischen Requiem ähnelt, bis heute die Menschen fasziniert. Viele Musikexperten stellen sie in eine Reihe mit Geniestreichen wie Bachs h-Moll-Messe und Beethovens „Missa solemnis“. Deshalb gehört dieses Requiem zum Standardrepertoire anspruchsvoller deutscher Vokalensembles.

Jetzt wagt sich die Kantorei der Marienkirche Quickborn an den romantischen Klassiker. Am Sonnabend, 9. November, führt sie es unter Leitung von Michael Schmult, 41, im Gotteshaus am Christian-Frederik-Hansen-Platz auf. Sopranistin Ilse-Christine Otto und Bariton Guido Weber übernehmen die Solopartien, das Ensemble Cantate spielt. Los geht es um 18 Uhr. Karten zu jeweils 15 Euro gibt es in der Quickborner Buchhandlung Theophil, Am Freibad 4a, und an der Abendkasse.

Seit Januar proben die 65 Sängerinnen und Sänger an den komplexen Sätzen. Und müssen dabei auf all ihre Erfahrung und Hartnäckigkeit zurückgreifen. Denn so schön sie anzuhören ist, so schwer ist diese Musik zu singen und zu spielen. „Für die Chorsänger ist das anfangs schwere, sperrige Kost“, sagt Michael Schmult, Kirchenmusiker an der Quickborner Marienkirche. „Jede Stimme ist in sich kompliziert und recht hoch, selbst im Bass.“ Da heißt es Zähne zusammenbeißen, Töne pauken, an der Stimmtechnik und den rhythmischen Klippen feilen. „Es ist hilfreich, wenn man das Stück schon mal als Ganzes gehört hat, etwa auf einer CD“, sagt Schmult. „Das gut zu singen, ist richtig schwer.“

Für den Romantik-Fan, der mit der Kantorei in den vergangenen Jahren bereits die Oratorien „Elias“ und „Paulus“ seines anderen Lieblingskomponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy auf die schmale Bühne der Marienkirche gebracht hat, erfüllt sich mit der Aufführung auch ein persönlicher Traum: „ Diese Musik und die Texte haben mich schon immer bewegt. Das Requiem ist einfach tröstlich.“ Es fordert aber eben auch die hohe Schule des Gesangs. „Ich habe ein bisschen gebraucht, um mich da heranzutrauen, weil ich weiß, dass diese Musik für alle, besonders für den Chor, eine große Herausforderung ist “, sagt der Kantor.

Er ist kein Freund der großen Pose, keiner, der sich bei öffentlichkeitswirksamen Auftritten im Glanz des Erfolges sonnt. Im Gegenteil: „Die Konzerte sind zwar Höhepunkte im Jahr, aber nicht der Kern meiner Tätigkeit.“ Wichtiger sei ihm die Arbeit mit der Gemeinde, die Grundlagenarbeit mit Kinder- und Jugendchören, die Gottesdienste, an denen die Kantorei mindestens einmal pro Monat mitwirkt, der Posaunenchor. Bei den Kindermusiktagen der Marienkirche habe die Gemeinde Nachwuchs für das traditionsreiche Ensemble aus Posaunen, Trompeten, Tuben und Waldhörnern gefunden. „Das läuft echt gut“, sagt der Pianist, Organist, Bariton und Waldhornspieler Schmult.

In seinen 15 Jahren als Kirchenmusiker in Quickborn hat er mit der Kantorei, die unter seinem Vorgänger musikalisch eher im Barock unterwegs war, die ganz andere Klangwelt der Romantik erforscht. „Da muss man sich erst hineinfinden, die Harmonien sind anders, Dynamik und Tempo ausgefeilter als in vielen barocken Kompositionen“, sagt Schmult. „Das geht oft nicht so leicht ins Ohr.“ In romantischen Oratorien würden Töne und Worte stärker ineinander fließen als in barocken, alles werde verbunden, die Sänger müssten einzelne Töne stärker modulieren, also beispielsweise lauter und leiser werden. „Da braucht man eine gute Technik.“ Dass sie auf diesem Gebiet inzwischen ziemlich fit sind, haben die Sänger in den vergangenen Jahren nicht nur bei den Mendelssohn-Oratorien, sondern auch bei Messen des Frühromantikers Schubert und des Wiener Klassikers Haydn sowie Brahms’ „Missa canonica“ bewiesen. Nach diesen „Fingerübungen“ geht es jetzt ans Eingemachte: „Das Requiem ist die Kür“, sagt er.

Die Latte liegt also ziemlich hoch, die Vorbereitungen kosten Nerven, doch Lampenfieber wegen der schwierigen Passagen hat Michael Schmult nicht. „Angst habe ich nur vor Absagen von Solisten oder Orchestermusikern jetzt direkt vor dem Konzert. Wenn da jemand ausfällt, ist das nur schwer zu kompensieren.“