Nach turbulenter Krisenzeit steuert der Verein um. Strukturreform durch neue Satzung

Schenefeld. „Vom kleinen Stern, der leuchtet“ sangen Rosi und die Knallerbsen. Die integrative Band der Lebenshilfe Schenefeld eröffnete mit diesem Lied die Mitgliederversammlung am Montagabend. Überhaupt wurden diesmal ganz neue Töne angeschlagen. Statt Krisenbewältigung und Streitigkeiten herrschte Aufbruchstimmung. Der Verein, der 267 Mitarbeiter beschäftigt, 200 Menschen mit Behinderung betreut und unter anderem drei Kindergärten in Schenefeld betreibt, hat den Kurswechsel eingeleitet. Musste er aber auch. Sowohl die geldgebenden Kreditinstitute als auch der Dachverband der Lebenshilfe hatte nach Mobbingaffären und einem Finanzdesaster das Umlenken gefordert und Fristen gesetzt. Der Druck auf den neuen Vorstand war groß, die Aufgabenzahl noch viel größer.

Knapp eine Stunde benötigt die Vereinschefin Christine Heins, um die Entwicklungen und Fortschritte der vergangenen Monate aufzuzählen. Vieles wurde angestoßen, einiges ist auch schon vollbracht. Unter anderem ist der neue Internetauftritt fertig. Die vier Immobilien (das Restaurant Teufelsbrück an der Elbchaussee, der Verwaltungstrakt an der Friedrich-Ebert-Allee sowie die Wohngruppenhäuser an der Lornsenstraße und das Haus an der Blankeneser Chaussee) sind, wie von der Bank gefordert, verkauft. Die finanziellen Probleme sind damit vorerst im Griff. Das konfuse Rechnungswesen wurde laut Heins mühsam auf neue Beine gestellt. Das EDV-System ist umgestellt, eine Controllingstelle geschaffen und zum 1. Dezember mit einer Fachkraft besetzt worden.

Den wichtigsten Baustein für die Zukunft der Schenefelder Lebenshilfe bildet die neue Satzung, die bereits beschlossene Sache ist. Ein Eltern- und Heimbeirat sowie fünf Stabsstellen, die der Geschäftsführung direkt zugeordnet sind, sollen dazu beitragen, dass die Arbeit des Vereins nie wieder so aus dem Ruder läuft wie zuletzt. Durch den Betrieb des Restaurants Teufelsbrück und die daraus resultierenden Einnahmen stand sogar zeitweise die Gemeinnützigkeit des Vereins auf dem Spiel. Der neue Controller wird eine der Stabstellen besetzen. Die anderen Bereiche umfassen Öffentlichkeitsarbeit, Qualitätsmanagement und Personal. Zudem soll eine sozialkoordinatorische Fachkraft dafür sorgen, dass die geschlossenen Leistungsvereinbarungen mit den jeweiligen Behörden in Hamburg und Schleswig-Holstein immer auf dem aktuellen Stand sind. Sie bilden mit 6,7 Millionen Euro die größte Einnahmequelle des Vereins.

Trotz dieser langen Liste ist die Sanierung noch nicht geschafft. Der Verein hat immer noch ein Geldproblem. Denn die Lebenshilfe gibt deutlich mehr aus als sie einnimmt. 2011: eine Million Euro Minus. 2012: 168.000 Euro Miese. Auch die Prognosen für die kommenden Jahre sind rot bis dunkelrot. Dabei muss der Verein investieren. Die Gebäude sind sanierungsbedürftig, Wohngruppen entsprechen nicht mehr den Anforderungen der Zukunft an behindertengerechtes Leben. Zwar verfügt der Verein über Immobilien im Wert von mehr als 20 Millionen Euro, allerdings warnte Heins vor dem Ausverkauf. „Wir sollten nicht das Tafelsilber verkaufen“, sagte sie mit Blick auf das brachliegende Areal der ehemaligen vereinseigenen Gärtnerei an der Blankeneser Chaussee.

Bis zur Insolvenz des Lebenshilfewerks, das bis zu 68 Behinderten Menschen eine Arbeit gab, wurden hier die Pflanzen angebaut und verkauft. Jetzt stehen die Gewächshäuser leer. Ein Verkauf des 10.000 Quadratmeter großen Grundstücks könnte laut Heins bis zu 2,5 Millionen Euro in die Kasse spülen. Interessenten stehen bereit. Doch Heins warnt: „Das Geld würde schnell verdunsten und wir würden eine Chance für die Zukunft vertun.“ Sie setzt vielmehr auf ein anderes Konzept, das sie den Schenefelder Politikern bereits vorstellte. Zusammen mit einem Gastronomen, der die nötigen Umbaukosten tragen würde, plant sie eine Pizzeria und Antipasteria in dem Pflanzenzentrum. Wenn die Politiker grünes Licht geben, könnten so Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung entstehen.

Die skeptischen Politiker zu überzeugen, ist aber nur eine der zahlreichen Hürden, die in den kommenden Monaten genommen werden müssen. Unter anderem stehen Verhandlungen mit Banken, dem Kreis Pinneberg und der Stadt Schenefeld an.