Förderverein stellt Wohnung in Halstenbek zur Verfügung. Zahlreiche Spender helfen Harald Wolf, seiner Frau Arlette und Tochter Merci nach Feuer

Schenefeld. Morna Fiedler fackelte nicht lange. Nachdem sie den Bericht im Hamburger Abendblatt gelesen hatte, griff sie sofort zum Telefon. Das Schicksal der Schenefelder Familie, die nach einem Brand in ihrer Wohnung vor dem Nichts stand, bewegte sie. Dabei hat die Mitarbeiterin des Heilpädagogischen Förderzentrums Friedrichshulde derzeit genügend Sorgen – auch wenn sie das am liebsten nicht in diesem Zusammenhang erwähnen will. Denn Morna Fiedler ist die Projektleiterin für die Biene Sonnenstrahl, die Schenefelder Kita, die seit einem Jahr im Rohbau an der Lindenstraße steht und deren Zukunft angesichts von Streitigkeiten zwischen Stadt und Verein mehr als ungewiss ist. Obwohl Fiedler von einem Krisengipfel zum nächsten rennt, nahm sie sich die Zeit und knüpfte die Kontakte.

Noch am selben Tag trafen sich so Arlette Nttep, Helferin Birte Giesel und Vormieter Claus Armbruster in einer Wohnung in Halstenbek. Am nächsten Tag zog die Familie ein. Drei Zimmer, 90 Quadratmeter, ein riesiger Garten zur Mitbenutzung und das Beste: Sie ist frei und steht bis März als Zwischenlösung zur Verfügung. Das perfekte Zuhause und damit die neue Bleibe der dreiköpfigen Familie. Am Wochenende konnte Mama Arlette Nttep mit ihrer Tochter bereits auf dem gespendeten Schlafsofa erstmals eine Nacht im Übergangsheim verbringen. Für sie ist es ein großes Glück, mit dem sie nach dem Küchenbrand am 2. Oktober und den anschließenden Rückschlägen, ob in Versicherungsfragen oder bei den städtischen Notunterkünften, so schnell nicht gerechnet hätte. „So kann die Familie wenigstens zusammen Weihnachten feiern“, sagt Fiedler.

Möglich war die schnelle Hilfe aber nur aufgrund eines anderen Schicksalsschlags, den in diesem Fall die Familie von Claus Armbruster traf. Er leitet die Tagesgruppen des Heilpädagogischen Förderzentrums, die es in Altona und in Halstenbek gibt. Im Auftrag von Stadt und Gemeinde werden auffällige Kinder und Jugendliche nachmittags bis 18 Uhr betreut. Dafür mietete der Förderverein unter anderem auch ein Haus in Halstenbek an. Die Räume im Erdgeschoss werden für die Tagesgruppe genutzt. In der 90 Quadratmeter großen Wohnung darüber lebte bis vor kurzem Armbruster samt Familie. „Bei meinem Sohn wurde eine sehr seltene Muskelerkrankung diagnostiziert. Er sitzt jetzt im Rollstuhl“, sagt der Pädagoge. Die Familie musste aus der nur durch Treppen zu erreichenden Wohnung ausziehen und suchte lange verzweifelt nach einer barrierefreien bezahlbaren Wohnung in der Metropolregion. Doch seitdem sie eine gefunden haben, stehen die Räume leer. Überhaupt macht die Anmietung des gesamten Hauses durch den Verein so keinen Sinn mehr. Der Mietvertrag wurde deshalb zum 31. März gekündigt. Für die Tagesgruppe werden neue Räume in Halstenbek und dem angrenzenden Schenefeld sowie in Rellingen gesucht.

Bis dahin darf die Schenefelder Familie in dem Haus bleiben, bezahlen müssen sie nur eine Pauschale für die Nebenkosten. „Die Wohnung steht ja leer, und wir hätten sie für die kurze Zeit nicht untervermieten können“, so Armbruster. Deshalb sei es selbstverständlich, zu helfen. Allerdings scheiterte eine ähnliche Möglichkeit, in einer leer stehenden Wohnung in einem Abrisshaus in Schenefeld unterzukommen, auch an den Befürchtungen des Eigentümers. Laut Wolf fürchtet dieser, die Familie könnte sich festnisten. Solche Befürchtungen kann Armbruster nicht nachvollziehen. „Wir haben gar nicht groß überlegt, sondern nur gedacht: Der Familie muss geholfen werden“, sagt er.

„Besser hätte es gar nicht für uns ausgehen können“, freut sich Wolf. Seine Frau atmet auf. Sie hat auf einem Stuhl Platz genommen, der bereits den Weg ins Übergangsheim gefunden hat. „So hab ich den Kopf wieder etwas freier“, sagt sie. Tochter Mercedes sitzt auf ihrem Schoss und spielt mit den gespendeten Holzfiguren. Das Ehepaar ist dankbar für die viele Hilfe, die ihnen zuteil geworden ist, nachdem das Feuer und der Ruß viele ihrer Sachen zerstörte und sich herausstellte, dass sie unterversichert sind.

Zwar kommt die Versicherung des Vermieters laut Wolf für die Gebäudeschäden wie das gesprungene Küchenfenster auf, aber laut Mietvertrag ist die Familie zum Beispiel für die Einrichtung wie die völlig zerstörte Küche zuständig. Zusammen mit den anderen zerstörten Gegenständen übersteigt der Verlust die mögliche Versicherungssumme.

Zumindest für die Küche ist bereits ein Ersatz gefunden. Eine Familie aus Waldenau bekam eine neue und gab ihre alte her. „Mein Schuppen ist voll. Da steht die Küche drin und da stapeln sich Kleidung, Geschirr, Tupperware und Klappstühle. Es ist beeindruckend, was für eine Flut an Anrufen und E-Mails bei mir angekommen ist“, sagt Giesel. Mancher Anruf oder manche Mail verursachte bei ihr Gänsehaut. Menschen, die gerade jemandem verloren hatten und bereit waren Möbel herzugeben. Andere luden ihr Auto voll, mit dem was sie hergeben konnten und brachten es spontan bei Giesel vorbei.

Allerdings gab es auch negative Reaktionen. Eine Anruferin hoffte so zum Beispiel auf eine kostenlos Entrümpelung einer Wohnung. Und ein Versicherungsmakler aus Halstenbek kritisierte die mangelhafte Eigeninitiative der Familie und den nachlässigen Umgang mit der Versicherung. In diesem Punkt gelobt Wolf Besserung: „Das passiert mit nicht wieder.“