Der liebe Gott hat Julian Prégardien nicht nur mit einer fesselnden Tenorstimme ausgestattet, sondern sich auch in Sachen Aussehen und Bühnenausstrahlung großzügig gezeigt.

Pinneberg. Und wenn so ein männliches Gesamtkunstwerk dann im überschwänglichen Gestus frühromantischen Liedguts die Weber-Zeile „Alle Mädchen, kommt zu mir“ in den Saal schmettert, dann klingt das überraschend authentisch. Nicht bürgerlich steif, nicht wie ein Überbleibsel einer untergegangenen Zeit. Es streift nicht, wie bei optisch weniger gesegneten Kollegen, die Grenze zur unfreiwilligen Komik. Es klingt einfach echt. Man nimmt Prégardien den jungenhaften Verführer ab.

In seinem chronologisch geordneten Liederreigen „An die Geliebte“ spannte er jetzt bei seinem Gastspiel im Pinneberger Ratssaal gemeinsam mit seinem kongenialen Klavierpartner Christoph Schnackertz einen spannenden, in sich schlüssigen Bogen von dem einzigen Liederzyklus des eher als Sinfonie-Gigant berühmten Beethoven zu der abgründigen Modernität eines Hugo Wolf. Und entfaltete zwischen diesen Extremen den farbfrischen Klangzauber von Liedkönig Franz Schubert umso prächtiger.

Prégardien punktete bei seinen Zuhörern aber nicht nur mit seiner souveränen Beherrschung von Klassikern des Genres. Oder mit seiner sauberen Artikulation und stimmlichen Filigrankunst selbst in den sehr leisen Passagen. Er überraschte sie auch mit fast vergessenen und verkannten Kostbarkeiten wie Webers „Die vier Temperamente beim Verluste der Geliebten“. Spätestens mit diesem augenzwinkernden Zyklus des „Freischütz“-Komponisten Weber brach Prégardien elegant das Eis und konnte ganz nebenbei auch seine gesammelte Opernerfahrung souverän ausspielen. Prégardien und Schnackertz, der mit unglaublicher Präzision und Einfühlsamkeit im Gleichschritt mit dem Sänger jede noch so schwierige Kurve scheinbar mühelos meisterte, hatten Spaß auf der Bühne – und steckten ihr Publikum damit an.

Am Rande des Konzerts präsentierte Vereinschef Peter Burgdorff erstmals seine designierte Nachfolgerin. Gisela Bergner, ehemals Leiterin der Pinneberger Matthias-Claudius-Schule (heute Teil der Grund- und Gemeinschaftsschule), wird sich im März 2014 als neue Vorsitzende zur Wahl stellen.

Auch zum nächsten Konzert des Kulturvereins hat der Kulturverein Pinneberg eine talentierte Nachwuchskraft eingeladen: Pianistin Annika Treutler spielt am Freitag, 15. November, Werke von Haydn, Schumann und Liszt. Das Konzert beginnt um 20 Uhr im Ratssaal, Bismarckstraße 12. Karten zu jeweils 15 Euro gibt es unter Telefon 04101/232 11.