Eine Sanierung des maroden Gebäudes in Elmshorn ist deutlich teurer. Zwei Standorte sind in der engeren Wahl

Elmshorn. Die Notrufe, die von den Mitarbeitern der Regionalleitstelle in Elmshorn ausgesendet werden, sind nicht zu überhören. Seit Jahren leiden die Disponenten unter gravierenden baulichen Mängeln des Gebäudes, das 2001 errichtet und 2010 erweitert wurde. Der Investor, der den Bau im Rahmen eines öffentlich-privaten Partnerschaftsprojektes errichtete, ist für den Pfusch am Bau verantwortlich – und finanziell am Ende. Im Frühjahr 2013 hat der Kreis die Immobilie für einen Preis von fünf Millionen Euro übernehmen müssen. Dass sie dauerhaft Sitz der Regionalleitstelle bleibt, ist jedoch eher unwahrscheinlich: Laut einem Gutachten ist ein Neubau deutlich günstiger als eine Sanierung des Gebäudes.

Die Einrichtung an der Agnes-Karl-Allee beherbergt vier Institutionen. 2001 zogen die Rettungswache sowie die für Feuerwehr und Rettungsdienst zuständige Rettungsleitstelle ein, außerdem ist der dem Kreis unterstellte Katastrophenschutz dort ansässig. 2010 nach der Fertigstellung eines Anbaus gesellten sich die Mitarbeiter der Polizeileitstelle dazu. Seitdem werden die Rettungseinsätze der Kreise Pinneberg, Steinburg und Dithmarschen vor Ort koordiniert, der polizeiliche Part deckt zusätzlich den Kreis Segeberg ab.

Die Liste der baulichen Mängel ist lang. Sie beginnt bei der Lüftung des Gebäudes, in die der Kreis als Pächter schon einmal auf eigene Faust eine halbe Million Euro investierte. Doch auch die erweiterte Anlage reicht für die Größe des Gebäudes nicht aus, sie müsste nochmals mehr als verdreifacht werden. Die Folge ist, dass die Polizei die sanitären Einrichtungen nicht nutzen kann und auf Toiletten und Duschen in einem Container ausweichen muss.

Und ein vom Kreis in Auftrag gegebenes Gutachten deckte weitere katastrophale Mängel auf. So wurden Brandabschnitte nicht ausgeführt, die Dachkonstruktion nicht mit den geforderten Materialien erstellt und die Raumhöhe im gesamten Obergeschoss ist um 0,7 Meter zu niedrig. Auch fehlt ein bautechnischer Nachweis über den Feuerwiderstand der Decken, Wände und Treppen. Zudem ist nicht nachgewiesen, dass die Anforderungen in Sachen Schallschutz und Akustik, Durchschusssicherheit, Sonnen- und Wärmeschutz, Arbeitsplatzergonomie und Platzbedarf erfüllt sind.

Eine Sanierung der Regionalleitstelle ist während des Betriebes nicht machbar

Die Folge: Im Falle einer umfassenden Sanierung müsste die Leitstelle komplett entkernt werden. Die gesamte Raumluft- und Leitstellentechnik sowie die Möblierung und die abgehängten Decken müssten zurückgebaut und ausgelagert werden. Eine Sanierung während des laufenden Betriebes ist nicht möglich. Infolgedessen müsste ein Containerdorf, das etwa 100 Einzelcontainer umfassen würde, auf dem Areal aufgestellt werden. Um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten, müsste eine zweite komplette Leitstellentechnik für das Provisorium beschafft werden.

Das alles kostet viel Geld. Allein für das Containerdorf, das 18 Monate vorgehalten werden müsste, sind Kosten in Höhe von 3,45 Millionen Euro ermittelt worden. Und für die dann benötigte Leitstellentechnik müssten 7,8 Millionen Euro investiert werden. Ingesamt würde eine Sanierung laut der Schätzung 17,6 Millionen Euro kosten. Damit würde kein Mehrwert erzeugt, sondern lediglich das Gebäude auf den Stand gebracht, den der Investor laut Vertrag eigentlich zugesichert hatte.

Ein Neubau wäre dagegen für 16,3 Millionen Euro zu haben. Als Standort bieten sich zwei Alternativen an. Eine Variante ist das jetzige Gelände der Regionalleitstelle, und zwar die nord-westlich des Gebäudes gelegene Wiese. Dann müsste allerdings der dortige Hubschrauberlandeplatz dauerhaft verlegt werden. Eine zweite mögliche Fläche ist das Grundstück der Autobahnpolizei direkt an der A23-Anschlussstelle Elmshorn.

Im Falle eines Neubaus könnte die bestehende Leitstelle bis zur Fertigstellung weiter genutzt werden, so dass ein doppelter Umzug entfällt. Das bisherige Leitstellengebäude könnte dann einer anderen Nutzung zugeführt werden, etwa in den Komplex des benachbarten Regio-Klinikums eingebunden werden.

Ein Vorentwurf inklusive Schätzung der Kosten soll der Politik im Mai vorliegen

„Wir sind derzeit noch in einer Analysephase“, sagt Kreis-Sprecher Marc Trampe. So sollen die Anforderungen der Nutzer den aktuell vorhandenen Gegebenheiten gegenübergestellt und die Vor- und Nachteile der Varianten Sanierung und Neubau genauer untersucht werden. Bis Ende des ersten Quartals 2014 soll den Kommunalpolitikern ein Konzept für die zukünftige Regionalleitstelle inklusive Standort vorliegen. Trampe: „Dann kann die Entscheidung getroffen werden.“ Geplant ist, einen Vorentwurf und eine Kostenschätzung in die Sitzung des Kreistages am 14. Mai 2014 einzubringen.

So oder so: Die Investition wird für den finanziell stark angeschlagenen Kreis ein echter Kraftakt werden. Zunächst soll eine Ausgabe von 13 Millionen Euro inklusive Technik für die Jahre 2014 bis 2017 im Haushalt veranschlagt werden. Marc Trampe: „Die Investition muss getätigt werden, die Maßnahme wird sich in der Zukunft auszahlen.“ Nach seinen Angaben führt der Kreis derzeit Gespräche mit den am Projekt Regionalleitstelle beteiligten Partnern. Dabei handelt es sich um die Rettungsdienstkooperation in Schleswig-Holstein (RKiSH) und die Krankenkassen, die Rettungswache und Rettungsdienst mitverantworten, und das Land Schleswig-Holstein, das in Sachen Polizeileitstelle Mieter des Kreises Pinneberg ist.