Ehrenamtliche Helferinnen präsentieren Herbstmode im Pflegeheim Appen

Appen. „Bauch rein, Luft anhalten!“ Anne Schönke aus Tangstedt steht ein wenig aufgeregt im Flur vor dem Speisesaal. Gleich hat sie ihren großen Auftritt. Gerade hat sie sich im Therapieraum neu eingekleidet: mit einer dunkelbraunen Schlupfhose, einer Bluse im Paisley-Muster in Weinrot, Marine und Lila und einer weinroten Strickjacke. Jetzt will sie die Mode ihrem Publikum präsentieren.

Das Publikum dieser Modenshow sind keine Chefeinkäufer großer Modeketten und keine Juroren der Fashionsendungen im Privatfernsehen. Das heutige Publikum sind die Senioren im Dana Pflegeheim Appen. Sie sind in den Speisesaal gekommen, um eine Herbstmodenkollektion im Speisesaal zu begutachten. Dazu gibt es Kaffee, Früchtetee und Schokoküsse in den Farben beige, hellbraun und braun.

Es sind überwiegend ältere Damen, die an diesem Nachmittag die „neueste Herbstmode für Senioren“ anschauen wollen. Etwa 40 Damen und fünf Herren sitzen an den Tischen. Gleich werden die Models in den Speisesaal kommen und ein paar Lichtblicke zeigen: Mode in knalligem Rot, Weinrot, Grün, Blau, Braun und Beige. Die Senioren werden die Mode anschauen, anfassen und nach der Veranstaltung auch ein paar Kleidungsstücke im Therapieraum kaufen.

Anne Schönke ist an diesem Nachmittag eines von drei Models im Pflegeheim. Die Tangstedterin ist 70 Jahre alt. Gemeinsam mit Rita Grabsch, 59, und Inge Steinke, 69, beide aus Appen, präsentiert sie die Herbstmode. Das Trio hat eine ganz besondere Beziehung zu den Appener Senioren: Alle drei arbeiten einmal pro Woche ehrenamtlich mit demenzkranken Heimbewohnern. Fünf Demenzkranke sind auch an diesem Nachmittag bei der Modenschau dabei. „Ich bin jetzt schon seit sechs Jahren Modell im Seniorenheim“, sagt Rita Grabsch. „Es macht mir Spaß, die Mode zu präsentieren. Die Senioren kennen mich, und ich kenne die Senioren.“

Moderator der Modenschau ist Frank Schiewe, 42, aus Elmshorn. Er ist seit 2007 für die deutschlandweit agierende Kette Modemobil tätig. Sein Einsatzgebiet: Nordeutschland. Sein Motto: „Wir machen Mode mobil. Modemobil ist Mode, die zu Ihnen kommt.“

Frank Schiewe ist mit einem Transporter und rund 1000 Kleidungsstücken nach Appen gekommen. Er kennt viele der Senioren von früheren Modenschauen. „Viele Senioren können nicht mehr in die Stadt fahren und dort in Modegeschäften Kleidung anprobieren“, sagt Frank Schiewe. „Sie sitzen im Rollstuhl und benötigen einen Gehwagen. Deswegen bringen wir die Mode zu ihnen.“

Die Senioren sitzen sehr konzentriert im Speisesaal und verfolgen, so sie dazu in der Lage sind, aufmerksam, wie Anne Schönke, Rita Grabsch und Inge Steinke die Herbstmode vorführen. Frank Schiewe kündigt die Models an und erklärt in langsamen Worten, was die Besonderheiten der Kleidungsstücke sind. „Die drei Damen sind ganz nervös, sie machen das ja nicht jeden Tag“, hat er den Senioren gesagt.

Anne hat ihren ersten Auftritt. „Das ist eine flauschige Weste aus Fleecematerial“, sagt Frank Schiewe. „Sie ist schön kuschelig warm und im Herbst und in der Wintersaison sehr beliebt. Die Weste hält den Rücken schön warm. Taschen sind vorhanden. Die Taschen haben einen Reißverschluss. Da können sie Kleingeld, Schlüssel und Taschentücher hineintun.“

Die Models stolzieren durch den Speisesaal und gehen immer wieder zu den Senioren an den Tischen. Die älteren Damen und Herren fassen immer wieder die Kleidungsstücke von Anne Schönke, Rita Grabsch und Inge Steinke an. „Das ist aber schön“, diese Worte sind immer wieder zu hören.

Frank Schiewe ist nicht nur ein guter Modenschau-Moderator. Er ist natürlich auch ein guter Verkäufer. „Diese Firma macht sehr schicke Sachen zu vernünftigen Preisen“, erklärt er den Senioren. „Rita zeigt uns eine wunderschöne graue Übergangsjacke, minimal antailliert. Unter der Jacke trägt das Modell ein ganz flottes Shirt mit langen Ärmeln in Grün- und Blautönen. Inge präsentiert einen leuchtend knalligen roten Regenmantel.“

Nach der Modenshow kommen viele Senioren in den Therapieraum und schauen sich die Mode zum Kaufen an. Manche kommen alleine, manche kommen mit ihren Angehörigen. Die modischen Jacken und Pullover in knalligen Farben kaufen sie an diesem Nachmittag nicht. Sie greifen eher zu konservativen Kleidungsstücken in Blau und Grau. „Welche Schuhgröße hast Du, Mama?“, ruft eine Frau ihrer Mutter im Rollstuhl zu. „38“, antwortet die Dame. Die Tochter kauft drei Paar Socken für 8,99 Euro.