Herbert Hoffmann leitete 27 Jahre lang die Geschicke der Pinneberger SPD – in dieser Woche war er Bürgermeister

Pinneberg. Nach mehr als einem Vierteljahrhundert als Vorstandsvorsitzender der Pinneberger SPD und nach fast vier Jahrzehnten im Vorstand sitzt Herbert Hoffmann an diesem Vormittag in Zimmer 102 des Pinneberger Rathauses. Hier geht sonst die parteilose Urte Steinberg ihren Geschäften nach, aber an diesem Tag hat sie frei, auch eine Bürgermeisterin hat einmal Urlaub.

Herbert Hoffmann ist nicht nur ein sozialdemokratisches Urgestein, er ist auch seit zehneinhalb Jahren Zweiter stellvertretender Bürgermeister der 42.000-Einwohner-Stadt an der Pinnau. Ehrenamtlich macht er das. Vier Tage ist er jetzt Pinnebergs Bürgermeister, mit denselben Rechten und Pflichten wie die Bürgermeisterin. Nur an den Schreibtisch der Bürgermeisterin setzt sich Herbert Hoffmann nicht, er sitzt lieber auf einem schwarzen Stuhl am Besprechungstisch.

Seine kurze Amtszeit hat turbulent angefangen, mit einem Großfeuer. Am Sonntag gegen 17 Uhr ist Herbert Hoffmann mit seiner Frau Anna-Lisa an der Eggerstedt-Kaserne vorbeigelaufen. Alles ruhig. Als sie gegen 17.30 Uhr durch den Hogenkamp wieder zurückgehen wollen, hören sie Sirenen und sehen Blaulicht. „Ich dachte, da ist ein schwerer Unfall passiert“, sagt Herbert Hoffmann. Gegen 19 Uhr bekommt er einen Anruf: „Großbrand in der Eggerstedt-Kaserne.“ Hoffmann eilt zum Einsatzort.

„Ich bin dankbar für die aufopferungsvolle Arbeit der Einsatzkräfte vor Ort“, sagt Herbert Hoffmann wenige Tage später. „Alle sind ja ehrenamtlich im Einsatz.“ – „Sie doch auch...“ – Herbert Hoffmann muss lachen und sagt: „Aber ich muss kein Feuer löschen!“

Das Bürgermeisteramt hat Herbert Hoffmann schon mehrfach ausgeübt, 1990 sogar ein halbes Jahr lang, als Erster Stadtrat. Da übernahm er am 17. Januar die Geschäfte, weil Hans-Hermann Kath, der die Stadt 26 Jahre lang geführt hatte, verstorben war. „Es war ein Schock, vom Tod des Bürgermeisters zu hören“, sagt Hoffmann, „ich habe erst einmal alles in der Firma stehen und liegen lassen, um im Rathaus die wesentlichen Dinge abzuwickeln.“

Das halbe Jahr Bürgermeister war aufreibend für Herbert Hoffmann: Vor 4 Uhr stand er morgens auf, fuhr ins Rathaus, dann mit der S-Bahn zur Stahlhandelsfirma Carl Spaeter GmbH nach Hamburg, wo er als Betriebsleiter tätig war, und dann wieder zurück nach Pinneberg, wo er oft bis 23 Uhr wieder im Rathaus malochte. „Manchmal lagen Berge von Akten auf dem Tisch“, sagt Herbert Hoffmann, „jede Vorlage musste ja unterschrieben werden.“

Hoffmann ist 66 Jahre alt. Er hat drei Kinder und vier Enkelkinder. Er ist seit 22 Jahren Ratsherr. Er ist stellvertretender Vorsitzender des SummerJazz-Fördervereins. Und im Vorstand der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft Rockville-Pinneberg. Und ja seit 27 Jahren Vorsitzender der Pinneberger Sozialdemokraten und seit 37 Jahren im Vorstand. „Das ist genug“, sagt Herbert Hoffmann an diesem Vormittag. „Es wird Zeit, dass andere das Ruder übernehmen.“

Der Landtagsabgeordnete Kai Vogel wird als Vorsitzender kandidieren. Vogel wird auf der Jahreshauptversammlung am 30. Oktober seine künftigen Vorstandsmitglieder vorstellen. „Kai Vogel wird das gut machen, ich gehe ohne jeden Gram“, sagt Herbert Hoffmann. „Wir müssen noch mehr junge Menschen in die Partei holen. Wir brauchen dringend neues, junges Blut.“

Hoffmann stellt an diesem Vormittag im Bürgermeisterzimmer eine kleine Rechnung auf: Er hat an 600 Vorstandssitzungen der Genossen teilgenommen. Und an mindestens 600 Parteiveranstaltungen. Das macht mindestens 3000 Stunden für die Partei. Außerdem habe er als Vorsitzender täglich etwa eineinhalb Stunden für die Parteiarbeit aufgewendet – Mitgliederwerbung, Telefonate, Aktenstudium, macht 14.800 Stunden ehrenamtliche Parteiarbeit. Das sind – ohne Ratssitzungen und Bürgermeistervertretungen – 17.800 Stunden, das sind 742 ganze Tage, das sind zwei Jahre!

„Ich hoffe, dass ich einen Teil meiner gewonnenen Freizeit mit meiner Frau und meiner Familie nutzen kann“, sagt Hoffmann. Seine Frau Anna-Lisa ist Finnin. Beide haben sich im finnischen Jakobstad am Bottnischen Meerbusen kennengelernt – sieben Jahre fuhr der gebürtige Uetersener nach der Hauptschule zur See. „Nachdem ich Anna-Lisa kennenlernte, bin ich erst mal ausgestiegen“, sagt Hoffmann. Ein Jahr später, 1969, haben die beiden geheiratet, da machte Hoffmann ganz Schluss mit der Seefahrt und fing bei seiner Stahlhandelsfirma in Hamburg an.

Geärgert hat Hoffmann einiges in den Jahren: die Ungeduld der Menschen, das Jammern auf hohem Niveau. Doch da waren auch immer wieder Abende, an denen Herbert Hoffmann belohnt wurde für seine Kärnerarbeit. Da kamen die ganz großen Genossen in die Kreisstadt, Genossen, die etwas zu sagen hatten, wie Herbert Wehner oder Genossen, die Kanzler werden wollten, wie Hans-Jochen Vogel, Johannes Rau, Oskar Lafontaine, Rudolf Scharping, Gerhard Schröder und Frank-Walter Steinmeier. Es kamen die Ministerpräsidenten Björn Engholm und Heide Simonis. Und es kam der Held von Mogadischu, Hans-Jürgen Wischnewski. Sie sprachen und tranken danach mit den Pinneberger Genossen noch ein, zwei Bier oder Wein. „Da hat man gesehen, es gibt den Gerhard Schröder und den Oskar Lafontaine für die Fernsehkamera“, sagt Gerhard Hoffmann, „und es gibt den Bürger Gerhard Schröder und den Bürger Oskar Lafontaine, normale Menschen wie du und ich.“