Das Duo Reichel/Ossig spielt beim Tangokonzert im AKN-Kasino nicht auf Augenhöhe

Quickborn/Kaltenkirchen. Ein Ton wie ein Seidenfaden. Hauchzart und trotzdem stabil, elegant und kostbar. Und einfach perfekt abgestimmt auf die Gitarrenakkorde des Duopartners. In Augenblicken wie diesem, dem Einstieg der Geige in den Tango-Klassiker „Oblivion“, entfaltete Rodrigo Reichel seine ganze Kunstfertigkeit an vier Saiten und ließ die Magie von Astor Piazolla, dem weltweit gefeierten Erneuerer der argentinischen Nationalmusik, aufschimmern.

Vor allem nach der Pause zauberten Reichel und sein Duopartner, der Gitarrist Heiko Ossig, die auf Einladung der Quickborner Freunde der Kammermusik vor knapp 100 Zuhörern spielten, eine Reihe seelenvoller Momente ins vergleichsweise nüchterne Ambiente des Kaltenkirchener Kasinos der AKN.

Trotzdem gelang es ihnen im Vergleich zu professionellen Kollegen wie zum Beispiel dem Quartett um Geigendiva Isabelle van Keulen, die im August beim Schleswig-Holstein Musik Festival ein Tangofeuerwerk in Haseldorf entfesselt hatten, nur selten, die sinnliche Glut und sehnsuchtsvolle Melancholie zu beschwören, die Astor Piazollas Kompositionen so unsterblich gemacht haben.

Das mag nicht zuletzt am Verzicht auf das Bandoneon gelegen haben. Den Tango des auch als Bandoneonspieler erfolgreichen Komponisten ohne sein zentrales Instrument zu spielen, ist sicher ein interessantes Experiment. Doch es geht auf Kosten der kraftvollen Lebendigkeit. Unter den Händen von Reichel und Ossig klangen die Klassiker, die musikalisch immerhin im halbseidenen Ambiente der Hafenkneipen am Rio Plata wurzeln, etwas blutarm. Selbst Reichels farbiges Geigenspiel machte diesen Mangel nicht wett.

Zum anderen spielten die beiden zumindest an diesem Abend nicht auf Augenhöhe. Während Reichel elegant und sicher über die rhythmischen Bodenwellen des anspruchsvollen Argentiniers glitt, geriet Gitarrist Ossig vor allem zu Beginn in diesem tückischen Gelände immer wieder ins Stolpern. Er bremste, wo Reichel schwungvolle Linien zeichnete. Er schien die für den Tango typischen musikalischen Unwuchten gelegentlich in ein biederes Taktschema pressen zu wollen, während Geiger Reichel sie als Startrampen für scheinbar schwerelose Höhenflüge nutzte.

Vollkommen andere Töne sind beim nächsten Konzert der Quickborner Kammermusikförderer – dem ersten im neuen Artur-Grenz-Saal der Comenius-Schule, Am Freibad 7 – zu erwarten. Unter dem Motto „Ich wandle unter Blumen“ singt der Hamburger Opernstar Gabriele Rossmanith, am Klavier begleitet von Eberhard Hasenfratz, romantische Lieder über Liebe, Sehnsucht und Vergänglichkeit. Schauspielerin Lena Stolze rezitiert entsprechende Lyrik. Das Konzert beginnt am Sonntag, 3. November, um 18 Uhr. Der Eintritt kostet 16 Euro.