Gewerbliche und ehrenamtliche Aussteller informieren in Wedel zu Pflege, Altersvorsorge und Gesundheitsfragen

Wedel. Ihr Rücken ist gebeugt, ihre Füße schlurfen über den Boden. Die Gelenke fühlen sich steif an. Den Kopf kann sie nur mit Mühe zur Seite drehen. Es fällt schwer, sich zu bewegen. Beim Treppensteigen schwankt sie, kann nur schwer das Gleichgewicht halten, denn die Sicht ist stark eingeschränkt und sie hört kaum noch. Nur der Griff zum Rollator bietet Halt.

„Einmal Verjüngungsbrunnen bitte“, sagt Sandra Eggers. Die Physiotherapeutin ist erst 46 Jahre alt, fühlt sich aber gerade wie 85. Reinhard Schuster vom Seniorenbeirat entfernt die Gewichte, befreit sie von der Halskrause, nimmt Kopfhörer und Brille ab. Stück für Stück dreht er scheinbar die Zeit zurück, bis Sandra Eggers wieder ihr reales Alter annimmt.

Mithilfe eines speziellen Anzuges hat sie das Alter simuliert. Die neun Kilogramm schwere Weste mit Zubehör lassen den Träger am eigenen Leib erfahren, welche Einschränkungen das Alter mit sich bringt. Der Seniorenbeirat Wedel erhofft sich, bei den jüngeren Besuchern der ersten Wedeler Seniorenmesse so Verständnis für die ältere Generation zu wecken. Die Ratsmitglieder haben die Ausrüstung dafür extra von einer Firma in Bayern ausgeliehen.

„Wir möchten Physiotherapeuten, Heimleitern und Politikern mit diesem kleinen Experiment für die Bedürfnisse alter Menschen sensibilisieren", sagt Dagny Henning. So können fünf Zentimeter Höhe bei einer Parkbank schon einen entscheidenden Unterschied machen. Wer den Simulationsanzug trägt und sich damit setzt, wird sich wundern, wie schwer es fällt, wieder aufzustehen.

„Weil man nicht mehr alles sieht und hört, wird man unsicherer und fühlt sich wackelig auf den Beinen“, beschreibt Sandra Eggers. Nun kann sie sich noch besser in ihre Patienten hineinfühlen. „Wir sagen ihnen immer, sie sollen die Füße heben, um Stürze zu vermeiden“, sagt Eggers. Doch das sei ihr jetzt selber nicht so leicht gefallen. Es brauche viel Willen, dynamisch gegen den Alterungsprozess anzugehen.

An den Ständen der Wedeler Firmen und Dienstleister in der Turnhalle des TSV drehte sich am Sonnabend alles um die speziellen Bedürfnisse der Senioren. Hier konnten sie sich über Gesundheitssystem, Altersvorsorge und Pflege informieren, im Bus vor der Tür das Ein- und Aussteigen mit Gehhilfe üben, sich über aufs Alter abgestimmte Sportangebote informieren oder einfach komfortable Sessel testen. Die Johanniter in Wedel zeigten, was bei einem Herzinfarkt zu tun ist.

Organisiert wurde die Verbrauchermesse rund ums Älterwerden vom Seniorenbeirat der Stadt. „In Wedel leben 10.000 über 60-Jährige“, sagt Schirmherrin Gisela Rawald. Das sind mehr als ein Drittel. Im Seniorenbüro der Stadt Wedel im Rathaus berät, informiert und unterstützt die 56-Jährige Bürger rund ums Älterwerden. Nicht jede Stadt würde sich ein Seniorenbüro leisten, sagt Rawald. Dass es Bedarf gebe, zeige auch die rege Teilnahme an der Messe. „Uns ist wichtig, den Senioren nahezubringen, welche vielfältigen Angebote es für sie in Wedel gibt“, sagt sie. In zwei oder drei Jahren soll es wieder eine Seniorenmesse geben. Dann allerdings soll es auch einen Bereich neue Medien geben. Das hätten sich viele Besucher noch gewünscht, wie Rawald den Fragebögen entnehmen konnte. Der Aussteller, der das abdecken sollte, hatte kurzfristig abgesagt.

Mit neuer Technik sind die „Golden Elb Girls“ bestens vertraut. Die acht Damen der Seniorenresidenz Graf Luckner bowlen an der Wii um die Wette und weisen Zuschauer gern in die Technik ein. Sie tragen pinke Mannschaftstrikots und sind auch sonst gut drauf. „Wer gewinnt, gibt ´ne Runde Baileys aus“, sagt Inge Röme.

Die 89-Jährige lebt seit zwölf Jahren im Heim. Mit ihren Kindern, die in Australien wohnen, hält sie übers Internet Kontakt. Dort hat die lebenslustige Frau auch ihren Lebensgefährten kennengelernt. In Sachen Computer macht ihr so schnell keiner was vor. Beim Wii-Bowling liegt sie an diesem Tag allerdings hinten.

Als die Leiterin der Seniorenresidenz, Grada Jacobs-van Drie, die Wii vor zwei Jahren anschaffte, warfen die „Golden Elb Girls“ noch den einen oder anderen Pudel. Anfängerfehler, die heute keiner mehr passieren. Regelmäßig treten sie auch gegen Mannschaften anderer Häuser an – bei Kaffee und Kuchen. „So lernt man sich kennen“, sagt Marion Pape, 85. Neue Mitstreiterinnen seien jederzeit gern gesehen.

Lieselotte Krefting wurde vor einem Jahr in den Club aufgenommen. Sie fühlt sich in der Seniorenresidenz in Wedel sehr wohl. „Wir blicken direkt auf die Elbe. Die vorbeifahrenden Containerschiffe sind zum Greifen nah“, sagt sie. „Und der Elbwanderweg führt quasi durch unser Haus .“ Zudem sei alles im Haus von A wie Arzt bis W wie Wassergymnastik.

Nach einer Altersresidenz sucht auch Messebesucherin Irmgard Krüger. Die 78-Jährige aus Wedel denkt über einen Umzug nach. Elmshorn, wo ihr Sohn lebt, kommt für sie nicht infrage. „Da kenne ich doch niemanden“, sagt sie. Sie hat auch schon ein schönes neues Heim für sich ins Auge gefasst. Auf der Seniorenmesse will sie nun wissen, welche Anträge zu stellen sind. Außerdem hat sie beim Qigong mitgemacht. Die Kursleiterin kennt sie bereits.

Elle Alexy-Metz macht vor, wie es geht. „Qigong ist wie Tai Chigerade bei Senioren immer mehr im Kommen“, sagt die Physiotherapeutin. „Es stärkt das Gleichgewicht, Immunsystem und die allgemeine Beweglichkeit, reduziert Rückenleiden und wird sogar in der Behandlung von Rheuma, Lungenerkrankung oder Parkinson angewendet. “ Damit man im Alter so lange wie möglich ohne Rollator auskommt.