Überraschendes Ergebnis. Jeder elfte Autofahrer im Kreis Pinneberg war zu schnell unterwegs

Kreis Pinneberg. Der Blitzmarathon im Kreis Pinneberg hat ein für viele Autofahrer überraschendes Ergebnis gebracht. Obwohl die meisten von ihnen deutlich langsamer als üblich fuhren, lief der Verkehr ungewöhnlich flüssig, und es gab deutlich weniger Staus. Das gilt für ganz Schleswig-Holstein. Im Kreis Pinneberg waren 37 Polizeibeamte und vier Mitarbeiter der Kreisverwaltung im Einsatz. Sie kontrollierten an 22 Messpunkten die Geschwindigkeit von 1206 Autofahrern. Von denen waren 101 zu schnell unterwegs. Das entspricht einer Quote von 8,7 Prozent und ist deutlich mehr als im Landesdurchschnitt.

„In ganz Schleswig-Holstein überprüften 330 Kontrollkräfte von Polizei und Kommunen an 120 Messpunkten 73.798 Fahrzeuge“, sagt Lothar Gahrmann, Sprecher des Landespolizeiamtes. „Davon überschritten 4295 Fahrzeugführer die zugelassene Geschwindigkeit.“ Die Quote betrug damit 5,8 Prozent. „Das ist die Hälfte des sonst Üblichen.“

Was die Zahlen nicht ausdrücken können, ist die erstaunlich entspannte Lage auf den Straße. Sandra Mohr, Sprecherin der Polizeidirektion Bad Segeberg – diese Dienststelle ist auch für den Kreis Pinneberg zuständig – kommt schon fast ins Schwärmen. „Ich bin ganz begeistert und finde das total toll“, schildert die von Berufs wegen sonst eher sachliche Hauptkommissarin ihre persönlichen Eindrücke. Weil sie von Kontrollstelle zu Kontrollstelle unterwegs war, fuhr sie während des Blitzmarathons durch fast das ganze Kreisgebiet. „Die Leute fuhren wie auf einer Schnur aufgefädelt.“ Es habe praktisch kein Drängeln oder sonstiges aggressives Verhalten im Straßenverkehr gegeben: „Es war ein herrlich entspanntes Fahren“, sagt Sandra Mohr. Deshalb bildeten sich auch keine Staus, die häufig genug auch allein dadurch entstehen, dass ein Autofahrer plötzlich bremst und damit eine Kettenreaktion auslöst.

Entspannt waren zudem die Verkehrsteilnehmer, die die Kontrollstellen passierten. „Viele fuhren extrem langsam, winkten und grüßten“, sagt Polizeisprecherin Sandra Mohr. Und auch die geblitzten Autofahrer blieben laut Mohr gelassen. „Ich habe einfach nicht aufgepasst, obwohl ich von der Aktion wusste“, sagt Petra Roseck, die in Pinneberg 15 Kilometer pro Stunde zu schnell unterwegs war. „Dumm gelaufen. Grundsätzlich finde ich die Tempokontrollen richtig und sinnvoll.“

Die Polizei habe die Messpunkte im Kreis Pinneberg auch aufgrund der grundsätzlichen „Anwohnerbeschwerdelage“ ausgewählt, sagt Hauptkommissarin Mohr. So postierten sich die Beamten etwa in Pinneberg am Kirchhofsweg im Bereich der Tempo-30-Zone. Dort war von 54 gemessenen Fahrzeugen nur eines zu schnell — und zwar 14 Kilometer pro Stunde.

Im Kreis Pinneberg hat die Polizei an dem Kontrolltag keinen einzigen Unfall wegen zu schnellen Fahrens registriert. Dabei ist dieser Verstoß laut Sandra Mohr die „Hauptursache für Unfälle mit Personenschaden“. Und ihr Kollege Lothar Gahrmann ergänzt: „Während sich im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres 39 Verkehrsunfälle mit Personenschaden, davon zwei mit tödlichem Ausgang, ereigneten, zeigt eine erste Stichprobe, dass während des Blitzmarathons die Zahlen auf etwa die Hälfte zurückgegangen und keine Toten zu beklagen sind.“

Insgesamt war der Blitzmarathon aus Sicht der Polizei ein Erfolg. „Mit der transparenten Aktion, bei der wir die Kontrollstellen zuvor ankündigten, haben wir die Autofahrer sensibilisiert“, sagt Polizeisprecherin Sandra Mohr. „Allerdings waren die notorischen Raser nicht unterwegs.“

Dass es einen nachhaltigen Effekt geben wird, darf indes bezweifelt werden. „Es war zwar gut, den Blitzmarathon zu machen. Viele Autofahrer rasen aber schon jetzt wieder wie gewohnt“, ist die Meinung von Landespolizeiamtsprecher Lothar Gahrmann.

Die sollten sich aber besser nicht sicher fühlen. Denn wer gehofft hat, die Polizei würde sich erst einmal auf ihrem Erfolg ausruhen, liegt falsch.

Schon am Freitag waren die Beamten mit ihren Tempomessgeräten wieder unterwegs. „Geschwindigkeitskontrollen gehören zu unserer täglichen Arbeit“, sagt Hauptkommissarin Mohr. „Und wir reagieren natürlich auf Anwohnerbeschwerden.“ Einen angekündigten Blitzmarathon könnte es durchaus noch einmal geben. „Unserer jetzige Besprechungslage deutet darauf hin“, sagt Lothar Gathmann. „Das ist aber auch eine politische Entscheidung.“