Einsatzkräfte proben den Ernstfall im Wedeler Tonnenhafen. THW-Helfer verunglücken bei der Anfahrt

Wedel. Ein Versorgungsschiff, die MS Bilge 65, treibt manövrierunfähig auf der Elbe. Die Antriebsanlage ist ausgefallen, die Strömung treibt das Schiff auf den Buhnenkopf oberhalb der Lühemündung. Beim Aufprall wird der Tank aufgerissen. Die Zeit rinnt, das Öl auch. Jetzt kommt es auf jeden Handgriff an. Damit die sitzen, werden solche Szenarien geübt. Wie wichtig das ist, zeigte der geprobte Ernstfall am Dienstagabend im Wedeler Tonnenhafen.

Die etwa 30 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW) hatten nicht nur mit den Tücken der Technik zu kämpfen, sondern standen auch vor unerwarteten Problemen. Gleich zwei Fahrzeuge des THW aus Pinneberg samt Helfern und benötigtem Material erreichten die Havariestelle in Wedel nicht. Sie waren in einen schweren Unfall verwickelt.

Überhaupt war diese Übung ungewöhnlich. Der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz in Schleswig-Holstein (LKN) setzt normalerweise keine Probe aufs Exempel während der Dunkelheit an. Diesmal schon. Außerdem sind derartige Alarmübungen, bei der lediglich die Chefs der beteiligten Einheiten, nicht aber die Einsatzkräfte über die Aktion informiert sind, selten. „Es geht darum, herauszufinden, wie lange die Anfahrtswege für die Helfer sind“, erläutert Eleen Schirmel vom LKN den Zweck.

Die Behörde organisiert bis zu acht Übungen im Jahr. Finanziert werden sie durch die Gemeinschaft von Bund und Küstenländern. Bis zu 4000 Euro kostet solch ein Szenario wie das im Wedeler Tonnenhafen, das auch zahlreiche Beobachter von Polizei, Kreis- und Stadtverwaltung anlockte. Sie erlebten mit, wie sich die Helfer von Feuerwehr und THW stundenlang bemühten, den Havaristen – die Kollmar des Wasser- und Schifffahrtsamtes – mit einer Ölsperre von Booten aus einzuschlängeln. Dabei mussten sie sich in Schutzanzügen bewegen, sich mit Atemmasken und Handschuhen vor den vermeintlichen Schadstoffen schützen. Nachdem Schiff und Hafeneinfahrt abgesperrt waren, wurde mit herbeigeschafften Spezialgeräten das ausgelaufene Öl abgepumpt. Die Helfer übten den Umgang mit dem Material und die Kommunikation zwischen den Einheiten.

Mit Letzterem war LKN-Mann Jörg Brokmann am Tag nach der Übung besonders zufrieden. „Die Kommunikation zwischen den verschiedenen Einheiten ist optimal gelaufen“, stellte er den Helfern ein gutes Zeugnis aus. Allerdings gebe es Redebedarf wegen des Unfalls. „Wir müssen miteinander sprechen, ob wir solche Übung noch einmal unter diesen Bedingungen machen.“

Der Grund, warum Brokmann kurzeitig sogar überlegte, die Übung abzubrechen: Der THW-Lkw mit Ladekran war kurz nach dem Ausrücken von der Basis an der Straße Am Hafen in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt. „Das war schrecklich“, sagt der Ortsbeauftragte Claus Böttcher. Das nachfolgende Fahrzeug, in dem die meisten Einsatzkräfte saßen, übernahm die Absicherung der Unfallstelle. Der mehr als 40 Jahre alte Lkw, der einst für die Bundeswehr gebaut wurde, rammte gegen 18.30 Uhr auf der Kreuzung Mühlenstraße/Saarlandstraße/Hochstraße einen Mercedes. Das THW-Fahrzeug war mit zwei, der Mercedes mit vier Personen besetzt. Das THW-Fahrzeug kam aus der Mühlenstraße und wollte die Kreuzung geradeaus in Richtung Appen überqueren. Für den 28 Jahre alten Fahrer zeigte die Ampel Rot. Auf Grund des Einsatzes waren Blaulicht und Martinshorn eingeschaltet, sodass der Lkw die Kreuzung passieren durfte. „Er hat angehalten und sich einen Überblick über den Verkehr verschafft. Die Kreuzung war frei, alle anderen Fahrzeuge hatten gestoppt“, so Böttcher. Mitten auf der Kreuzung seien die Wagen dann zusammengeprallt. „Unser Fahrer weiß nicht, wo der Mercedes herkam.“

Laut Polizei kam der Mercedes, den eine 37 Jahre alte Frau aus Pinneberg lenkte, aus der Saarlandstraße. Er fuhr in Richtung Hochbrücke, die Ampel zeigte Grün. Warum die Fahrerin den Lkw nicht bemerkte, ist unklar. Im Wagen saßen zwei weitere, 38 und 53 Jahre alte Frauen und ein drei Monate altes Baby. Alle vier sowie der Fahrer des THW-Lasters wurden leicht verletzt, einige mussten ins Krankenhaus. An dem Mercedes entstand Totalschaden, am Lkw vermutlich auch. Für das Pinneberger THW ist es der erste Unfall dieser Art in seiner Geschichte.