Sportboote und Naturschutz – verträgt sich das? Ergebnisse einer umstrittenen Studie beruhigen Haseldorfs Skipper

Haseldorf . Aufgestellte Kameras, Überwachung rund um die Uhr, kaum einer wusste Bescheid, noch weniger wussten vor allem, warum und wofür das Ganze ins Rollen gebracht worden war. Eine von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung in Auftrag gegebene Grundlagenstudie über die Auswirkungen des Sportbootverkehrs auf die Vogelwelt hat für viel Unruhe unter den Skippern des Haseldorfer Hafens gesorgt. Umso argwöhnischer wurden die Ergebnisse erwartet, die kürzlich vorgestellt wurden. Volker Hauschildts Fazit fällt überraschend positiv aus. Hausschildt ist Vorsitzender des Wassersport-Clubs Haseldorf, der seinen Sitz im Naturschutzgebiet an der Binnenelbe hat. Damit ist er Vertreter einer der beiden untersuchten Forschungsobjekte, und er ist einer derjenigen, die Schlimmeres befürchteten.

Aus seiner Sicht haben die in den Jahren 2011 und 2012 erfassten zahlreichen Daten und Erhebungen, die jetzt auf 119 Seiten zusammengefasst worden sind, im Kern ergeben, „dass sich der Motorbootsport und die Vogelwelt vertragen“. Seine Angst, dass die Skipper nach 40 Jahren aus dem Tierparadies vertrieben werden könnten, hat sich somit gelegt. Völlig weg ist sie allerdings nicht. Das liegt vor allem an den Erfahrungen aus der Vergangenheit. Hauschildt, der in der Marsch groß geworden ist, erinnert sich eben noch an die Zeiten, bevor das etwa 2160Hektar große Gebiet 1984 unter Naturschutz gestellt wurde. „Als Kind konnte ich hier überall noch spielen. Man hat uns einen Großteil der Natur genommen, und es sah so aus, als wenn man das schon wieder plant.“

Das Problem: Die Vereinsmitglieder fahren von ihren 103 genehmigten Liegeplätzen im Haseldorfer Hafen aus mitten durch das europäische Vogelschutzgebiet – nur so können sie zur Elbe gelangen. Desto schneller und lauter das Boot aber dabei ist, desto mehr verstört und vertreibt es die hiesigen Tiere, wie die Studie anhand zahlreicher Beispiele und mittels der Kameras aufgenommenen Bilder untermauert. Besonders lärmempfindlich reagierten die beobachteten Kormorane, Krickenten, Blessgänse und Schnatterenten. Zudem leben in dem Tierparadies auch Seehunde. Bis zu sieben Exemplare wurden auf dem Liegeplatz im Dreieck zwischen Pinnaumündung, Bishorst und Pagensand gesichtet. Auch sie entpuppten sich nicht als Bootsfans und nahmen Reißaus, wenn sich etwas näherte.

Und so schränken die beauftragten Ökologen am Ende die von Hauschildt so beschworene Verträglichkeit von Motorbootsport und Naturschutz auch wieder ein. So heißt es: Aus den Ergebnissen der Untersuchung sowie der aktuellen Nutzungsintensität ließe sich derzeit kein umweltrechtlich begründeter Handlungsbedarf ableiten. Aber: Die mögliche Zunahme von schnellen Wasserfahrzeugen könnte diese Beurteilung ändern. Zudem empfehlen die Experten durch Sperrungen der kleineren Nebenarme und Geschwindigkeitslimits, die Störungen der Tierwelt zu reduzieren. Jet-Ski sollen ganz verboten werden.

Hauschildt kann darüber nur den Kopf schütteln. Die Jet-Ski bögen von der Elbe aus ins Binnengewässer ein, sie kämen nicht aus dem Haseldorfer Hafen. Dass Boote zu schnell unterwegs sind, sei ein allgemeines Problem. „Da muss man nur an den Einzelnen appellieren“, so der Haseldorfer. Es zeige zudem, wie wichtig eine fundierte und vernünftige Ausbildung sei, auf die man gerade in seinem kleinen Verein großen Wert lege. Zwei Ehrenamtler, ein ehemaliger Lotse und ein Ex-Kapitän, betreuen hier Anwärter auf den Bootsführerschein intensiv.

90.000 Euro hat die Studie gekostet, inklusive Aufstellen der Kameras am Hafen sowie einer Analyse der Lärmbeeinträchtigung des Lebensraums der Tiere anhand von Fitness-Parametern. Nicht ein Ergebnis hat Hauschildt überrascht. „Viele Erkenntnisse, die in der Studie drinstehen, hätte ich so vorhersagen können“, ärgert er sich über das dafür verwendete Geld. Warum überhaupt eine Studie nötig war und warum es dann gerade das Gebiet an der Elbe traf?

Laut Claudia Thoma, Sprecherin der Generaldirektion für Wasserstraßen und Schifffahrt, handelt es sich in diesem Fall um ein besonders wertvolles Gebiet, mit besonders hohem Schutzstatus. Gleichzeitig wird das Gebiet von Freizeitbooten frequentiert. Mögliche Beeinträchtigungen der Tiere mussten untersucht werden.

Für Hauschildt ist der Fall erledigt. Das Kameradilemma und die Informationspolitik des Amtes will er vergessen und einfach nur nach vorne blicken. Sein nächster Hafentermin: Am 26. Oktober von 8 Uhr an werden Schiffe aus dem Wasser geholt und für den Winter klargemacht.