Prozess gegen Tayfun A. Er soll in Schenefeld zwei Männer attackiert und einen lebensgefährlich verletzt haben

Schenefeld/Itzehoe. In der Schenefelder Disco „Ebert’s“ fand am 8.März eine Flirtparty statt. Dabei kamen sich auch Tayfun A. sowie Mehmet Nuri T. und Ahmet Nadir T. näher. So nahe, dass der Abend für Mehmet und Ahmet T. im Krankenhaus endete. Beide wurden auf dem Parkplatz vor der Disco mit einem Messer attackiert und erheblich verletzt, für Mehmet T. bestand kurzzeitig sogar Lebensgefahr. Die Messerattacke soll auf das Konto von Tayfun A. gehen.

Der 25-jährige Türke, dessen Familie in Schenefeld lebt, muss sich dafür nun vor dem Landgericht Itzehoe verantworten. 14 Tage nach der Bluttat hatte die Mordkommission eine öffentliche Fahndung nach dem mehrfach vorbestraften Mann herausgegeben. Wenige Tage später stellte sich Tayfun A. der Polizei, er sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Wie kompliziert die Aufarbeitung des Vorfalls aus der Nacht zum 9. März ist, zeigte schon das Ermittlungsverfahren. Die Polizei ging zunächst von versuchtem Totschlag aus. Dieser Vorwurf findet sich auch im Haftbefehl wieder, der im März erlassen worden war. Die Mordkommission identifizierte und befragte viele Zeugen der Auseinandersetzung, an der zwei Gruppen von Südländern beeiligt waren. Am Ende der Ermittlungen erhob die Staatsanwaltschaft lediglich Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung. Das Verfahren landete beim Schöffengericht in Pinneberg. Die Amtsrichter entschieden nach dem Aktenstudium, dass auch eine Verurteilung wegen versuchten Totschlags möglich wäre und verwiesen das Verfahren an die Schwurgerichtskammer beim Landgericht Itzehoe.

Dort bemühen sich drei Berufsrichter und zwei ehrenamtliche Richter unter Vorsitz von Eberhard Hülsing um die Wahrheitsfindung. Tayfun A. hat sich die Dienste von zwei Verteidigern gesichert, ihn vertreten die Hamburger Anwältin Astrid Denecke und der Kieler Strafrechtler Michael Gubitz. Sie haben ihren Mandanten zum Schweigen verpflichtet. Er hat zu Prozessbeginn nur eine kurze schriftliche Einlassung zu den Akten gereicht, Nachfragen sind nicht erlaubt.

Darin räumt der 25-Jährige ein, mit einem Messer zugestochen zu haben, jedoch nur ein- bis zweimal in Richtung Arm eines Kontrahenten. Tayfun A. will zudem vorher bedroht worden sein und gibt an, an dem Abend zwei halbe Flaschen Whisky getrunken und 0,8 Gramm Kokain konsumiert zu haben. Aus seinen Angaben zum Alkoholkonsum hat eine Rechtsmedizinerin eine maximal mögliche Blutalkoholkonzentration von 4,07 Promille errechnet.

Als gesichert gilt bisher nur, dass es auf der Tanzfläche der Disco zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen angetrunkenen Mitgliedern beider Gruppierungen kam. Daraufhin griff das Security-Personal ein und schickte mehrere Streithähne vor die Tür. Auf dem Parkplatz eskalierte die Situation. Mehrere Personen schlugen teils mit Fäusten, teils mit Gürteln aufeinander ein. Von wem die Gewalt ausging und wer auf sie reagierte, dazu gibt es unterschiedliche Angaben. Die beiden Opfer Mehmet Nuri T. und Ahmet Nadir T. waren im Pulk. Sie gaben vor Gericht an, dass sich Tayfun A. aggressiv verhalten habe. Als Messerstecher konnten sie ihn nicht identifizieren.

Der Angeklagte selbst hat elf eingetragene Vorstrafen, darunter mehrere Raub- und Körperverletzungsdelikte. Auch an einer Massenschlägerei war er als Heranwachsender beteiligt, damals lief gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer bewaffneten Gruppe. Als Auflage des Gerichtes musste sich der 25-Jährige einst einem Anti-Aggressions-Training unterziehen.

Die Maßnahme hat gefruchtet – zumindest nach Ansicht der Verteidigung. „Tayfun A. war immer der Besonnene“, sagt Verteidiger Gubitz. Er wies vor Gericht darauf hin, dass die letzte Verurteilung wegen Körperverletzung fünfeinhalb Jahre zurückliegt. Seitdem fand sich der Angeklagte mehrfach wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln vor Gericht wieder. Mehrere, zur Bewährung ausgesetzte Haftstrafen sind offen. Tayfun A. würde im Falle einer Verurteilung ein Bewährungswiderruf und ein Strafzuschlag drohen.

Das wollen die Verteidiger verhindern. Sie kündigten vor den Plädoyers an, einen Freispruch auf Grund von Notwehr beantragen zu wollen. Die Kammer ließ durchblicken, dass nach der Beweisaufnahme eine Notwehrsituation unwahrscheinlich erscheint. Aufgrund mehrerer Beweisanträge der Verteidiger – unter anderem soll ein Gutachten zur Schuldfähigkeit des Angeklagten eingeholt werden – kam es Mittwoch nicht zu den Plädoyers und der Urteilsverkündung. Das Verfahren verlängert sich um mindestens einen Monat. Das könnte Tayfun A. die Freiheit bescheren: Seine Anwälte beantragten, den Haftbefehls außer Vollzug zu setzen. Und Staatsanwalt Reinhold Neumann hält das für opportun, wenn „engmaschige Meldeauflagen“ verhängt werden. Das Gericht hat noch nicht entschieden. Anwältin Angela Krützfeld, die die Opfer der Attacke vertritt, ist gegen einen solchen Schritt. Es könne nicht sein, dass Tayfun A. aus der Haft komme, weil seine Verteidiger das Verfahren durch Anträge verlängern.