Schenefelder Streitfall zwischen E.on und Immobilienbesitzer jährt sich. Betroffene Mieter verlassen die Gewerbehalle

Schenefeld. Ein breites Grinsen zieht sich über sein Gesicht. Ein seltener Anblick. Denn im vergangenen Jahr hatte Karsten Drebelow wenig zu lachen, wenn es um seinen Druckereibetrieb und den Ärger mit dem Strom ging. Doch am Montag bekam er die ersehnte Nachricht. Nein, nicht die, dass endlich wieder der Strom in der hellblauen Gewerbehalle direkt neben dem Stadtzentrum normal fließt, es wieder Licht auf dem Klo, funktionierende Tore und eine Heizung gibt. Nein, er erhielt vielmehr den neuen Mietvertrag. Drebelow geht. Er zieht nach langwieriger Suche mit seiner Firma zum Jahresbeginn ins Schenefelder Gewerbegebiet am Osterbrooksweg um. Am Dienstag brachte er persönlich die Mietkündigung zur Verwaltungsgesellschaft. Anschließend ließ er die Korken knallen. Für ihn ist es das Ende einer Dauermisere, die ihn viel Kraft und Nerven gekostet hat.

Tatsächlich jährt sich an diesem Dienstag das Stromdesaster. Seit somit zwölf Monaten leiden die in der Halle noch ansässigen sechs Gewerbetreibenden unter einem Streit zwischen dem Immobilienbesitzer Max-Dieter Altmann und der E.on Hanse Vertrieb. Dabei geht um unbezahlte Rechnungen im sechsstelligen Bereich und um die Frage, ob es einen Lieferungsvertrag gibt. Altmann vertritt den Standpunkt, dass er nie einen solchen Vertrag mit dem Energieriesen unterschrieben hat. E.on dagegen verweist darauf, dass seit Jahren Strom geliefert und abgenommen wird. Das käme einem Vertrag gleich. Weil sich nach monatelangen Verhandlungen nichts tat, drehte das Unternehmen den Strom Ende 2012 ab.

Vor dem Wintereinbruch ohne Heizung blieben die damals sieben betroffenen Mieter im Dunkeln zurück. Einige der Betroffenen, darunter Drebelow, taten sich zusammen, sorgten mit Hilfe von Baustrom für Licht in einer Teilfläche des Gewerbeobjekts. Aus dieser kurzfristigen Lösungsidee ist eine Dauerlösung geworden. „Das hätte ich nie im Leben erwartet. Ich verstehe es auch nicht“, sagt der Schenefelder, der sich mit den anderen Mietern zusammen auch gegen die Netzabkopplung wehrte. Doch trotz eingeschalteten Anwalts, gekürzten Mietzahlungen, zahlreichen Schreiben und öffentlichen Protesten hat sich bis heute nichts bewegt. „Wenn man uns raushaben wollte, hätte man uns doch einfach kündigen können“, sagt Drebelow, der das Ganze nur noch mit Galgenhumor nimmt. Kurzzeitig überlegte er sogar, eine Party zu schmeißen, mit den Kunden auf das überstandene eine Jahr ohne Strom anzustoßen. „Aber das wäre dann doch daneben gewesen“, so Drebelow.

Apropos daneben. Laut Verena Huber, Pressesprecherin der E.on-Hanse Vertrieb, haben sich die beiden Parteien bereits im Juni vor Gericht auf einen Vergleich eingelassen. Es wurde ein Rahmenplan vereinbart, der auch eingehalten wird. „Es steht damit von Seiten der E.on Hanse einer Freischaltung nichts mehr im Wege“, erklärt Huber. Einziges Problem: Ein Elektriker muss die lange stillgelegte Anlage jetzt einmal überprüfen und bei der Freischaltung anwesend sein. Das verlangt der Netzbetreiber, in diesem Fall die Schleswig-Holstein Netz AG vom Eigentümer. Warum der Strom trotzdem nicht fließt? Immobilienbesitzer Altmann verweist auf Abendblatt-Nachfrage am Dienstag auf die von ihm beauftragte und aus seiner Sicht somit zuständige Verwaltungsgesellschaft. Aus seiner Sicht sei alles vom Tisch. Bei der Nordring Handels- und Verwaltungsgesellschaft war am Dienstag niemand zu einer Stellungnahme bereit.

Eine, die einpacken musste, ist Margarete Grabowsky. Die Betreiberin des Stöberstübchens hat ihr kleines Geschäft, das nicht von der provisorischen Leitung profitieren konnte, geschlossen und geräumt. Außer Drebelow harren damit noch zwei Malerbetriebe, ein Trockenbauer, der Verein Glücksgriff, der dort Secondhandware lagert, sowie das Forschungsinstitut Proderm, aus. Doch die meisten sind auf dem Absprung. Drebelow zieht mit einem der betroffenen Maler um. Sie teilen sich das neue 420 Quadratmeter große Domizil am Osterbrooksweg 83.

Leerstand? So wirklich stört das Eigentümer Altmann nicht. Er hat schon lange andere Pläne für das 10.000 Quadratmeter große Grundstück im Herzen der Stadt, die er bereits den Kommunalpolitikern vorgestellt hat. Die in die Jahre gekommene Gewerbehalle sowie das angrenzende sanierungsbedürftige Bürogebäude sollen abgerissen werden. Dafür sollen sechs Gebäude mit bis zu vier Geschossen auf dem Areal gebaut werden. Etwa 90 neue Wohnungen und 3000 Quadratmeter Gewerbefläche würden so entstehen. Ein Teil der Fläche soll dafür an einen Investor veräußert werden. 2014 könnte es losgehen.