Hier steht die Köhlbrandbrücke neben dem Nürburgring. RC Glashaus betreibt Europas größte Indoor-Anlage für Modellautos in Quickborn

Quickborn. Die Köhlbrandbrücke steht in Quickborn nur einige Schritte vom Nürburgring entfernt. Dazwischen pflügen Traktoren Kaffeesatz um, und eine Ecke weiter wechseln Mechaniker an Tischen Rennreifen. Unter den Dächern ehemaliger Gewächshäuser an der Ulzburger Landstraße ist in zwölf Jahren das Mekka der Modellwagen-Szene entstanden. Auf 3500 Quadratmetern kurven Akku betriebene Riesen-Trucks, Offroad-Buggys, Tourenwagen, Miniatur-Traktoren sowie Geländewagen auf handgebauten Strecken. Die Lkw werden am Hafenterminal beladen oder kippen Kies ab, die Buggys flitzen ferngesteuert um die Wette, und die Geländewagen mühen sich langsam, aber geschickt über Stock und Stein.

„Meines Wissens haben wir hier Europas größte Indoor-Anlage”, sagt Thorsten Hinsch stolz. Er gehört zu der „eingeschworenen Truppe” der Interessengemeinschaft RC Glashaus, die über viele Jahre die Strecken aus- und umbaut, pflegt und betreibt. Freitags und sonnabends kommen Modellauto-Fans von überall her ins Glashaus, um für kleines Geld ihre Flitzer und Trucks fahren zu lassen, zu fachsimpeln oder zu schrauben. Aber auch an den anderen Tagen herrscht unter den gläsernen Dächern Hochbetrieb. Die Stamm-Mannschaft trifft sich, um Ausbesserungen vorzunehmen, Veranstaltungen zu planen, die mit Teppichboden beklebten Strecken zu saugen, den „Nürburgring” zu fegen” oder neue Ideen für Umbauten zu entwickeln.

Manch einer wie die Mitbegründer Michael Wendscher und Thorsten Hinsch, verbringt hier im Kreise seiner „infizierten“ Familie nahezu die gesamte Freizeit. Thosten Hinschs 15 Jahre alter Sohn Lukas beispielsweise flieht schon mal vor den Lateinvokabeln ins Glashaus und planiert dort lieber die Strecke für Lastwagen, anstatt zu Hause zu büffeln.

Hinsch-Junior ist quasi unter dem Gewächshausdach aufgewachsen und zum begnadeten Rennfahrer, der an Meisterschaften teilnimmt, herangereift. Zu seinem 16. Geburtstag wünscht er sich nichts sehnlicher, als bei der Europameisterschaft in Polen mitfahren zu dürfen. Sein Vater begleitet ihn in der Regel bei Wettkämpfen als unterstützender „Schrauber”.

Auch unter den Besuchern des Glashauses finden sich viele Väter und Söhne, die das Modell-Rennen zu ihrem Hobby gemacht haben. Frauen sind an den Strecken in der Minderheit. Obwohl manch eine sich gern mal ein Auto leiht, ihr Talent an der Fernbedienung auslotet oder auf der Traktor-Strecke den Kaffeesatz umpflügt. Reste aus der Koffein-Maschine werden im Glashaus weiterverwendet, getrocknet und auf die „Äcker” gestreut.

Für Kinder ist der Mini-Bauernhof mit seinen ferngelenkten landwirtschaftlichen Gerätschaften ein echter Anziehungspunkt, und den Kindern gilt in der Interessengemeinschaft ein besonderes Augenmerk. „Wir wollen unsere Jugendarbeit intensivieren”, sagt Hinsch.

Das ist ein Grund, warum sich ein Förderverein in der Gründung befindet. „Der Antrag liegt bereits beim Amtsgericht”, sagt Hinsch. In Kürze will der neugegründete Verein unter anderem Einsteiger-Lehrgänge für Jugendliche und Kinder ab zehn Jahren im Tourenwagen-Fahren anbieten. „Wir stellen die Fahrzeuge und das Material”, so Hinsch, „es wird zudem einen theoretischen Unterricht geben.” Auch die Technik soll nicht zu kurz kommen, denn es gibt wie bei der Formel 1 an den Miniaturausgaben der Rennwagen immer etwas zu schrauben. Ob sich das Fahrwerk verzieht, die Fernbedienung streikt oder einfach nur der Akku zu laden ist – im sogenannten Fahrerlager herrscht an den Öffnungstagen stets emsiger Betrieb.

Hundert Plätze für „Schrauber” sind im Glashaus eingerichtet, wo an Tischen mit Stromversorgung repariert und gebastelt werden kann. Damit ist gewährleistet, dass jeder Besucher seine eigene „Werkstatt“ vorfindet. „An einigen Samstagen kommen schon mal 100 Gäste”, sagt Wenscher. Darunter seien Rennbegeisterte und Truck-Freunde aus ganz Deutschland, aus Dänemark und sogar der Schweiz. Einige nutzten ihre Urlaubsfahrt, um im Quickborner Glashaus Station zu machen.

Denn die Anlage ist in der Szene offenbar bekannter als in Quickborn selbst. Hinsch sagt: „Du kannst in Modellbau-Kreisen hinkommen, wo du willst, jeder kennt das Glashaus.”