Hotel Bokeler Mühle bat zum 26. Mal zur Karpfenprobe. 120 geladene Gäste speisten mit

Bokel. Es ist ein Treffen mit langer Tradition, das sich jetzt wieder in der Bokeler Mühle zutrug. Seit 25 Jahren lädt Hotelinhaber Rainer Erich zur Eröffnung der Karpfensaison die Kollegen vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) und die regionale Politprominenz zum Fischessen ein, um die besten Auszubildenden zu ehren und mit den Entscheidungsträgern über die Lage und Probleme seiner Branche zu diskutieren.

In diesem Jahr war die 120-köpfige Gästeschar besonders erlesen. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer schaute vorbei. Und wenige Tage vor der Bundestagswahl nahmen die Wahlkreis-Kandidaten Ernst Dieter Rossmann, SPD, und Valerie Wilms, Grüne, die Einladung gerne an, mit Vertretern der schwarzgelben Koalition zu diskutieren. Dies waren allerdings nicht ihre Mitbewerber aus dem Kreis Pinneberg. Ole Schröder ließ sich von dem Bundestagskollegen Gero Storjohann, CDU, aus dem Kreis Segeberg vertreten. Und die FDP schickte mit Wolfgang Kubicki gleich ihren Fraktionschef aus dem Landtag an den Bokeler See.

Bevor diese illustre Runde über das Mehrwertsteuer-Geschenk der Liberalen an die Hotelbranche streiten konnte, stand aber natürlich der Karpfen im Mittelpunkt des Geschehens. Küchenchef Michael Meinicke hatte zwei sehr delikate Vor- und Hauptspeisen aus dem Süßwasserfisch kreiert, der aus dem See neben der Mühle gefischt wird. Am letzten Oktober-Wochenende wird wieder der See trockengelegt, um drei Tonnen Karpfen zu fangen. Das ist alljährlich ein Riesenspektakel im nordwestlichsten Dorf des Kreises Pinneberg, das viele Besucher anlockt.

Zwischen den Menügängen führte Fernsehmoderator Rüdiger Wolff durchs Programm, was auch schon Tradition hat. Er sei zum 23. Mal dabei, sagte Wolff. Er interviewte Minister Meyer, stellte Inhaber Erich und Küchenchef Meinicke vor, rief zum Spenden für den gastronomischen Nachwuchs auf und eröffnete nach der Karpfenprobe das Buffet. Das war neu. Seit Wirtschaftsminister Dietrich Austermann vor einigen Jahren bekannte, er möge gar keinen Fisch, erst recht den Karpfen nicht, hat Erich den Speiseplan abgeändert und tischt nun seinen Gästen auch Fleisch und Gemüse auf.

Minister Meyer nutzte die Gunst der Stunde, vor der versammelten Dehoga-Macht für seine Idee zu werben, die Kurtaxe abzuschaffen. „Wir wären das erste Land ohne Kurtaxe“, frohlockte Meyer und lobte Familie Erich für das, was sie geschaffen habe. „Das ist ein tolles Beispiel für gute Gastronomie im echten Norden.“

Dehoga-Chef Peter Bartsch entlockte den gut gestärkten Politikern ein paar interessante Worte. So kündigte Valerie Wilms aus Wedel an, dass sie nachdem sie auf Bundesebene noch „etwas nachhaltiges Ökosoziales für unser Land bewegt“ habe, auch bald „wieder quer aussteigen“ werde. Rossmann erklärte sein Zuspätkommen mit einem Besuch in einem neunstöckige Hochhaus, wo der Fahrstuhl ausgefallen war. „Für die älteren Bewohner dort ist das ein existenzielles Problem, weil sie nicht wissen, wer ihnen das Essen bringt.“ Kubicki freute sich, dass SPD-Landeschef Ralf Stegner ihn sympathisch fände, auch wenn der gerade sein Wahlplakat umformuliert hat in „Die Frechheit in Person“ statt Freiheit.

Umstritten blieb dann doch die sogenannte Möwenpick-Steuer, mit der die FDP zu Beginn der Legislaturperiode die Hoteliers beglückt hatte. Diese käme aber überwiegend mittelständischen Unternehmen zugute, behauptete Bartsch. Rossmann sagte, er hätte die Milliarde Euro, die das Hotelgewerbe dadurch an Steuern spare, lieber für Förderprojekte ausgegeben. Kubicki verteidigte das Gesetz, das er vor ein paar Jahren beim Neujahrsempfang in Prisdorf noch scharf kritisiert hatte. Valerie Wilms betonte, der Wirrwarr bei den verschiedenen Mehrwertsteuersätzen müsse dringend beendet werden. Dafür fehle im Bundestag allerdings „der breite Konsens“, warnte CDU-Mann Storjohann.

So waren am Ende des vierstündigen Abends alle zufrieden. Vor allem Inhaber Erich, der begeistert rief, dass die Gästeschar 8000 Euro für die Gastronomie-Ausbildung gespendet habe.