Sabine Inselmann bringt in Rellingen jungen Schülern die Malerei altersgerecht näher

Ellingen. Es ist Nachmittag, Punkt 15 Uhr. An einem runden, mit Blumen bemalten Tisch, sitzen fünf junge Mädchen im Alter von sieben bis zehn Jahren und quasseln wild durcheinander, bis sie mit einer Frage unterbrochen werden: „Malena trägt heute aber ein schönes maritimes Kleid. Wisst ihr denn alle was maritim bedeutet?“, fragt Sabine Inselmann die Mädchen. Von den Kindern weiß keiner die Antwort. Greta, Malena, Emily, Lia und Sarah schauen sie mit großen Augen an, bis Sabine Inselmann das Rätsel auflöst: „Maritim leitet sich von dem lateinischen Wort ‚maritimus’ ab und bedeutet so viel wie ,zum Meer gehörig’. Malena trägt ein Kleid, das dem Meer und der Seefahrt ähnelt.“ Erst wenige Minuten sind sie im Raum, und schon haben die Mädchen etwas Neues zum Thema Kunst gelernt.

Sabine Inselmann, ist Künstlerin und betreibt eine Malschule für Kinder und Jugendliche. Von ihren Malschülern wird sie „Bine“ genannt. Sie wurde 1960 in Nordwestafrika geboren und kam mit sechs Jahren nach Deutschland. Nach einer Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin und Übersetzerin sowie einer zur Physiotherapeutin, entschied sich die heute 52-Jährige ihrem Traumberuf nachzugehen und besuchte von 1992 bis 1996 eine Kunstakademie in Hamburg. Seit 2001 führt sie die Malschule, die bis vor drei Jahren noch in Ellerbek war und jetzt in Rellingen residiert. Momentan betreut sie insgesamt acht Kurse pro Woche mit Schülern im Alter von sieben bis 21 Jahren. Einmal im Monat bietet sie auch einen Kursus für Erwachsene an.

Die Kinder, die sich immer mittwochs treffen, haben an diesem Tag Pop-Art als Thema. Nach der Begrüßung werden Schutzkittel angezogen, die richtigen Utensilien zusammengesucht und auf dem Tisch verteilt. Es liegen dort viele bunte Acrylfarben, Paletten, Pinsel, Lappen und Schwämme. Anderthalb Stunden dauert jede Malstunde bei der Künstlerin. Diesmal wissen die Schülerinnen schon, was sie tun sollen, da sie letzte Woche bereits damit begonnen haben. Die Aufgabe lautet: auf Leinwänden Alltagsgegenstände wie Blumenvasen, Tassen oder Becher vorzeichnen und anschließend mit bunten, knalligen Farben zum Leben erwecken. Am Anfang der Stunde sind die Mädchen noch sehr hibbelig und aufgedreht. Doch nun sind die fünf Schülerinnen ganz vertieft und malen konzentriert an ihren Bildern.

Bei Fragen steht Sabine Inselmann den Kindern immer zur Seite, oft helfen sich die Mädchen aber auch untereinander. Am Ende der Stunde gibt es eine Bildbesprechung, in der die Schüler sowohl zu ihren als auch zu den Bildern der anderen Kritik äußern dürfen. Jede Stunde ist eine Kombination aus kreativem Ausprobieren und theoretischem Wissen, passend zum jeweiligen Thema der Stunde.

Die Frage, warum die Schüler gerne zu Sabine Inselmann kommen, beantwortet die zehnjährige Malena folgendermaßen: „Ich finde Kunst ist etwas, was einem Spaß machen sollte. Ich bin gerne hier, weil sich alle gut verstehen und vor allem, weil man hier frei ist und sich ausprobieren kann.“ Was die Künstlerin nach ihrer eigenen Ansicht von anderen Malschulen unterscheidet, ist vor allem ihr persönliches Verhältnis zu jedem Schüler.

„Ich kenne jeden meiner Schüler genau und kann mir Zeit für sie nehmen, da in jeder Gruppe höchstens acht Schüler sind“, sagt Sabine Inselmann. Ihr Kursusangebot zeichne sich auch durch eine hohe Themenvielfalt aus. „Es gibt bei mir kein Standardprogramm. Ich möchte meinen Schülern die Kunst nahebringen, egal in welcher Form“, sagt Inselmann. „Sie sollen die Kunst aus verschiedenen Blickwinkeln sehen und kennenlernen.“

Bei der Frage nach dem Lieblingsthema können sich die Kleinen gar nicht entscheiden: „Da muss ich erst mal überlegen, wir haben schon so vieles gemacht“, sagt Lia, 9. „Wenn ich mich entscheiden müsste, wäre es das Thema Dschungel, als wir ein Dschungelbild mit den drei Grundfarben gemalt haben“, fügt Greta, 7, hinzu.

Sabine Inselmanns Themenpalette reicht je nach Altersgruppe von Bodypainting bis zu Graffiti. Die Themenvielfalt ist wohl der Grund, warum die Schüler die Malstunden bei Sabine Inselmann dem Kunstunterricht in der Schule vorziehen: „Bei Bine malt man so richtig. Im Unterricht muss man alles genau so malen, wie es von den Lehrern vorgegeben ist“, sagt Schülerin Sarah, 10. „Außerdem hat man in der Schule keine Freiheiten, alles wird mit Noten bewertet.“

Jeden Donnerstag begrüßt Inselmann ihren Kursus mit sechs junge Frauen im Alter von 16 Jahren bis 19 Jahren. Das aktuelle Thema lautet Aktmalerei. Die Schülerinnen zeigen dem Thema gegenüber keine Berührungsängste. „Ich wollte Aktmalerei schon immer mal ausprobieren. Es ist ein außergewöhnliches Thema. Im Kunstunterricht an der Schule behandeln wir so etwas Spannendes nicht“, sagt Lillian Kanter, 19, die seit fünf Jahren bei Sabine Inselmann malt. Bisher hat sich die Gruppe noch nicht an einem „echten Nacktmodell“ ausprobiert. Bis jetzt sollten die Schüler lernen, die Körper anhand von Skizzen und Fotos studieren und zu zeichnen, doch das soll sich ändern.

Da die Mädchen unter sich sind, hat die Künstlerin bisher keine Einverständniserklärung von den Eltern eingefordert. Beim Zeichen eines Live-Modells würde sie jedoch die Eltern der unter 18-Jährigen um Erlaubnis bitten. „Zurzeit suche ich noch nach einem Aktmodell für meine Schüler. Für den Anfang war es wichtig, dass sie die zeichnerischen Grundlagen und Proportionen von Figuren lernen“, sagt Sabine Inselmann. „Ein Modell ‚live’ zu zeichnen ist deutlich schwieriger, da wir uns im dreidimensionalen Bereich befinden und die Schüler zudem unter Zeitdruck arbeiten müssen. Eine Skizze aus dem Buch läuft nicht weg, das Aktmodell schon.“