CDU-Abgeordnete und Hawesko befürworten Autobahn-Bau durch Vinci. Laut Bürgerinitiative gibt es kein Bauangebot

Tornesch/Berlin. Das Hanseatische Wein- und Sektkontor Hawesko pflegt Geschäftsbeziehungen nach ganz Deutschland. Tausende Flaschen Wein verlassen täglich die Hallen des Tornescher Unternehmens, um nach Frankfurt am Main, Düsseldorf oder München weitertransportiert zu werden. Die Zukunft, sie sieht für den Konzern im Grunde rosig aus. Seit mehreren Jahren verzeichnet das Weinkontor, das in Tornesch knapp 400 Mitarbeiter zählt, zwischen vier und fünf Prozent Umsatzwachstum.

Doch die Hawesko ist, so wie viele andere Unternehmen in der Region, von einer funktionierenden Logistik abhängig. Und damit insbesondere von einem reibungslosen Transport der Güter über die Autobahnen. Bereits jetzt, so die Hawesko, stünden Transporter vermehrt im Stau fest. Wenn der Ausbau der A7 ab 2014 beginnt und die Deckelung parallel erfolgt, werden weitere Probleme erwartet. Eine weitere Autobahnanbindung wäre ideal, am besten die Küstenautobahn A20 mitsamt Elbtunnel bei Drochtersen und Glückstadt. Rasanten Auftrieb bekam das Projekt aufgrund von Pressemeldungen, dass das französische Unternehmen Vinci die A 20 samt Elbtunnel in öffentlich-privater Partnerschaft günstiger und schneller als bisher bauen wolle. Bei Unternehmern sorgte der Plan für Begeisterung – Gegner der Autobahn warnen allerdings vor einer Luftnummer im Wahlkampf.

Initiativen sehen das Projekt als überteuert und unsinnig an

CDU-Bundestagsabgeordneter Ole Schröder ist für den schnellen Bau der A 20. „Für die Pendler und Unternehmen ist insbesondere der Weg nach Hamburg und über die Elbe relevant. Aus diesem Grund brauchen wir jetzt dringend den zügigen Weiterbau der A20 mit Elbquerung bei Glückstadt für die Region. Gerade wenn ab dem nächsten Jahr am Deckel der A7 gearbeitet wird, droht in der gesamten Region ein Verkehrschaos“, sagt Schröder. In Kiel würde die Bedeutung der Küstenautobahn von der rot-grün-blauen Landesregierung nicht erkannt, die Prioritäten für die Infrastrukturprojekte würden falsch gesetzt. Die Region brauche die Küstenautobahn.

Die A20 ist für Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, seit Jahren das wichtigste Infrastrukturprojekt für Norddeutschland. Ohne die Küstenautobahn werde Hamburg, bereits jetzt ein Engpass, völlig im Verkehrsinfarkt ersticken, ist sich der Parlamentarier sicher. „Eine Entlastung gibt es nur, wenn wir eine weitere Elbquerung schaffen“, sagt Ferlemann. Und nun, wo Wahlkampf ist, wirbt der CDU-Politiker aus Cuxhaven gemeinsam mit seinem Kollegen Schröder erneut für das Projekt.

Ausgewiesener Gegner ist Uwe Schmidt aus Hipstedt. Der Sprecher des Koordinationskreises der Initiativen und Umweltverbände gegen die A20 kämpft seit Jahren gegen das Infrastrukturprojekt, das die Bürgerinitiative als überteuert und wirtschaftlich unsinnig einstuft. Dass Ferlemann und Ole Schröder für das Projekt nun wieder werben würden, sei zu erwarten gewesen – es ist halt Wahlkampf. Was der Bürgerinitiative gar nicht gefällt, ist, dass von politischer Seite nicht mit offenen Karten gespielt werde und Informationen falsch weitergegeben würden. Wie im Fall Vinci.

Laut Medienberichten habe das französische Unternehmen den schnellen Bau zu einem Großteil mit Mautgebühren für die Autobahn und den Elbtunnel, der die Kreise Pinneberg und Stade miteinander verbinden solle, finanzieren wollen. Ferlemann lobt den Vorstoß von Vinci. „Das Angebot ist eine großartige Chance für die Region, wir begrüßen es außerordentlich und werden es genau prüfen. Wir haben aber weitere Interessenten. Es gibt einen regelrechten Wettbewerb.“

Für Schmidt hingegen ist die angebliche Vinci-Offerte eine „bewusste Fehlinformation", die von der CDU gestreut worden sei. „Auf Nachfrage der Initiativen hat der Konzern Vinci zwischenzeitlich mitgeteilt, dass in Kiel kein Angebot vorgelegt wurde, sondern es sich lediglich um ein mögliches ‚grobes Konzept’ zur Realisierung der A20 handelte“, so Schmidt. Dies liege schon länger in den Schubladen, sei aber nicht weiter verfolgt worden. Grund dafür sei, dass die Lage von Vinci 2009 so eingeschätzt wurde, dass unter dem aktuellen gesetzlichen Rahmen die Wirtschaftlichkeit für die A20 mit Elbquerung aufgrund der hohen Investition für den Tunnel nicht gesichert sei.

Zudem gebe es, so Schmidt, „unheilvolle Verflechtungen" bei dem Projekt. Bei der Vorstellung des Konzeptes im August in Kiel sei kein leitender Manager des französischen Konzerns anwesend gewesen. Vielmehr habe Jost de Jager, ehemaliger Verkehrsminister in Schleswig-Holstein, das Angebot von Vinci vorgestellt. Nachdem die CDU die Landtagswahl verloren hatte, wechselte de Jager zum Konzern Vinci, wo er als Berater tätig ist. Und auch Ferlemann habe, so Schmidt, eine berufliche Karriere in der Baubranche gehabt, bevor er Staatssekretär wurde. „Kein Wunder, wenn da einer dem anderen versucht, Wahlkampfhilfe zu leisten.“

Die Küstenautobahn hätte eine sinnvolle Entlastung geboten

Ferlemann sieht das alles anders. Das Angebot sei da, nun müsse auch geprüft werden, was machbar sei. Es sei unstrittig, das die Politik handeln müsse, denn die gesamte Infrastruktur in Deutschland müsse dringend modernisiert werden. Marode Schleusen müssten ausgetauscht werden, Bahnstrecken erneuert, Fernstraßen saniert und Brücken teils komplett ausgetauscht. Doch eine Sanierung klappe nur, wenn Ausweichmöglichkeiten vorhanden seien. Wie etwa im Fall der A7. Die Brückenkonstruktion, die von Heimfeld zum Elbtunnel führt, ist schon jetzt ein Sanierungsfall. Die Küstenautobahn, wäre sie schon da, hätte hier eine sinnvolle Entlastung geboten, um den Verkehr an Hamburg während der Sanierung vorbei leiten. Doch dafür müsse die A20 erst einmal gebaut werden können. Und das gehe nicht ohne ein Umlenken der Kieler Landesregierung.

„Ich werde nach der Wahl einen Verkehrsgipfel einberufen, um das Problem mit Bund und Ländern zu erörtern“, sagt Ferlemann. Sollte die Kieler Regierung sich weiter allen Infrastrukturprojekten verwehren, so werde dies Konsequenzen haben. „Ich scheue mich nicht, bestimmte Baustellen zurückzuhalten, wenn ansonsten ein Verkehrsinfarkt droht“, kündigt der Staatssekretär an. Der Verkehr müsse fließen, damit die Wirtschaft brummt.