Spurensuche läuft beim Koordinator im Wildpark Eekholt zusammen

Eekholt/Kreis Pinneberg. Frei lebende Wölfe im Segeberger Forst oder in den Heeder Tannen im Norden des Kreises Pinneberg – das war noch vor drei Jahren pure Fiktion. Damals gab es Wolfsvorkommen in Deutschland ausschließlich im weiten Osten der Republik. Der zweibeinige Wolf aus dem Wildpark Eekholt, Geschäftsführer Wolf-Gunthram Freiherr von Schenck, sagte damals im Gespräch mit dem Abendblatt: „Ob er hierher kommt, entscheidet der Wolf ganz von selbst.“ Mittlerweile ist klar: Der Wolf hat sich für den Norden entschieden. In der Eiderniederung in Dithmarschen ist die Tier-Welt nicht mehr so wie vorher: Dort ist Ende Juli eines der Raubtiere fotografiert worden. Ein Wolf lebt in der Nähe der Nordsee. Oder er war auf der „Durchreise". Selbst Wolf von Schenck als Experte weiß es auch nicht genau, aber ihm ist klar: Wölfe streifen durch Schleswig-Holstein.

Der Geschäftsführer des Wildparks Eekholt wird von vielen Medien als der Wolfsexperte schlechthin bezeichnet. Tatsächlich koordiniert er die Arbeit der Wolfsbetreuer in Schleswig-Holstein, er ist Ansprechpartner des Umweltministeriums und vieler Menschen, die glauben, irgendwo Spuren eines Wolfes gesehen zu haben. Bis zu zehn Hinweise gehen täglich bei ihm ein – wenn in den Medien Berichte über Wölfe in Deutschland erscheinen, auch wesentlich mehr.

Ende 2012/Anfang 2013 war vermutet worden, mindestens ein Wolf habe den Nordosten des Kreises Pinneberg zu seinem Revier gemacht. Es gab mehrere Meldungen über getötete Rehe. Die Überlegungen lauteten, der Wolf, der 2012 mehrfach in Fotofallen im westlichen Teil des Nachbarkreises Segeberg getappt war, könne in den Kreis Pinneberg rüber gemacht haben. Fachmann von Schenck bestätigte seinerseits, dass Wölfe ohne Mühe in nur einer Nacht Dutzende Kilometer zurücklegen könne. Die Autobahn 7 stelle kein Hindernis dar. Ein zweifelsfreier Beleg, dass ein Wolf im Kreis Pinneberg Rehe geschlagen hat, konnte – bislang – nicht erbracht werden.

Der 44 Jahre alte Wolf von Schenck teilt die Hinweise in drei Kategorien ein: Unbestätigte Hinweise, Hinweise mit harten Fakten (wenn zum Beispiel ein Tier überfahren wurde, bei dem es sich um einen Wolf handeln könnte) und sonstige Hinweise (Spuren oder Losungen, die vom Wolf stammen könnten). Alles nimmt der Wildpark-Geschäftsführer gern entgegen. „Es ist schön, wie aufmerksam die Menschen sind und was alles gemeldet wird."

Nachdem die ersten Wölfe in Deutschland gesichtet worden waren und es immer wieder Hinweise auf weitere Wolfsvorkommen gab, reagierte das Kieler Umweltministerium, initiierte einen runden Tisch, entwickelte gemeinsam mit Experten ein Konzept und ernannte die 37 Wolfsbetreuer im Land. Wolf von Schenck wurde zum Koordinator benannt, seit 2011 ist der Wildpark Eekholt das Wolfs-Informationszentrum für Schleswig-Holstein.

Zehn Fotofallen stehen in Schleswig-Holstein. Und zwar überall dort, wo es mehrere Hinweise auf ein Wolfsvorkommen gibt. In Dithmarschen war der Wolf durch gerissene Schafe aufgefallen. Anhand von Untersuchungen der Bisswunden wurde festgestellt: Jawohl, hier lebt ein Wolf. In Schleswig-Holstein gibt es vier ausgebildete Bissgutachter – Wolf von Schenck ist einer von ihnen. Der anschließend getarnt aufgestellte Fotoapparat brachte den Beweis: Der junge Wolf tappte in die Fotofalle. Der Wildpark-Geschäftsführer rät Haltern von Nutzvieh, nicht in Panik zu verfallen. Das Land bezahlt Präventionsmaßnahmen (beispielsweise verstärkte Zäune), außerdem gibt es eine Entschädigungsordnung für Schafhalter. Und wenn der verursachte Schaden höher ist als 7500 Euro, greift der Wolfsgarantiefonds des Landes.

Vor sechs Jahren wurde ein Wolf bei Eutin von einem Auto überfahren. 2012 wurde ein Wolf im westlichen Teil des Kreises Segeberg fotografiert, im Januar 2013 die Spur des wolfstypischen „geschnürte Trabs" über eineinhalb Kilometer an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern entdeckt, im März 2013 hat der Bewohner eines Hauses nahe Bergedorf einen 30 Meter entfernt stehenden Wolf aus seiner Küche heraus fotografiert, im April wurde ein Wolf im Kreis Stormarn überfahren.

Wolf von Schenck geht davon aus, dass in Schleswig-Holstein vom Nahrungsangebot her viele Wölfe leben könnten. Ein Wolfsrevier ist etwa 200 bis 300 Quadratkilometer groß. Müssen die Menschen Angst haben? Der Fachmann schüttelt den Kopf: „Der Wolf kann Menschen in drei Kilometer Entfernung wahrnehmen und zieht sich dann ruhig zurück. Der Mensch steht nicht auf seinem Speiseplan." Die Chance, einen Wolf zu sichten, sei etwa so groß wie ein Hauptgewinn im Lotto.

Im Wildpark Eekholt erfahren Besucher alles Wissenswerte. Drei Jungtiere und ein Altwolf leben zurzeit in dem einen Hektar großen Gehege.