Wie der Pinneberger Regisseur Hans Molenda den Auftritt der Bundestagskandidaten vor Jungwählern bewertet

Pinneberg. Geht es nach Hans Molenda aus Pinneberg, so ist auf der politischen Bühne das A und O ein „stimmiges Gesamtbild“ - dazu gehört dann als Teil „eines riesigen Puzzles“ auch die „Deutschland-Kette“, die Kanzlerin Angela Merkel beim Fernsehduell mit Peer Steinbrück vor Millionenpublikum präsentierte. Molenda, Schauspieler und vor allem erfahrener Regisseur aus den Reihen des Pinneberger Forum-Theaters, bewertete am Donnerstag im Auftrag der Pinneberger Regionalausgabe des Hamburger Abendblatts, wie stimmig das Bild der hiesigen Bundespolitiker beziehungsweise Bundestagskandidaten ist.

Im Ratssaal hatten sich Politiker von fünf Parteien vor mehr als 230 Jungwählern aus der Johannes-Brahms-Schule präsentiert. Organisiert wurde die Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Berliner „Politikfabrik“, die einst den „Wahl-o-Maten“ erfunden hatte. Das dickste Lob nach der knapp zweistündigen Diskussion gab es vom Regisseur dabei für die jungen Menschen im Publikum: „Ich fand die jungen Leute einfach toll, interessiert und diszipliniert. Das war eine angenehme Erfahrung.“

Die Protagonisten auf dem Podium, die vor allem zu den Themen Datensicherheit im Internet und Sozial- und Arbeitspolitik geredet hatten, überzeugten den Regisseur beim „Vorsprechen“ indes nicht vollends. „Beim Theater haben wir den Begriff ‚stummes Spiel‘. Es geht darum, wie jemand agiert, wenn er gerade keinen Text hat. Der Herr von der FDP wirkte, egal über welches Thema gesprochen wurde, immer unengagiert“, so Molenda. Gemeint war Olaf Klampe, Direktkandidat der Liberalen für den Kreis Pinneberg. So beobachtete es auch Brahms-Schülerin Kimberly Holz, 18, die den Pinneberger FDP-Politiker in den Fokus genommen hatte: „Zu Anfang hat er sympathisch gelächelt. Mit der Zeit wirkte er abwesend. Er hat die anderen nie angeguckt.“

Für die Rolle des leidenschaftlichen Liebhabers hätte Hans Molenda den SPD-Bundestagsabgeordneten Ernst Dieter Rossmann aus Elmshorn wohl nicht gecastet. „Er wirkte zu Anfang von seiner Mimik, als schlafe er, selbst wenn er spricht.“ Ganz anders sei das „stumme Spiel“ der Wedeler Bundestagsabgeordneten Valerie Wilms (Grüne) gewesen: „Sie war in der Lage, auch einmal zu lächeln, wirkte die ganze Zeit über, als sei sie gut im Film.“ Ihr hätte der Theatermann zur anderen, „jüngeren“ Garderobe geraten. Rossmanns zu Beginn schleppende Performance war auch Schüler Benjamin Seigel, 18, aufgefallen. „Zu Anfang war er unaufmerksam, saß ganz schief. Später machte er den Eindruck, gut vorbereitet zu sein. Beim Thema Sozialpolitik ist er richtig lebhaft geworden. Da fand ich ihn echt gut“, sagte der Erstwähler über den Politik-Profi. Kerrin Klüwer, 19, gefiel nicht, wie Wilms „auf dem Stuhl hing“, lobte aber die Wortbeiträge der Grünen: „Sie hat sehr souverän gesprochen.“

Was den Beifall angeht, so lag im Pinneberger Ratssaal Marcel Mansouri von den Linken vorne. Der 28 Jahre alte Politiker, der auf der Landesliste seiner Partei zur Bundestagswahl am 22. September auf Platz zwei rangiert, war der, der am druckvollsten argumentierte, der auch einmal provozierte – und beim Thema NSA/Datensicherheit mit CDU-Politiker Ole Schröder in den verbalen Clinch ging. Das gefiel zum Beispiel Schülerin Natalie Grünwald, 18: „Er hat viel zu uns geguckt, war teils sehr leidenschaftlich. “ Regisseur Molenda sagte über den Linken: „Man hatte das Gefühl: Er ist die ganze Zeit über konzentriert.“ Mansouri habe geschafft, worum es immer auch beim Theater gehe. „Am besten ist, wenn ich als Zuschauer emotional eingewickelt werde. Die große Kunst beim Schauspiel ist, wenn ich in den Augen des Publikums in meiner Rolle aufgehe.“

„Die jüngeren Politiker kommen fast immer bei den Jungwählern gut an. Die jungen Leute finden es gut, wenn jemand klar und verständlich redet“, sagten die Mit-Organisatorinnen von der „Politik-Fabrik“.

Mit Charme und ungewohnt legerer Optik konnte der Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ole Schröder von der CDU, zu Beginn punkten, wie es Schülerin Doreen Vorwig, 18, empfand: „Er kam angenehm jugendlich rüber, zuerst wirkte er auf mich sehr positiv.“ Dann aber tat Schröder etwas, was die 18-Jährige als „respektlos“ bezeichnete und was auch Regie-Experte Molenda scharf kritisierte: Der Rellinger Politiker beschäftigte sich wiederholt während der Diskussion mit seinem Handy. Der neutrale Beobachter: „Da gibt er ein schlechtes Beispiel. Es wirkt, als könne er sich nicht die ganze Zeit über auf die Sache konzentrieren.“

Von der Pinneberger Diskussion unabhängig, wünscht sich Molenda mehr Politiker mit Ecken und Kanten: „Heute gibt es in der Politik viel Einheitsbrei.“ Frühere Spitzenpolitiker wie Strauß und Wehner seien starke Persönlichkeiten gewesen. Molendas Lieblingsakteur auf der Politik-Bühne war Helmut Schmidt: „Der kam unglaublich gut und authentisch rüber.“