Wirtschaftsförderer im Kreis Pinneberg fordern, Angebot aus Frankreich ernsthaft zu prüfen. Grüne sind skeptisch. Die westlich von der A 7 geplanten Bauabschnitte der A 20 sind offenbar alle im nächsten Jahr beschlussreif.

Kreis Pinneberg/Kiel. Der neue Vorschlag eines französischen Baukonzerns, die A 20 innerhalb von fünf Jahren bis zur Elbe einschließlich eines Tunnels fertigzustellen, wird recht unterschiedlich im Kreis Pinneberg aufgenommen. Während Wirtschaftsverbände und Wirtschaftsförderer sich große Entwicklungspotenziale von dieser zweiten Elbquerung erwarten, äußern sich Politiker der Grünen und künftige Anlieger eher skeptisch.

Besonders angetan von dieser französischen Variante ist Rainer Bruns, lange Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Unterelbe-Westküste. "Das bringt endlich Bewegung in die Sache." 6000 Unterschriften hat Bruns bereits zusammen, um sein "Volksbegehren A 20 sofort" auf den Weg zu bringen. 20.000 Unterschriften sind nötig. "Dass wir die A 20 dringend brauchen, sollte durch die Katastrophe der Rader Hochbrücke wohl dem letzten klar geworden sein", sagt Bruns in Anspielung auf die für Lkw gesperrte und für Pkw nur noch einspurig zu überfahrende A-7-Hochbrücke bei Rendsburg.

"Wenn wir konkurrenzfähig bleiben wollen, brauchen wir eine funktionierende Infrastruktur", sagt er. "Straßen sind nun einmal die Blutbahnen der Wirtschaft. Wenn die nicht funktionieren, kommt es zum Infarkt und im schlimmsten Fall zum Tod." Das hätte negative Folgen für Investitionen, Wirtschaftsleistung und Arbeitsplätze. Valerie Wilms, Bundestagsabgeordnete der Grünen, sieht es weniger dramatisch. "Das sind typische Träumereien von Leuten, die immer nur in Beton denken." Sie sagt: "Wir haben genügend Verkehrswege. Wir müssen nur dafür sorgen, dass wir sie rechtzeitig instand halten." Im Übrigen sei der Vorschlag von Unkenntnis geprägt. "Die A 20 in fünf Jahren zu bauen, ist unmöglich. Wir können nicht einfach deutsches und europäisches Recht aushebeln. Das ist ein reiner Wahlkampfschlager."

Eka von Kalben aus Borstel-Hohenraden, Fraktionschefin der Grünen im Landtag, verweist auf den Koalitionsvertrag mit der SPD, der einen Weiterbau der A 20 bis 2017 nur bis zur A 7 gestattet. "Der ist eindeutig. Wir stehen der A 20 kritisch gegenüber, weil wir auf Erhalten vor Neubau setzen."

Große Hoffnung dagegen setzt Barmstedts Wirtschaftsförderer Wolfgang Heins auf eine A 20 mit westlicher Elbquerung für die Belebung der Wirtschaft im Norden des Kreises. "Die A 20 brauchen wir dringend, weil es eine Riesenchance für unsere wirtschaftliche Entwicklung bedeutet." Die geplante Anschlussstelle bei Bokel würde Barmstedt ein hervorragend angebundenes Gewerbegebiet versprechen. "Wenn sich das mit diesem Vorschlag schneller realisieren und besser finanziere ließe, kann ich das nur begrüßen."

Gleicher Auffassung ist Harald G. Schroers, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Pinneberg. Das Angebot sollte unbedingt überprüft werden, fordert er. "Für uns bedeutet die A 20 mit Elbquerung die direkte Anbindung an das internationale Straßennetz." Zurzeit sei die A 23 ja nur eine Sackgasse, die bei Heide aufhört. Ein zweiter Elbtunnel würde das Nadelöhr Hamburg endlich entschärfen und den Kreis erreichbarer machen.

"Es würde den Kreis Pinneberg noch attraktiver zum Wohnen und Arbeiten machen." Für wie bedeutend dieses Verkehrsprojekt auf der anderen Seite der Elbe angesehen wird, zeige die Tatsache, dass in Drochtersen, wo der Tunnel bei Glückstadt seine südliche Ausfahrt haben soll, bereits 200 Hektar Gewerbefläche ausgewiesen seien. Da sei es gut und richtig, dass alle vier westlichen Landkreise von Pinneberg bis Husum eine gemeinsame Arbeitsgruppe geschaffen haben, um die Potenziale dieses Verkehrsprojektes in all seinen Facetten zu durchleuchten.

Für Bernd Reimers, Bürgermeister in Westerhorn, ist dagegen von entscheidender Bedeutung, dass die A 20 mit Flüsterasphalt und Schallschutz ausgestattet wird. "Für unser Dorf bedeutet die A 20 nur eine Lärm- und Dreckbelästigung."

Aber das kann noch dauern. Die westlich von der A 7 geplanten Bauabschnitte der A 20 seien zwar alle im nächsten Jahr beschlussreif, sagt Ministeriumssprecher Harald Haase. "Wann von Segeberg aus weiter gebaut wird, lässt sich derzeit nicht sagen, weil ja die Umfahrung Segebergs zwar über Geld und Baurecht verfügt, von den Naturschutzverbänden aber beklagt ist und deshalb seit Monaten beim Oberverwaltungsgericht festhängt."