Mit der kreisweit einmaligen Nacht der Kirchenmusik zeigt Halstenbeks Kantor Stefan Rasch eine eigene Handschrift.

Halstenbek. Das Fünfte Brandenburgische Konzert verfolgt Stefan Rasch, 37, vermutlich bis in seine Träume. Seit Wochen feilt der Kantor der Halstenbeker Erlöserkirche in jeder freien Minute an der perfekten Intonation des fulminanten Klassikers von Johann Sebastian Bach, kämpft an seinem frisch gestimmten Cembalo mit halsbrecherischen Läufen und überraschenden musikalischen Wendungen. Denn das barocke Opus Magnum zählt zu den Programmhöhepunkten, wenn Rasch am kommenden Freitag, 30. August, zur zweiten Nacht der Kirchenmusik in die Erlöserkirche an der Feldstraße bittet.

Fast 140 zahlende Zuhörer hatten die Premiere im Spätsommer 2012 zu einem Überraschungserfolg gemacht. In diesem Jahr hoffen Rasch und seine ehrenamtlichen Mitstreiter auf mindestens 160 Besucher. Dann wären sie raus aus den roten Zahlen. Und dann wäre auch klar, dass der entspannte Musikmarathon sich als Reihe auf Dauer etablieren könnte.

Von 19.30 Uhr an geht es satte fünf Stunden lang kreuz und quer durch unterschiedliche musikalische Epochen und Stile. Am Start sind mit den Blechbläsern Halstenbek zum Auftakt und der Kantorei Krupunder (ab 20.45 Uhr) unter Leitung von Raschs Kollegin Hye-Yeon Ko zwei musikalische Eigengewächse, deutlich weniger als vor einem Jahr. Warum? "Weil andere Großprojekte vorbereitet werden müssen", antwortet Rasch. Der Kammerchor beispielsweise sei mit den Vorbereitungen auf das Konzert am 28. Dezember mit Teilen des Weihnachtsoratoriums und dem Gloria aus der h-Moll-Messe von Bach absolut ausgelastet.

Den Großteil des Happenings, das es so kreisweit nur in Halstenbek gibt, bestreiten handverlesene Profis wie das Hamburger Barockorchester (ab 20 Uhr), das Kammerensemble uni-suono (ab 22.30 Uhr) und Oliver Schmidt, direkter Nachfolger Raschs als Kantor der Nachbargemeinde Rellingen. Schmidt beschließt die lange Noten-Nacht ab 23.45 Uhr mit einem Orgelprogramm, und dass er dabei ist, freut den Kollegen Rasch ganz besonders. Der in Ellerbek probende, freie Celebration Gospel Choir, den Rasch 2012 gründete, rockt das Gotteshaus von 23.15 Uhr an. Das Duo Lady Clown & Gentleman Organist rundet den Abend von 22 Uhr an mit seinem Mix aus verträumt-nachdenklicher Pantomime zu klassischen Orgelklängen ab. In der Pause serviert das Kirchenteam Erfrischungsgetränke und Snacks.

Die musikalische Vielseitigkeit ist Programmchef Rasch ein Anliegen. "Ich finde, es ist wahnsinnig wichtig, deutlich zu machen, dass Kirchenmusik nicht nur Chor und Orchester oder Orgel bedeutet, sondern dass sie ein weit gespanntes Feld ist", sagt der Vater eines fünf Monate alten Sohns. "Das reicht von Gregorianischen Gesängen bis zu moderner Musik, umfasst Gospel, Pop und Renaissance." In der Nacht der Kirchenmusik versucht er, möglichst vielen Stilen auf einem hohen Niveau gerecht zu werden. Auch deshalb treten die Ensembles jeweils nur 30 bis 45 Minuten lang auf. "Jeder kann sich herauspicken, was ihm gefällt - oder auch das komplette Programm anhören", sagt Rasch.

Der Eintritt kostet in beiden Fällen 15 Euro pro Person. Schüler und Studenten zahlen jeweils fünf Euro. Karten gibt es im Kirchenbüro, Friedrichstraße 22, in der Buchhandlung Cremer, Hauptstraße 31, und an der Abendkasse.

Vorbild für die Halstenbeker NdK ist nicht etwa die Hamburger "Nacht der Kirchen", auch wenn der Name ähnlich klingt. "Ich habe die Idee von meiner früheren Stelle aus Fulda mitgebracht", sagt Rasch. Nach dem Studium war er dort als Kantor für Popularmusik angestellt und hob mit dem dort fürs klassische Fach zuständigen Kollegen eine Orgelnacht aus der Taufe.

An diese Geschichte erinnerte er sich, als er 2012 zunächst nur vertretungsweise als Kirchenmusiker in Halstenbek arbeitete. "Ich wollte gern etwas Großes machen, bei dem ich möglichst vielen der Chöre und Ensembles der Gemeinde ein Forum bieten konnte." Das Fuldaer Motto "Orgelnacht" wollte er allerdings nicht übernehmen. "Das klingt so abschreckend, nach fünf Stunden reiner Orgelmusik."

Auf welchen Teil freut sich Rasch persönlich am meisten? Der Kirchenmusiker, seit Januar 2013 als Nachfolger von Monica Lundbeck offiziell im Amt, legt den Kopf schief, lächelt: "Das Fünfte Brandenburgische Konzert, das ich gemeinsam mit dem Hamburger Barockorchester spiele." Die Komposition kennt er gut, er ist damit vor einigen Jahren bereits mit einem anderen Ensemble aufgetreten. Trotzdem ist der Auftritt beileibe keine Routinesache für ihn: "Ich merke gerade wieder, wie schwierig das Stück ist."