Hinz&Kunzt-Verkäufer Jan darf nicht mehr vor dem Schenefelder Aldi-Markt stehen - das Unternehmen erteilte ihm einen Platzverweis. Empörte Kunden sammeln nun Unterschriften.

Schenefeld. Seit mehr als drei Jahren steht Hinz&Kunzt-Verkäufer Jan vor dem Aldi-Markt an der Friedrich-Ebert-Allee. Bei Wind und Wetter bietet er dort neben der Eingangstür Kunden das Hamburger Straßenmagazin an. Doch damit ist seit Donnerstag Schluss. Das Unternehmen hat dem Verkäufer einen Platzverweis erteilt. Es ist eine Hiobsbotschaft für Jan, die ihm der Bezirksleiter da persönlich überbrachte. Aber es ist auch eine Nachricht, die viele Menschen erschüttert, die in dem Nahversorgungszentrum, zu dem neben Aldi auch ein Rewe-Markt und eine Videothek zählen, einkaufen.

Denn sie mögen und schätzen den hilfsbereiten Mann offensichtlich sehr, der auch mal aufs Fahrrad aufpasst oder mit einigen ein paar nette Worte wechselt. Auf dem sonst eher beschaulichen Parkplatz des Nahvorsorgungszentrums in der Schenefelder Siedlung sorgt deshalb das Verbot derzeit für mächtig Wirbel. Eine kleine Menschentraube bildet sich im Nu um den Hinz&Kunzt-Verkäufer, als er von dem Platzverbot berichtet. Viele sind empört, sprechen Jan Trost aus und wollen irgendwie helfen.

Anlass für den plötzlichen Platzverweis soll eine Beschwerde gewesen sein, die in der Zentrale des Konzerns auflief. Jemand habe sich von ihm belästigt gefühlt, berichtet Jan. Zumindest habe man ihm das am Donnerstag im Büro der Filiale so erklärt. Von Seiten des Discounters wollte sich am Freitag auf Abendblatt-Nachfrage niemand zu dem Fall offiziell äußern. Auch bei Hinz&Kunzt weiß man noch nichts Genaueres. "Eigentlich haben wir mit Aldi überhaupt keine Probleme", sagt Vertriebschef Frank Belchhaus, der einen Alleingang des Bezirksleiters dahinter vermutet.

"Es ist schade, dass man nicht vorher den Kontakt zu uns gesucht hat. Wir werden uns jetzt auf jeden Fall mit dem Konzern in Verbindung setzen." Klar ist, dass Jan weg musste und am Freitagmorgen zum ersten Mal seit langem nicht an seinem angestammten Platz stehen durfte. "Ich bin wie zerstört. Das hat mich richtig getroffen", berichtet der 63-Jährige.

2006 verletzte sich der Maler bei einem Arbeitsunfall schwer. Er stürzte von einem Gerüst in die Tiefe und zerschmettere sich den Ellenbogen. Seitdem kämpft er mit Schmerzen im Arm. Hinzu kamen familiäre Probleme. Jan landete auf der Straße. Mit dem Verkauf der Zeitungen hat er wieder eine Aufgabe und ein Einkommen gefunden. Er kann nicht begreifen, warum jemand sich über ihn beschwerte. "Was gibt es denn genau für einen Grund? Das ist einfach eine gemeine Sache", sagt er.

"Das ist eine Schweinerei", formuliert es Kirstin Oelke noch etwas schärfer. Die Halstenbekerin, die ein Geschäft in Schenefeld betreibt, kommt regelmäßig zum Einkaufen in die Siedlung. Sie ist empört über die Entscheidung und will sich für den Hinz&Kunzt-Verkäufer einsetzten. "Er ist der Engel für viele Leute hier", sagt sie. Wenn jemand nicht gut zu Fuß sei, bringe er den Einkaufwagen ans Auto. Er habe immer einen Chip in der Tasche, wenn jemand den passenden Euro für den Einkaufswagen gerade nicht dabei habe.

Christa Nusa nickt. "Ich bin hier einmal auf dem Parkplatz bei Eis hingefallen. Er half mir auf und brachte mir einen Wagen, an dem ich mich erst einmal festhalten konnte", berichtet die Schenefelder Rentnerin. Sie erzählt, dass der Hinz&Kunzt-Verkäufer oft zum Besen greife und das Laub wegfege oder den Müll aus den Einkaufswagen räume. "Er kennt seine Leute genau. Wenn es mir mal nicht gut geht, bemerkt er das und fragt nach meiner Gesundheit", sagt Nusa. "Es geht doch nicht, dass ein Einzelner über die Existenz eines Menschen entscheidet", gibt Karin Zabel zu Bedenken.

Plötzlich tritt die etwa 1,60 Meter große Seniorin Edith Etling nach vorn, richtet sich auf und sagt in einem sehr bestimmenden Ton: "Das ist der beste Mann, den wir hier haben. Er ist die Seele dieses Platzes. Der Mann muss da wieder hin." Die Luruperin will wissen, was sie tun kann. Da ist sie bei Ise Trittin genau richtig. Die Schenefelderin, die auf ihrem Fahrrad angeradelt kommt, hat bereits eine Petition verfasst. Darin beschreibt sie, wie gern die Menschen den Hinz&Kunzt-Verkäufer haben, was er alles tue. Das Schreiben endet mit: "Wir wünschen uns, dass er wieder an dem angestammten Platz stehen darf."

Einer der ersten, der zu einem Stift greift und unterschreibt, ist Walter Richert. Der Schenefelder Kommunalpolitiker (Grüne) sagt: "So geht man mit Menschen einfach nicht um. Mich hat das sehr getroffen. Ich bin so entsetzt, dass ich bei Aldi nicht mehr einkaufen gehen mag." Hinter ihm bildet sich schon eine kleine Schlange, viele wollen an diesem Freitagmorgen - einen Tag nach dem Platzverweis - die aufgesetzte Petition unterschreiben. "Lassen Sie sich nicht ärgern, wir kriegen das schon wieder hin", ruft eine Dame im Weggehen dem Hinz&Kunzt-Verkäufer zu. Für einen kurzen Moment kann er da auch wieder lächeln.