Ehepaar Freyermuth erklärt Inkassogeschäft. Wirtschaftsprüfer hat nichts zu beanstanden

Barmstedt. Als im Juli der Haus-und-Grund-Vorsitzende Hans-Jürgen Schack öffentlich machte, dass die Stadtwerke Barmstedt bei der Eintreibung offener Rechnungen ein Inkassobüro einschalteten, das Simone Freyermuth - die Ehefrau des Werkleiters Fred Freyermuth - führt, sorgte das für Wirbel. Jetzt geht Freyermuth in die Offensive: "Mir war klar, dass es ein G'schmäckle haben könnte, wenn meine Frau diese gerichtlichen Mahnverfahren für uns bearbeitet. Darum habe ich auch vorher den Werkausschuss um seine Meinung dazu gefragt."

So habe er im November, bevor seine Frau als Rechtsfachwirtin mit der Inkasso-Aufgabe betraut wurde, den Werkausschuss umfassend informiert und um ein Votum gebeten. Der Werkausschuss in seiner Funktion als Aufsichtsrat des Eigenbetriebs Stadtwerke gab laut Protokoll grünes Licht. Es sei nichts daran auszusetzen. Vorsitzender Dietrich Tetz, CDU: "Wir haben dem so zugestimmt. Von Vetternwirtschaft kann keine Rede sein. Die Stadt fährt damit besser."

Zur Vorgeschichte: Im Jahr 2008 beauftragten die Stadtwerke erstmals ein Pinneberger Inkassobüro. "Die Außenstände hatten ein sechsstelliges Ausmaß erreicht", erklärt Freyermuth. Der Deal: Das Büro durfte 50 Prozent der eingetriebenen Schulden behalten. Bis Ende 2010 holte dieses Büro für die Stadtwerke 11.900 Euro der 129.200 Euro Außenstände rein, eine Erfolgsquote von 9,2 Prozent. Damit war Freyermuth unzufrieden und vergab 2010 die Aufgabe an eine Rechtsanwaltskanzlei in Pinneberg. Dort arbeitete Simone Freyermuth, die noch nicht die Ehefrau des Werkleiters war. Sie heirateten ein Jahr später. Die Erfolgsquote steigerte sich. Als sich seine Frau damit selbstständig machen wollte, fragte Freyermuth den Werkausschuss um seine Meinung.

Die Bilanz: Seit November hat Simone Freyermuth für die Stadtwerke in 74 Fällen mit einer Gesamtforderung von 126.800 Euro 54.800 Euro von säumigen Kunden eingetrieben, eine Erfolgsrate von 43,2 Prozent. Ihr Honorar richtet sich anders als zuvor beim Inkassobüro nach der Rechtsanwaltsvergütung und muss vom Schuldner bezahlt werden. Dies seien bisher 2301,20 Euro gewesen, sagt sie. Die Stadtwerke hätten in zwei Fällen die Gerichtskosten von 750 Euro tragen müssen, weil von den Schuldnern nichts zu holen war. Die Stadtwerke seien nur eine von 26 Firmen, für die sie diese Aufgabe erledige. "Jeder Schuldner hat die Chance, den Betrag in Raten zu bezahlen oder eine Stundung zu vereinbaren. Er muss sich nur melden."

Nur zwei der 74 Schuldner wohnten in Barmstedt, sagt Werkleiter Freyermuth. Bei Barmstedter Kunden reiche meist die Androhung aus, die Strom- oder Gasversorgung abzustellen, um sie zum Zahlen zu bewegen. In den beiden Inkassofällen nicht, weil sie wiederholt nicht zahlten und ständig den Anbieter wechselten. Als Grundversorger in Barmstedt müsse er auch Kunden bedienen, die bei anderen Versorgern bereits ihre Rechnungen nicht beglichen.

Seine Frau werde erst nach der ersten Mahnung beauftragt und zwar ausschließlich von der zuständigen Abteilungsleiterin Stefanie Schumacher. Etwaige Rechnungen zeichne der kaufmännische Werkleiter Rickmer Timm ab, erklärt Freyermuth: "Bei uns gilt das Vier-Augen-Prinzip."

Dass alles korrekt abgelaufen sei, bestätigte der Itzehoer Wirtschaftsprüfer Philipp Schröder, der alle Unterlagen geprüft hat. Er sagt: "Es gab keine Beanstandungen. Es wird keiner benachteiligt und es ist niemand bevorteilt worden." Eine Ausschreibung dieser Dienstleistung wäre erst dann notwendig gewesen, wenn die Ausgaben der Stadtwerke mehr als 20.000 Euro im Jahr ausmachten. Bislang waren es 750 Euro. Sie wäre auch nicht sinnvoll gewesen, weil weder die Erfolgsquote vorher bekannt sei noch sich die Bezahlungen nach Erfolg oder Anwaltshonorar vergleichen ließen.

Werkleiter Panos Memetzidis sagt, auch die Stadtwerke Quickborn würden nach der zweiten unbezahlten Mahnung ein Inkassobüro einschalten. Für etwa zehn Fälle im Monat. Diese Dienstleistung sei nicht ausgeschrieben worden. "Das Wichtigste dabei ist das Vertrauen. Inkasso erfordert Fingerspitzengefühl. Der Kunde darf nicht fertig gemacht, aber auch nicht zu weich angefasst werden."

Für Schack ist die Sache erledigt. "Ich habe einen Zustand beklagt. Für die Stadtwerke sind andere verantwortlich." Zur Erfolgsquote merkt er an: "Kein Wunder, dass die hoch ist, wenn der Kunde nach der ersten Mahnung vom Inkassobüro bearbeitet wird."