Flugtag in Bokel mit Modellen vom Sechs-Rotor-Heli bis zum Oldtimer. Sean Fischer (12) begeistert mit Steuerkünsten.

Bokel . Wenn Sean Fischer daran geht, sein Flugzeug zu betanken, gibt es keinen Zweifel, dass hier ein Profi am Werk ist. Jeder Handgriff sitzt. Der Schlauch wird in den Einfüllstutzen am Rumpf eingeklinkt. Dann startet Sean die Kraftstoffpumpe und das Benzin-Ölgemisch rauscht in den Tank.

Wenig später rollt die Maschine zum Start. Nach einem kleinen Schwenk auf der Piste gibt der Pilot Vollgas und schon nach wenigen Metern ist das einmotorige Luftfahrzeug in seinem Element. In einer eleganten "Fassrolle" dreht sich das Flugzeug nach dem Abheben einmal um sich selbst, bevor es im steilen Steigflug fast senkrecht aufwärts geht.

Sean Fischer ist alles andere als ein abgehobener Typ - eher bodenständig. Denn der erst zwölf Jahre alte Kunstflugpilot steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden, während er sein Modellflugzeug die tollsten Kapriolen vollführen lässt. Seelenruhig verfolgt er vom Rand des Flugfelds die Bewegungen der Maschine. Mit den kleinen Joysticks seiner Funkfernsteuerung lenkt Sean das Flugmodell und hat dabei alle Hände voll zu tun. Denn mit den Instrumenten des Bedienpanels werden, wie bei einem großen Flugzeug, nicht nur Höhenruder, Querruder und Seitenruder betätigt, sondern auch noch die Motorleistung reguliert.

Als eines der jüngsten Mitglieder im Modellflugverein Große Heide war Sean kürzlich beim Flugtag für jedermann der Publikumsliebling. Einmal im Jahr laden die Modellflieger zur öffentlichen Präsentation ihres Hobbys ein und lassen auch die Gäste unter Aufsicht mal Modellflugzeuge steuern. "Doch auch sonst sind Besucher gern willkommen", sagt Olaf Köhr, zweiter Vorsitzender des Vereins. Der Klub besteht seit 1973. Der Name Große Heide wurde nach der Flurbezeichnung des Flugplatzgeländes gewählt. Vor allem an Wochenenden zwischen April und Oktober summen und brummen in der Feldmark zwischen Lutzhorn und Bokel nicht nur Bienen, Wespen und Hummeln. Tonangebend sind im Luftraum über einer sorgfältig gepflegten Wiesenlandschaft mit zwei gemähten Startbahnen dann die Flugzeuge des Modellflugvereins. Allerdings muss man schon genau hinhören, denn die Zeiten, als ferngelenkte Flugmodelle einen Höllenlärm verursachten und dazu noch mit ihren Abgasen die Umwelt verpesteten, sind längst vorbei. Abgesehen von ein paar Ausnahmen verfügen die meisten Propellermaschinen über umweltfreundlichen Elektroantrieb oder schallgedämpfte Benzinmotoren.

Das gilt auch für Seans Fluggerät, einen verkleinerten Nachbau der Extra 300, die zu den leistungsfähigsten Kunstflugmaschinen zählt. Der Schüler aus Horst bei Elmshorn ist schon seit sechs Jahren begeisterter Modellflieger. Die Extra aus vorgefertigten Teilen hat Sean schnell zusammengesetzt. "Der Einbau von Motor, Funkfernsteuerung und Servos zur Bedienung der Ruder war da schon aufwendiger", sagt der Junior-Pilot, der das Hobby mit seinem Vater Henrik Fischer teilt. "Doch inzwischen ist Henrik schon der Lehrling bei seinem Sohn", lästert ein Vereinsmitglied.

Mit Sturzflug-Manövern, Rückenflug in Augenhöhe des Publikums und einem tanzenden Flugzeug, das am Ende sogar senkrecht in der Luft stand, erntete Sean viel Anerkennung bei den Zuschauern. Abgestürzt ist seine Maschine noch nie. Und das hat seinen Grund: "Ich übe alle Flugmanöver vorher mit dem Flugsimulator am Computer", verrät der pfiffige junge Flugzeugführer.

Sicher vor Abstürzen ist auch ein Eigenbau von Sven David. Das Fluggerät könnte auch einer Science-Fiction-Serie entsprungen sein. Von Aerodynamik keine Spur, doch die braucht man auch nicht, wenn sechs elektrisch betriebene Rotoren, einzeln zu steuern und mit Kreiseltechnik ausgestattet, das Ding zum Abheben bringen.

Zweiter Mann am Boden ist Horst Beaugrand. Er hat eine 3D-Brille aufgesetzt, um die am Sechs-Rotor-Hubschrauber installierten Minikameras per Funk zu bedienen. Mit dem Gerät lassen sich die tollsten Nahaufnahmen von Flugmanövern der anderen Modellmaschinen machen. "Man kann aber auch Überwachungsaufgaben wahrnehmen", sagt Beaugrand schmunzelnd. So werden ähnliche Geräte von der Polizei in Fußballstadien eingesetzt.

Einen Vergleich zu den Drohnen, die in der Politik so viel Ärger bereiten, weisen die Männer nicht von der Hand. Allerdings sei ihr unbemanntes Fluggerät ohne Macken und werde ausschließlich zu friedlichen Zwecken eingesetzt. Besonders stolz sind David und Beaugrand auf eine GPS-Ausrüstung an Bord. Dieses sonst in Autos als Navigationshilfe verwendete Gerät lässt sogar eine automatische Rückkehr zum Ausgangspunkt zu.

Beeindruckend sind aber auch die anderen Flugmodelle der etwa 70 Vereinsmitglieder. Eigenbauten gehören ebenso dazu wie Oldtimer. Es gibt Segelflugzeuge, die mit Schleppstart von anderen Modellen in die Luft befördert werden, und sogar Wasserflugzeuge mit Rädern in den Schwimmkörpern. "Geflogen wird eigentlich das ganze Jahr hindurch", sagt Köhr, der sich über die gute Altersstruktur von zehn bis zu 90 Jahren freut.

Junior-Flieger Sean Fischer macht inzwischen seine Extra für eine neue Runde startklar. Was Sean später mal werden will? "Pilot natürlich, aber nicht für Verkehrsflugzeuge, sondern für Kunstflug!"